Eine Chance auf dem deutschen Arbeitsmarkt

Trier · Um in einem fremden Land heimisch zu werden, gehören nicht nur eine Wohnung und neue Freunde. Auch eine Ausbildungs- und Arbeitsstelle hilft dabei, Einwanderer zu integrieren. Im Handwerk gibt es mit "HiM - Handwerk hilft Migranten" ein passendes Projekt.

Junger Afghane mit Spaß an der Arbeit als Gebäudereiniger: Reza Nazari im Einsatz für die Firma GSHD. Foto: HWK

Junger Afghane mit Spaß an der Arbeit als Gebäudereiniger: Reza Nazari im Einsatz für die Firma GSHD. Foto: HWK

Trier. Ob Wind oder Wolkenbruch, Sonne oder Schnee: Reza Nazari kommt immer gut gelaunt zur Arbeit. Einen derart motivierten Lehrling habe die GSHD Niederweiler Hof GmbH in Trier bislang noch nicht beschäftigt, versichert Betriebsleiter Simon Engelbert. "Reza wartet morgens freudestrahlend darauf, dass es endlich losgeht." Auf seinen Auszubildenden lässt er nichts kommen: "Er ist positiv eingestellt und absolut zuverlässig. Außerdem hat er hat eine rasche Auffassungsgabe und ein offenes Wesen."
Ein Glücksgriff also für den Gebäudeservicebetrieb, der auf der Suche nach einem passenden Lehrling war. Wie andere Handwerksbetriebe haben auch die Gebäudereiniger Nachwuchssorgen. "Das liegt vor allem am falschen Image des Berufs", erklärt Torsten Schwarz, ebenfalls Betriebsleiter bei GSHD. "Viele Jugendliche verbinden damit Dreck, unbequeme Einsatzorte und anspruchslose Tätigkeiten. Nach dem Motto: Putzen kann ja jeder wird der Beruf völlig unterschätzt. Dass dieses Bild fernab der Realität ist, wissen bereits die Auszubildenden."
Reza Nazari hingegen wollte unbedingt Gebäudereiniger werden, ein Bekannter hatte ihm davon erzählt. Sein Wunsch nach einer Lehrstelle erfüllte sich zum vergangenen August über das Projekt "HiM - Handwerk integriert Migranten" an der Handwerkskammer Trier (HWK). Nie zuvor hatte der heute 20-Jährige die Chance, eine Berufsausbildung zu machen oder wenigstens durchgehend zur Schule zu gehen. Um irgendwo heimisch zu werden, waren die Lebensumstände zu widrig: Als Kind musste er aus Afghanistan fliehen.
Mehr als 20 neue Azubis


Nach Aufenthalten im Iran, in Griechenland und in der Türkei kam er 2011 nach Deutschland. Bevor er schließlich nach Trier gelangte, verdiente er in Köln seinen Lebensunterhalt als Pizzabäcker.
Im Zuge von HiM konnte die HWK bislang neben Reza Nazari mehr als 20 jungen Menschen mit Migrationshintergrund eine Lehrstelle im Handwerk der Region Trier vermitteln. Jürgen Rauschenbach, HiM-Projektleiter: "Allein in Rheinland-Pfalz benötigen rund 800 000 Jugendliche mit Migrationshintergrund Hilfestellung beim Übergang von der Schule in den Beruf. Wir setzen uns dafür ein, die Ausbildungschancen für diese Jungen und Mädchen zu steigern, Ausbildungsplätze zu vermitteln und Ausbildungsabbrüche zu vermeiden. Dabei ist es egal, ob sie bereits hier leben oder zur Ausbildung erst nach Deutschland kommen."
Als Projektleiter berät Rauschenbach auch Betriebsinhaber. So steht er mit insgesamt 95 Unternehmern in engem Kontakt. "Ein Vorteil für Unternehmen bei der Beschäftigung von Menschen mit Migrationshintergrund liegt oft darin, dass deren Mehrsprachigkeit von Nutzen ist. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die international tätig sind", sagt Jürgen Rauschenbach. Es müsse jedoch noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Jemand sei nicht anders, nur weil er einen Migrationshintergrund habe, sagt HiM-Projektleiter Rauschenbach. Vielmehr gehe es darum, die Potenziale des Einzelnen zu erkennen.
Zudem hätten Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland gute Chancen: "Es hat sich international herumgesprochen, wie erfolgreich die duale Ausbildung in Deutschland ist."
Folglich appelliert Rauschenbach an Eltern mit ausländischen Wurzeln: "Sie sollten die Chance, die sich den Kindern in Deutschland bietet, nutzen." Reza Nazari jedoch kam ohne Eltern nach Deutschland. Ein soziales Umfeld muss er sich erst noch aufbauen. Sein Arbeitgeber unterstützt ihn dabei. Bei der Wohnungssuche war die Firma bereits behilflich. Schließlich will die GSHD ihren engagierten Lehrling ans Unternehmen binden. Das ist ganz in Reza Nazaris Sinn. Denn er möchte sich nach der Lehre gern zum Meister ausbilden lassen und in Deutschland bleiben. red/sasExtra

Die Initiative "Handwerk integriert Migranten" (HiM) hilft jungen Menschen, eine handwerkliche Ausbildung zu finden, zu erlernen und abzuschließen. Das Projekt beruht auf einem Netzwerk aus Wirtschaft, Politik und Ehrenamt. Die Hauptaufgaben liegen neben der Vermittlung in Arbeitsverhältnisse, Praktika und Sprachkurse vor allem in der allgemeinen Beratung. Dabei geht es etwa um die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen oder um finanzielle Hilfen. Gefördert wird HiM aus Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz und der EU. Junge Menschen mit Migrationshintergrund, die sich für eine Lehre im Handwerk interessieren, können sich bei der Handwerkskammer melden. Angesprochen sind auch ausbildende Betriebe, die freie Stellen haben. Kontakt: Jürgen Rauschenbach, Telefon 0651/207-265 oder -277. red

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