Die Pumpen laufen weiter

TRIER. Gestern gab es Gerüchte, dass die ersten Ölquellen im Irak brennen. Erinnerungen an das Inferno nach dem Golf-Krieg vor zwölf Jahren werden wach. Viele fragen sich: Droht demnächst eine Ölkrise? Werden die Benzinpreise steigen?

Öl-Tanker im Persischen Golf bleiben vorerst in den Häfen. Viele Tanker-Betreiber haben den Schiffsverkehr eingestellt, die Lage in der Kriegsregion rund um den Irak sei einfach zu gefährlich. Für den Energie-Informationsdienst in Hamburg ist klar: "Das Rohöl-Angebot aus der Region des Persischen Golfes wird in den kommenden Tagen zurückgehen." Es würde auf jeden Fall zu Lieferausfällen kommen, sagt auch der Mineralölwirtschaftsverband, die Interessenvertretung der deutschen Ölproduzenten, voraus. Doch von einer Ölkrise sei man weit entfernt, so Verbandssprecherin Barbara Meyer-Buckow: "Angebot und Nachfrage sind ausgeglichen." Die Versorgungslage sei entspannt. Die Industriestaaten sind ohnehin relativ unabhängig von regional begrenzten Öl-Liefer-Engpässen. Sie haben vor 30 Jahren die Internationale Energie-Agentur (IEA) gegründet. Jedes Mitgliedsland, auch Deutschland, hat die Pflicht, Ölvorräte in Höhe von 90 Tagesverbräuchen, also den Bedarf, wenn der komplette Öl-Import ausfallen würde, zu halten. In Deutschland sorgt der 1978 gegründete Erdölbevorratungsverband (EBV) dafür. Aufgabe des EBV ist zum einen eine gleichmäßige Verteilung der Bevorratungskosten auf Hersteller und Importeure von Mineralölprodukten. Zum andern, stellt der Verband sicher, dass der gesamte gelagerte Öl-Bestand im Krisenfall jederzeit zur Verfügung steht. 25 Millionen Tonnen an Roh- und Erdöl sowie alle Sprit-Sorten werden an verschiedenen Orten in Deutschland, überwiegend in Nord-Deutschland gelagert, und zwar in oberirdischen Tanklagern. Das Rohöl lagert unter der Erde in Salzstöcken, in die Löcher gebohrt wurden. Würden bei einer Krise fünf Prozent des Weltöl-Angebotes wegfallen, reicht der Vorrat für rund fünf Jahre, um die Ölversorgung in Deutschland sicherzustellen. "Der Gau wäre, wenn 20 Prozent der gesamten Öllieferungen mit einem Mal ausfallen würden. Erst dann könnte man von einer Versorgungskrise sprechen", sagt EBV-Vorstand Eberhard Pott. Dann würde es zu staatlich verordneten Sparprogrammen und notfalls auch Fahrverboten kommen. Doch davon könne noch lange keine Rede sein, versichert Pott. Angst vor Anschlägen auf die Öl-Lager hat Pott nicht: "Die sind ausreichend geschützt. Außerdem gibt es bestimmt lohnendere Ziele als unser Lager." Erst wenn der Bundeswirtschaftsminister es anordnet, darf der Ölvorrat angezapft werden. Das meiste Öl, das in deutschen Raffinerien verarbeitet wird, kommt aus Russland. Laut Mineralölwirtschaftsverband haben die russischen Lieferungen im vergangenen Jahr mit knapp 32 Millionen Tonnen rund 30 Prozent des deutschen Rohölbedarfs gedeckt. An zweiter Stelle der wichtigsten deutschen Öl-Import-Länder steht Norwegen, gefolgt von Großbritannien, Libyen und Syrien. Der Irak spielt bei den deutschen Öl-Einfuhren keine Rolle. Aber er zählt nach Saudi-Arabien und Kanada zu den zehn ölreichsten Staaten der Welt. Er verfügt mit 15 Milliarden Tonnen über knapp neun Prozent der Weltölvorräte. Experten sagen, dass der Ölpreis, wenn überhaupt, nur kurzzeitig in die Höhe schnellen wird. Beim Mineralölwirtschaftsverband ist man optimistisch: "Ein Krieg muss nicht notwendigerweise zu anhaltend hohen Preisen führen." Der saudische Ölminister Ali al-Naimi versichert, dass es keine Lieferengpässe geben wird, ein Ölboykott sei nicht geplant: "Öl ist keine Waffe mehr. Es gibt genug Öl. Wir können liefern, egal was passiert."

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