Ein fast perfektes System - Wie Trierer Steuerermittler ein internationales Firmengeflecht aufknüpfen

Trier · Das Finanzamt Trier hat nach einem anonymen Tipp einen Steuerbetrüger aus der Region überführt. Der Mann, der heute im Ausland lebt, ist inzwischen zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Sein Modell zeigt, wie schwer es für die Steuerfahndung ist, wenn Geschäfte über viele Grenzen hin organisiert werden.

Ein fast perfektes System - Wie Trierer Steuerermittler ein internationales Firmengeflecht aufknüpfen
Foto: Birgit Keiser

Trier. Über einige Jahre hin hat ein Mann aus der Region Trier mit einem verstrickten Unternehmensgeflecht Steuern hinterzogen. Das System wirft einige Fragen auf:
Wie hat das Betrugssystem funktioniert?
Der Ex-Geschäftsführer war mit seinem Unternehmen aus der Glücksspielbranche auf dem deutschen Markt tätig. Der Sitz des Unternehmens in Form einer Aktiengesellschaft wurde schon vor Jahren nach Luxemburg verlegt, seinen Wohnsitz behielt er grenznah in Deutschland. In seinen Steuererklärungen gab der Mann zwar sein Geschäftsführergehalt an, das nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Luxemburg in Deutschland steuerfrei war. Darüber hinausgehende Dividenden und Zinsen aus der Beteiligung an seiner luxemburgischen Gesellschaft, die in Deutschland steuerpflichtig waren, gab er jedoch nicht an.
Warum ist das nicht aufgefallen?
"Solche Einkünfte sind nicht ohne weiteres zu erkennen", sagt der Chef des Finanzamtes Trier, Jürgen Kentenich. Die Aktien der luxemburgischen AG waren im Jahr 2003 auf zwei maltesische Gesellschaften übertragen worden. Die Gewinne flossen dann von der luxemburgischen AG an die maltesischen Firmen. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Malta und Luxemburg waren somit keine Ertragssteuern in Luxemburg zu entrichten.
Was bedeutet dieses Doppelbesteuerungsabkommen?
Eine Besonderheit des maltesischen Steuerrechts ist, dass für Firmen, die nicht auf Malta tätig sind und keinen maltesischen Eigentümer haben, bei der Versteuerung offener Gewinnausschüttungen ein Steuererstattungsanspruch in Höhe von sechs Siebteln der gezahlten Steuer besteht. "Mit dieser Regelung lockt Malta ausländische Firmen an und ermöglicht als Nebeneffekt den Steuerbetrug zulasten anderer Länder," sagt Kentenich.
Wenn es ein solches Abkommen gibt, warum ist das Verhalten des Verurteilten illegal?
Entscheidend war, dass der in Deutschland lebende Unternehmer stets die handelnde Person hinter den Geschäften blieb. Jürgen Kentenich: "Ermittlungen unserer Steuerfahnder hatten ergeben, dass die Anteile der maltesischen Firmen von einem dortigen Anwalt verwaltet wurden. Im Wege der Amtshilfe hat die maltesische Polizei, unterstützt von Steuerfahndern aus Trier, das Büro dieses Verwalters in Malta durchsucht." Dabei seien Dokumente gefunden worden, die belegen, dass der Verwalter die Anteile der maltesischen Firma nur treuhänderisch und als Strohmann geführt hat. Ausschüttungen der Firmen wurden auf ein luxemburgisches Konto des deutschen Geschäftsführers überwiesen, genauso wie die Steuererstattungen, die über mehrere Jahre planmäßig von den maltesischen Firmen geltend gemacht wurden. Das Ergebnis: Nach dem Umweg über mehrere Firmen in unterschiedlichen Ländern und Steueroasen waren die Ausschüttungen fast zu 100 Prozent steuerfrei.
Das ist dann illegal?
Nach dem nationalem Recht in den anderen Ländern ist dort vieles legal. Entscheidend ist aber, ob der Unternehmer, der wirtschaftliche Eigentümer, seine Unternehmerserträge aus dem Ausland dem Finanzamt in Deutschland meldet. "Das Problem ist, dass solche Konstruktionen oft gewählt werden, um durch Anonymität den Nachweis von Erträgen zu verschleiern und Steuern zu unterschlagen", sagt Finanzamtschef Jürgen Kentenich.
Zudem hat der Geschäftsführer ein Modell entwickelt, um Gewinne zu schmälern und damit illegal weniger Steuern zu zahlen …
Eine britische Briefkastenfirma hatte mit dem Unternehmen ein sogenanntes Lease Agreement geschlossen, wonach für die Zur-Verfügungstellung von speziellem Know-how Zahlungen von über 300 000 Euro an die britische Firma geleistet wurden. Dieses Agreement war nur zum Schein geschlossen worden, um Betriebsausgaben zu generieren. Den Zahlungen stand keine reale Leistung entgegen, das angebliche Know- how war tatsächlich schon im Unternehmen vorhanden. Die britische Briefkastenfirma gehörte wiederum einer panamaischen Firma, die ein Bankkonto in Luxemburg unterhielt, über das der deutsche Unternehmer verfügen konnte. Die Zahlungen im Zusammenhang mit dem Lease Agreement an die britische Firma wurden aufgrund eines weiteren Agreements zwischen dieser und der Firma in Panama zu 95 Prozent auf das Luxemburger Konto überwiesen. Über dieses Konto konnte der deutsche Unternehmer für sich privat die 300 000 Euro steuerfrei wieder abheben.
Was bedeutet die Strafe?
Der Mann wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Damit die Bewährung greift, wurde als Auflage festgesetzt, dass er die Steuerschuld von 250 000 Euro zahlt. Kommt er dem nicht nach, hätte er seine Haft abzusitzen. Da er aber seit einigen Jahren im Ausland lebt, müsste Deutschland an sein neues Wohnland einen Auslieferungsantrag stellen.

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