Eifel-Tüftler fordern Telekom heraus

OBEREHE-STROHEICH. Für die T-Com rechnet es sich angeblich nicht, doch drei Tüftler aus der Eifel belegen das Gegenteil: Sie bringen kabellos den schnellen Internet-Zugang in die Dörfer.

Oberehe-Stroheich, zwei kleine in den 70er Jahren zusammengefasste Dörfer in der Vulkaneifel, 370 Einwohner. Kaum jemand würde in dem typischen Eifel-Dorf eine High-Tech-Firma vermuten. Und schon gar nicht in dem über 100 Jahre alte Bauernhaus in der Döhmstraße am Ortsausgang. Unter der Hausnummer 3 firmiert das Projekt Eifelnet. In die Büros und Werkstatt der drei Tüftler kommt man nur durch den Hintereingang, kein Firmenschild weist den Weg. Oben unterm Dach versuchen die drei Zugereisten seit Monaten, der Telekom Konkurrenz zu machen. Weil der Bonner Riese es aus wirtschaftlichen Gründen ablehnt, den schnellen Internet-Zugang auch in entlegene Eifeldörfer zu bringen, haben der aus Brandenburg stammende Frank Sulek, 39, Thorsten Barzen, 32, aus Zell an der Mosel und Henrik Brinkmann, 32, aus Dresden Eifelnet gegründet. Mit Erfolg. Drei Dörfer, Teile der Stadt Hillesheim und das Gewerbegebiet in Wiesbaum haben sie bereits vernetzt. Über 200 Kunden haben sie mit der so genannten Wireless-Lan-Technik kabellos ins Internet gebracht. Zwischen 9,95 und 29,95 Euro pro Monat müssen die Nutzer bezahlen. Unter dem Dach des Bauernhauses, in dem Sulek seit 20 Jahren wohnt, ist das Herzstück von Eifelnet. Vieles erinnere an die Anfänge von Microsoft in einer Garage, meinen Fürsprecher des Projekts. Von dem kleinen Büro aus können die drei jederzeit überprüfen, ob ihr Netz noch stabil ist. Ein Computer zeigt an, wer gerade online ist: "Keine Angst, wir können und dürfen auch gar nicht schauen, was ein einzelner Nutzer gerade im Internet macht. Das ist absolut datensicher", sagt Sulek. Sobald eine Funkstation ausgefallen ist, blinkt es rot auf dem Computerbildschirm. Von Walsdorf, einem Nachbarort des Firmensitzes, werden die Funksignale zum kabellosen Internetzugang gesendet. Dort auf dem Hochsilo des Sägewerkes von Ortsbürgermeister Horst Kollitsch steht die Basisstation, eine unscheinbare Antenne, von unten kaum zu erkennen. Von hier aus werden die Funksignale für den kabellosen Internetzugang zu den umliegenden Kunden gesendet. "Ich bin von der Idee überzeugt. Mit dieser Methode kommen wir bis ins hinterste Eck unseres Dorfes, im Gegensatz zur Telekom, die uns im Regen stehen lässt", ereifert sich Bürgermeister und Eifelnet-Fürsprecher Kollitsch. Sein Firmenrechner ist, seit er bei Eifelnet angeschlossen ist, rund um die Uhr online. Selbst eine 67-Jährige, die bislang mit Computer und Internet nichts am Hut hatte, sei nun auch "infiziert", berichtet Kollitsch: "Die surft den ganzen Tag." Die Tüftler, die die Schokoladen-Tafel-großen Haus-Antennen selbst entwickeln und von einer Schlosserei aus der Nachbarschaft bauen lassen, sind von ihrer Idee überzeugt. Sie glauben, "die Kommunikationsmöglichkeiten in der Eifel zu revolutionieren", wie sie vollmundig in ihrer Projektbeschreibung versprechen. Immerhin haben sie so das schnelle Internet auch bereits ins Gewerbegebiet Wiesbaum gebracht. Davon profitiert vor allem ein Call-Center mit knapp 150 Beschäftigten. Größtes Handycap der unter anderem für Direktvertrieb von Büchern zuständigen Firma: Es gab nur normale Telefonleitungen, keinen DSL-Anschluss. Die Jung-Unternehmer schafften Abhilfe. Den ganzen Kreis Daun wollen sie mit ihrer Technik schneller ins Netz bringen. Falls sie Geld zusammenbekommen. Denn bislang steckt nur privates Kapital in der Firma. Allein das Pilotprojekt in Walsdorf kostete 100 000 Euro. Und die Banken seien sehr skeptisch, was ihre Idee angeht, berichtet Barzen.Täglich neue Interessenten für Eifelnet

Ganz im Gegensatz zu ihren Kunden. Täglich meldeten sich neue Interessenten, berichtet Sulek. Selbst Promis, die es in die Eifel verschlagen hat, sollen darunter sein. Wie etwa Thomas D. von der Kultband "Die Fantastischen Vier", der auf einem Bauernhof in Heyroth, ganz in der Nähe der Ideenschmiede von Eifelnet, lebt. In Sichtweite von Heyroth hat Eifelnet nun auf einer Anhöhe bei Leudersdorf eine zehn Meter hohe Antenne aufgestellt, mit der dann die umliegenden Orte "versorgt" werden können. Zum Beweis, dass die neue Technik funktioniert, stellt sich Brinkmann mit seinem Laptop ein paar Meter von dem Funkmast entfernt, stöpselt die Hausantenne in den Computer und innerhalb kurzer Zeit ist er im Internet - auf freiem Feld. Der "große Bruder" T-Com, wie die Telekom nun offiziell heißt, belächelt das Engagement der Neu-Eifeler Tüftler: "Wir leben in einem freien Land, und jedermann kann hier Geschäftsmodelle implementieren", sagt Unternehmenssprecher Walter Genz. Er rät: Interessierte Kunden sollten sich über das Geschäftsmodell, die garantierte Bandbreite der Internetzugänge und die Sicherheitseinstellungen genau informieren und fügt hinzu: "T-Com wird ein derartiges Netz nicht aufbauen oder betreiben. Trotzdem beobachten wir die technische Entwicklung weltweit."

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