Die Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg: Flüchtlinge werden bei den Arbeitsagenturen im Land ausgebildet

Daun · Seit einigen Tagen bereiten sich 14 Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea, Afghanistan und dem Iran in der Bildungs- und Tagungsstätte der Bundesagentur für Arbeit in Daun auf ihre Zukunft in Deutschland vor: Sie werden eine Ausbildung bei der Arbeitsagentur beginnen und vor allem bei der Vermittlung anderer Flüchtlinge ins deutsche Arbeitsleben helfen.

 Die Schwestern Ninorta und Fadia Bahno (Vierte und Dritte von rechts) stellen sich der Gruppe vor. Heidi Hayda und Vanessa Rogall (von rechts) betreuen die Flüchtlinge bei ihrem Einführungskurs. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Die Schwestern Ninorta und Fadia Bahno (Vierte und Dritte von rechts) stellen sich der Gruppe vor. Heidi Hayda und Vanessa Rogall (von rechts) betreuen die Flüchtlinge bei ihrem Einführungskurs. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

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Ein wenig hat die Bildungsstätte der Arbeitsagentur den Charme einer Jugendherberge. In der Ruhe der Vulkaneifel bereiten sich 14 Flüchtlinge auf ein neues Abenteuer vor - ihre Zukunft in Deutschland. Die Kandidaten sind ausgewählt, um bei Arbeitsagenturen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland eine Ausbildung zu beginnen (siehe Extra).

Nun sitzen sie im Stuhlkreis, freundlich, fröhlich und hoffnungsfroh - wie unendlich viele Schulklassen oder Seminargruppen vor ihnen. Doch wenn sie von ihren Zielen und Hoffnungen erzählen, spiegelt sich darin auch ihr bisheriges Leben. Noch vor Wochen oder Monaten standen sie vor dem Nichts. In ihren Ländern herrscht Krieg, Terror und Verfolgung, so dass sie nur noch einen Ausweg sahen, um sich und ihre Familien zu retten: die Flucht nach Deutschland.

Der 24-jährige Hussien Rashid erzählt von seiner persönlichen Odyssee. 2012 floh er aus seiner umkämpften syrischen Heimat in den Irak. Doch dort gab es für den Chemiestudenten keine Zukunft. Über Syrien, die Türkei, Griechenland und Bulgarien führte ihn seine Flucht zu Fuß nach Griechenland und weiter nach Deutschland. Der Hunger war oft so groß, dass er Blätter gegessen hat, als er tagelang ziellos in Bulgarien den Weg in den Westen suchte.

Auch die beiden Schwestern Fadia (29) und Ninorta (25) Bahno sind zu Fuß über die syrisch-türkische Grenze weiter nach Deutschland geflüchtet. "Wir sind mit unserer Tante und deren Familie geflohen", erzählt Fadia von den Strapazen. Kälte und Hunger haben ihnen schwer zugesetzt. Die beiden Schwestern werden ihre Ausbildung in der Arbeitsagentur in Trier beginnen.Bewegende Geschichte

Zwischen 2012 und 2015 sind die Männer und Frauen nach Deutschland geflüchtet. Als einer der Teilnehmer seine Geschichte erzählt, wird es ganz ruhig. Der Syrer ist mit seinen Kindern, seiner Frau und seiner Mutter zunächst nach Ägypten geflohen. "Ich habe mein Haus verkauft und mir mit dem Geld einen Schleuser gesucht." Über das Meer wollte er alleine nach Deutschland fliehen und später seine Familie nachholen. "Wir durften kein Essen und keine Getränke mit in das Boot nehmen. Die Schleuser sagten uns, wir müssen laufen, und das würde uns hindern."

176 Männer, Frauen und Kinder schafften es mit ihm auf das kleine Boot. "Wir hatten nichts zu trinken, eigentlich sollten wir in vier Tagen in Griechenland sein, doch die Reise dauerte elf Tage." Sechs Mal mussten sie auf hoher See das Boot wechseln, zum Schluss haben sie das Wasser aus dem Motorblock getrunken. Einer jungen Frau wurde beim Sprung von einem Boot auf ein anderes ein Bein zertrümmert, eine andere, alte Frau hatte keine Medikamente und fiel in Ohnmacht. "Als das Schiff der Küstenwache uns endlich fand, waren wir alle am Ende, aber es gab endlich etwas zu trinken."

Inzwischen sind seine Frau und seine Kinder in Deutschland, seine Mutter durfte nicht nachreisen. Unter Tränen erzählt er: "Ich habe ihr geschworen sie zu retten, und nun sitzt sie allein in einem fremden Land."

Doch diesen Teil ihrer Lebensgeschichte wollen die 14 Teilnehmer nun endgültig zurücklassen. In dem mehrwöchigen Vorbereitungskurs bereiten die beiden Betreuerinnen Vanessa Rogall und Heidi Hayda die Gruppe auf ihre Aufgaben vor. Im Mittelpunkt steht bei allem die deutsche Sprache. "Für uns sind die Sprachkenntnisse der Teilnehmer Gold wert", sagt die Pressesprecherin der Agentur, Christiane Lauer.

Denn die Flüchtlinge können so selbst Mittler zwischen den vielen Flüchtlingen und der Arbeitsagentur und der Wirtschaft werden. Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland, hat sich selbst vor Ort ein Bild über die Ausbildung gemacht: "Auch die Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland übernimmt als Arbeitgeberin gesellschaftliche Verantwortung. Uns ist es ein großes Anliegen, den geflüchteten Menschen in unserer Organisation eine Zukunftschance zu geben. Viele Unternehmen gehen diesen Schritt ebenfalls, darüber freue ich mich."

Eine gelungene berufliche Integration sei wichtig, um ein selbstbestimmtes Leben in der neuen Heimat führen zu können. Das wissen auch die Teilnehmer. Ninorta Bahno: "Die Sprache ist der Schlüssel für alles." Gemeinsam mit ihrer Schwester hat die junge Frau schon mehrere Sprachkurse belegt, die beiden sprechen sehr gut Deutsch. "Es gab so viele Menschen, die uns hier geholfen haben. Und das wollen wir nun bei der Arbeit zurückgeben", sagt Fadia. Sie hat Pädagogik studiert und freut sich auf die Ausbildung und die neue Herausforderung. Drei Jahre Ausbildung stehen nach einer Praktikumszeit vor den Teilnehmern.

Und alle freuen sich auf diese Chance und die Möglichkeit, anderen Flüchtlingen beim Start in einem fremden Land zu helfen.Extra

Zum 1. September stellt die Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland Flüchtlinge als Auszubildende ein. Diese Ausbildung wird durch eine Einstiegsqualifizierung vorbereitet. Seit Anfang Februar sind Flüchtlinge am Start. In dem vorgeschalteten Praktikum beschäftigen sie sich in theoretischen Unterrichtseinheiten mit den gesetzlichen Grundlagen in Deutschland, den sozialen Sicherungssystemen und weiteren Funktionen des Staates sowie kulturellen Fragen. Ab März startet die praktische Phase in den Agenturen für Arbeit. Bei Bedarf werden begleitende Sprachschulungen angeboten. Die Flüchtlinge kommen aus Syrien, Iran, Eritrea und Afghanistan. Die sechs Frauen und acht Männer sind zwischen 21 und 42 Jahren alt. hw

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