Die Steuern sprudeln weiter kräftig

Berlin · Die öffentliche Hand kann dank guter Konjunktur weiter mit üppigen Steuereinnahmen rechnen. Wie der Arbeitskreis Steuerschätzung gestern mitgeteilt hat, dürften Bund, Länder und Gemeinden bis 2018 ein Zusatzplus von 19,3 Milliarden Euro gemessen an der jüngsten Prognose vom vergangenen Herbst verbuchen.

Berlin. Trotz weiterhin kräftig sprudelnder Steuern ergibt sich für den Bund vorübergehend eine kleine Delle. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnt deshalb vor weiteren Begehrlichkeiten: "Die Steuerschätzung eröffnet uns keine neuen Spielräume." Nachfolgend die wichtigsten Details und Einschätzungen rund um die aktuelle Vorhersage:
Wie sieht die aktuelle Prognose aus?
Die öffentliche Hand kann in diesem Jahr mit Steuereinnahmen von insgesamt 639,9 Milliarden Euro rechnen. Das wäre ein Zuwachs von 3,3 Prozent gegenüber 2013. Im Vergleich zur jüngsten Prognose ergeben sich für den Bund allerdings Mindereinnahmen von 800 Millionen Euro. Ab 2015 soll das Aufkommen aber auch für die Bundeskasse wieder kontinuierlich steigen. Für 2018 wird ein gesamtstaatliches Steueraufkommen von 738,5 Milliarden Euro erwartet - fast 100 Milliarden mehr als in diesem Jahr.

Warum stehen Länder und Kommunen besser da?
Das liegt an jenen Steuern, die Länder und Kommunen für sich allein verbuchen können. So ist zum Beispiel die Erbschaftssteuer überproportional gestiegen. Durch höhere Hebesätze langen viele Städte und Gemeinden bei der Grundsteuer kräftiger zu. Zwar hat auch der Bund spezifische Steuern. Zum Beispiel die Mineralölsteuer und die Tabaksteuer. Doch hier stagnieren eher die Einnahmen, wie es in Schäubles Ministerium hieß.

Was geschieht mit den Extra-Milliarden?
Darüber streiten die Geister. Schäuble verwies darauf, dass ein Teil der Mehreinnahmen schon verplant sei. Absolute Priorität hat für ihn das "ehrgeizige Ziel", ab 2015 erstmals nach vier Jahrzehnten wieder ohne neue Schulden auszukommen. Die Debatte um Steuererleichterungen ist damit wohl beendet.

Gibt es noch andere Ideen für die Verwendung?
Ja. Die Wirtschaft teilt den Vorrang der Haushaltskonsolidierung. Was noch übrig sei, solle in Investitionen für Infrastruktur und Bildung gesteckt werden, erklärten die Arbeitgeberverbände. Die Linke will ebenfalls den öffentlichen Sektor - Schulen, Kitas, Straßen - fördern, aber Reiche stärker belasten. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer verlangte einen Einstieg in die Tilgung der aufgehäuften Altschulden und die Bekämpfung der Kalten Progression im Steuerrecht. Das sei bezahlbar, wenn die große Koalition aufhöre, das Geld mit beiden Händen auszugeben.

Wer sind die Steuerschätzer?
Der Arbeitskreis Steuerschätzung setzt sich aus Experten der zuständigen Bundes- und Landesministerien, der führenden Wirtschaftsinstitute, des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der kommunalen Spitzenverbände sowie Vertretern der Bundesbank und des Statistischen Bundesamtes zusammen. Das Gremium tagt regelmäßig im Mai und im Spätherbst, um ein Einnahmeszenario für das laufende Jahr und die Folgejahre zu entwickeln.

Wie gehen die Steuerschätzer genau vor?
Die Steuerschätzer ermitteln die Höhe der zu erwartenden Steuereinnahmen anhand volkswirtschaftlicher Kennziffern. Basis dafür ist ebenfalls eine Prognose, nämlich das erwartete Wirtschaftswachstum. 2014 soll es bei 1,8 Prozent liegen. Auf dieser Grundlage werden dann die jeweiligen Anteile der Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen ermittelt.
Meinung

Bei denen piept\\'s wohl
Die Union weigert sich, Reiche steuerlich stärker zu belasten. Und deshalb weigert sich die SPD, Normalverdiener steuerlich zu entlasten. Das ist das Spiel, das gerade läuft. Die Facharbeiter - und nicht nur sie - sollten sich wehren. Es ist ja nicht nur so, dass die Reallöhne seit über zehn Jahren faktisch stagnieren. Wegen der Kalten Progression führen sogar die nun endlich etwas kräftigeren Lohnsteigerungen zu realen Kaufkraftverlusten, weil viele Arbeitnehmer dadurch in immer höhere Steuerklassen geraten. Wann, wenn nicht jetzt, ist es Zeit, die Arbeitnehmer endlich einmal von einem Aufschwung profitieren zu lassen? Geld ist genug da. Die Politik soll bloß nicht mit der Erklärung kommen, man brauche es für Wichtigeres. Die Politik hat auf Platz eins ihrer Rangliste seit vielen Jahren Hoteliersgeschenke, Betreuungsgeld und anderen familienpolitischen Unsinn, Rentenpakete, Industrie- und Agrarsubventionen. Sie verteilt Wohltaten für die eigene Wiederwahl und will den Bürgern jetzt weismachen, nicht einmal die Korrektur der Kalten Progression sei möglich. Man sollte bei erwarteten 640 Milliarden Euro Steuereinnahmen in diesem Jahr für so ein Scheinargument den Vogel zeigen. nachrichten.red@volksfreund.de

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