Die Wut bleibt aus

Sprit ist derzeit fast so teuer wie kurz vor der weltweiten Wirtschaftskrise: Trotzdem hält sich die Empörung darüber in Grenzen. Und das, obwohl es keine schlüssige Erklärung für den Preisanstieg gibt.

Trier. Juni 2008: Die Spritpreise steigen fast täglich bis Ende des Monats auf über 1,60 Euro für den Liter Super. Die Zwei-Euro-Marke bis Ende des Jahres scheint realistisch. Die Wut der Autofahrer ist groß.

Und jetzt, ein Jahr später? Erneut klettern die Preise im Tagesrhythmus. Gestern machten sie einen Sprung um fast zwei Cent. 1,419 Euro kostete gestern der Liter Super in Trier, fast zehn Cent teurer als noch vor vier Wochen und fast 30 Cent mehr als zu Jahresbeginn. Auch in Luxemburg muss an den Zapfsäulen wieder mehr bezahlt werden. Kostete der Liter Super im März noch unter einem Euro, stieg er gestern auf 1,126 Euro. Während noch vor einem Jahr jede noch so geringe Erhöhung mit Empörung aufgenommen worden ist, regt sich derzeit kaum einer über die sich fast täglich ändernden Anzeigen an den Tankstellen auf.

Dabei ist offenkundig, dass die Preiserhöhungen bei Benzin und Diesel kaum mehr im Verhältnis zu den gestiegenen Ölpreisen stehen. Kosteten 159 Liter (ein Barrel) Rohöl vor einem Jahr 145 Dollar, sind es derzeit gerade 70 Dollar. Trotzdem hat der Preis an den Zapfsäulen nun fast wieder das Niveau erreicht, wie Ende des vergangenen Sommers kurz bevor die weltweite Wirtschaftskrise begann. Warum die Sprit- und Ölpreise derzeit so kräftig anziehen, können sich Experten auch nicht erklären. Denn eigentlich ist die Nachfrage nicht gestiegen und die weltweiten Öllager sind gut gefüllt. Der ADAC wirft daher den Ölkonzernen vor, die Preise ohne Grund erhöht zu haben, wie immer zu Beginn der Reisezeit. Auffallend ist, dass vergangene Woche vor Fronleichnam und dem damit verbundenen langen Wochenende die Preise deutlich nach oben geschossen sind, obwohl der Ölpreis sogar leicht nach unten gegangen ist. Das lässt darauf schließen, dass die Gewinnmarge der Konzerne an den Zapfsäulen derzeit sehr hoch sein dürfte.

Doch all das lässt die Autofahrer derzeit ziemlich kalt. Vielleicht liegt es daran, dass man aus dem vergangenen Jahr noch höhere Preise gewöhnt ist. Immerhin sind die Spritpreise derzeit noch immer gut zehn Prozent billiger als im Juni 2008. Oder es hängt mit dem derzeit allgemein geringen Preisniveau zusammen. So sind die Preise im Land derzeit so niedrig wie seit 23 Jahren nicht mehr. Diesel etwa ist sogar noch billiger als 2005, auch die Lebensmittelpreise sind deutlich gesunken, vor allem Milchprodukte sind deutlich günstiger geworden.

Im vergangenen Jahr kam außerdem noch die Mehrwertsteuererhöhung hinzu, die sich auf die Preise und damit die Stimmung der Bürger niederschlug. Unterm Strich haben die Verbraucher also am Ende des Monats mehr im Geldbeutel und dürften daher derzeit die gestiegenen Spritpreise eher schlucken als noch vor einem Jahr.

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