Ein Trierer, der Karstadt kaufen will

Hans Maret hat viel Geld gesammelt. Nun will der in Trier geborene Investmentbanker mit der Beteiligungsgesellschaft Triton den insolventen Warenhauskonzern Karstadt übernehmen.

 Hans Maret genießt auf dem Weingut Reverchon seinen 2008er Riesling-Spätlese feinherb vom Filzener Herrenberg. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Hans Maret genießt auf dem Weingut Reverchon seinen 2008er Riesling-Spätlese feinherb vom Filzener Herrenberg. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Konz-Filzen. Die Sonne strahlt über dem Weingut Reverchon in Konz-Filzen. Hans Maret genießt diese Momente. Auf der Terrasse seines Weinguts sitzt der frühere Sal.-Oppenheim-Gesellschafter gemütlich, schwenkt einen 2008er Riesling-Spätlese feinherb vom Filzener Herrenberg im Glas. In seinem Rücken ranken am Weingut die Clematis in die Höhe, und sein Blick geht hoch zum Filzemer Herrenberg, der Spitzenlage des Weinguts Reverchon.

Für den geborenen Trierer sind solche Momente besonders kostbar. Derzeit nimmt ihn weniger das Weingut in Beschlag als vielmehr sein Job beim Finanzinvestor Triton. Als Berater und Teilhaber der Fondsgesellschaft versucht er, die Kaufhauskette Karstadt zu übernehmen. Experten bewerten das Triton-Angebot bisher als einziges ernsthaftes Angebot. Eine Frist für den Verkauf der Kette wurde bis zum 28. Mai verlängert.

Der 59-Jährige hat klare Vorstellungen für die Rettung von Karstadt: "Ich denke, dass gut geführte Kaufhäuser in interessanten Städten eine große Zukunft haben können", erklärt Maret. Das Konzept müsse nur stimmen. Ihm schwebt ein Kaufhaus vor, das ähnlich wie die französische Kaufhauskette "Printemps" aufgebaut ist und die Stärken ausspielt in Fashion (Damen- und Herrenmode), Sports (Sportartikel) und Living (Wohnungseinrichtung). In diesen drei Bereichen macht Karstadt rund 2,5 seiner insgesamt 3,5 Milliarden Euro Umsatz und zudem ordentlich Gewinn. "Doch was nutzt das, wenn die Verlust-Sortimente das alles auffressen?" In diesen Segmenten würde der 59-Jährige am liebsten mit Partnern zusammenarbeiten, die das besser können. "In der Lampenabteilung etwa kann Karstadt längst nicht mehr mit der Konkurrenz mithalten, weil die Kompetenz fehlt. Mit dem richtigen Partner, und den haben wir, würde das Geschäft aufblühen." Dafür erwarte Triton Flexibilität von der Gewerkschaft und der Belegschaft. Mit dem gerade geschlossenen Sanierungstarifvertrag, bei dem die Belegschaft zeitweise auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichtet, könne die Neuausrichtung von Karstadt nicht gelingen. "Es geht nicht darum, 5000 Leute auf die Straße zu setzen, aber ohne leistungsbezogene Vergütung, flexible Arbeitszeiten und marktgerechte Mietkosten lässt sich Karstadt nicht zukunftsfähig ausrichten", so die Ansicht des Investors.

Kommt Triton zum Zuge, wäre dies kurios. Denn vor gut acht Jahren hatte sich Hans Maret von Sal. Oppenheim getrennt, vor allem, weil er mit dem Engagement der Privatbank bei Karstadt nicht einverstanden war. Maret wartet nun, offensichtlich ganz gelassen, die Frist bei Karstadt ab und blickt erwartungsfroh auf sein Weingut und plaudert im Schatten des Filzener Herrenbergs über seine große Passion: "Als ich 2007 das Weingut übernommen habe, habe ich mir damit einen Jugendtraum erfüllt." Schon als kleiner Junge durfte Maret bei den Weinproben seines Vaters mithelfen. Sein Vater, Arzt in Trier, war ein großer Weinkenner und Autor mehrer Weinbücher. "Mit zehn habe ich dann auch mal bei einer Probe ein Gläschen versucht", gesteht Maret. Die Leidenschaft zum Wein wurde auch durch die Liebe geweckt. "Meine erste Freundin war eine Tochter aus einem Filzener Weingut", erzählt der 59-Jährige aus seiner Jugendzeit. Als sich dann die Gelegenheit ergab, ein traditionsreiches, renommiertes Weingut zu erwerben, zögerte Maret nicht. Das Weingut Reverchon geht bis ins Jahr 1685 zurück, der Filzener Herrenberg wurde sogar schon vor gut 1000 Jahren mit Weinreben bepflanzt. Vor allem in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erlebte Reverchon eine große Blüte. "Die Reverchon-Weine waren die Weine der Industriellen", erklärt Maret. Rund 500 000 Flaschen gingen von der Saar in die ganze Welt. Bundeskanzler Konrad Adenauer und der legendäre Deutsche-Bank-Chef Hermann Josef Abs gehörten zu den Liebhabern des Saar-Rieslings aus dem Hause Reverchon. Doch Name und Kapital aus diesen guten Zeiten waren 2007 aufgebraucht, Reverchon meldete Insolvenz an. Maret zog schnell einen Schlussstrich unter die wenig erfolgreiche Verwaltung und Vermarktung der vergangenen Jahre. "Das Erste, was ich mit der Übernahme getan habe, ich habe das Sortiment bereinigt."

Er zupft ein Blatt hervor und skizziert mit wenigen Strichen die neue Unternehmensstrategie: Hauswein, Premiumweine Filzener Herrenberg, Sekt - drei Linien, klar getrennt und doch alle unter eine Maxime gestellt: trocken, leicht, pur. Etwa vier Fünftel der Weine sind trocken ausgebaut. "Mir ist auch wichtig, dass die Weine leicht sind, dass man eine oder zwei Flaschen am Abend genießen kann und trotzdem am Morgen fit ist", erklärt er. Als drittes Merkmal stellt der Weinliebhaber einen klar strukturierten rebsortenreinen Ausbau und eine Spontanvergärung (alkoholische Gärung durch natürliche vorkommende Hefearten ohne Zusatz von Weinhefen) zur Betonung des typischen Saarterroirs heraus - "pur halt."

Rund 80 Prozent der heute etwa 100 000 Flaschen (bei zwölf Hektar Rebfläche) bringt das Weingut aus seiner ersten Charge an Weinliebhaber. "Das ist sozusagen unser VW-Golf, für den täglichen Genuss." Im gehobenen Segment hat Maret seine Weine vom Herrenberg angesiedelt, etwa die Filzener Herrenberg- Riesling Premiumweine, wie Spätlese und Kabinett. Dabei steht Maret mit Kellermeister Bernhard Maas ein verlässlicher Experte zur Seite. Inzwischen sind die Reverchon-Weine auch dank der Kontakte von Maret in der Welt der Wirtschaft und Politik wieder sehr gefragt. "Unser Wein wird beim Fest des Bundespräsidenten Horst Köhler ausgeschenkt", erklärt Maret nicht ohne Stolz.

"Demnächst werden wir eine kleine Vinothek eröffnen. Dazu wird gerade das ehemalige ‚Polen-Haus' umgebaut, in dem früher Erntehelfer untergebracht waren. ‚Kostbar' wird die Probierstube heißen, ich glaube das passt sehr gut." Er sucht schon nach einem Gastronomen, der das traditionsreiche Haus beleben könnte - der passende Speisen mit seinen "Sexy-Saar-Rieslingen" kombiniert. Langweilig wird es Hans Maret so schnell wohl nicht. Extra Triton ist eine deutsch-skandinavische Beteiligungsgesellschaft, die 1998 gegründet wurde und in der Vergangenheit vor allem in Industrie- und Logistikunternehmen investiert hat. Seit der Gründung hat sich Triton an rund 27 Unternehmen für etwa zwei Milliarden Euro beteiligt. "Die meisten Investments haben wir zum Erfolg geführt, wie etwa die ehemalige Siemens-Tochter Dematic", sagt Hans Maret. Weniger glücklich verlief die Übernahme des Fertighaus-Herstellers Kampa, der 2009 in Insolvenz ging. (hw)

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