"Eine Erfahrung fürs Leben"

Trier/Paris · Maik Wirtz hat auf der Pariser Place de la Concorde am 14. Juli eine Friedenstaube fliegen lassen. Zusammen mit 246 Jugendlichen aus unterschiedlichen Nationen war der Klavierbauer-Azubi aus Trier am Nationalfeiertag Teil der Militärparade in Paris. In der TV-Serie "Unbekannte Ausbildungsberufe" stellen wir heute vor, was der junge Mann lernt und was ihn in die französische Hauptstadt geführt hat.

 Während seiner Ausbildung zum Klavierbauer lernt Maik Wirtz auch, wie man eine Flügelmechanik reguliert. TV-Foto: Ariane Arndt-Jakobs

Während seiner Ausbildung zum Klavierbauer lernt Maik Wirtz auch, wie man eine Flügelmechanik reguliert. TV-Foto: Ariane Arndt-Jakobs

Trier/Paris. Unbeschreiblich sei es gewesen und eine Erfahrung fürs Leben, sagt Maik Wirtz. Am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, war der 20-Jährige zu Gast in Paris - und das nicht als Zuschauer, sondern als Teilnehmer der Militärparade auf den Champs-Élysées. Anlässlich des 100-jährigen Gedenkens an den Ersten Weltkrieg hatte der französische Staatspräsident François Hollande 247 junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren aus den 64 am Krieg beteiligten Nationen eingeladen - als Zeichen des Friedens und der Versöhnung.
TV-Serie: Unbekannte Ausbildungsberufe


Zu den vier Deutschen gehörte auch Maik Wirtz. Er macht derzeit eine Ausbildung zum Klavierbauer im Trierer Pianohaus Hübner. Über die Handwerkskammer Trier und das Deutsch-Französische Jugendwerk, das von Bundeskanzlerin Angela Merkel beauftragt worden war, die vier Jugendlichen aus Deutschland auszuwählen, hatte Wirtz sich für die Teilnahme beworben - und eine Zusage erhalten.
Zehn Tage vor den Festlichkeiten fuhr er mit dem Zug in die französische Hauptstadt. Einiges musste noch vorbereitet und organisiert werden. Denn die 247 Gäste sollten nicht nur bei der Parade anwesend sein, sondern auch eine Tanz-Choreographie präsentieren, für die sie von der französischen Modedesignerin agnès b. eingekleidet wurden.
Wer das Spektakel von oben betrachtete, sah, dass ihre Körper einen großen und dann zwei kleine Vögel sowie die Jahreszahlen 1914 und 2014 bildeten. Manche von ihnen, darunter auch Maik Wirtz, trugen eine Taube in der Hand, die sie am Ende der Choreographie fliegen ließen, während jeder in seiner Muttersprache "Frieden" rief. Das sei natürlich ein ganz besonderer und toller Moment gewesen, meint Maik Wirtz. Doch das eigentliche Highlight war für ihn die Begegnung mit den vielen Gleichaltrigen aus unterschiedlichen Nationen. "Wir haben uns direkt angefreundet, das habe ich so noch nie erlebt", sagt er. Und fügt hinzu: "Sogar die Ukrainer und die Russen haben sich richtig gut verstanden." Die Militärparade selbst fand der 20-Jährige dagegen eher befremdlich: "Es war ein wenig beängstigend mit den ganzen Kampfjets, Panzern und Soldaten mit Maschinengewehren", meint er. "Als Deutscher bringt man das nicht unbedingt mit Frieden in Verbindung."
Seit Dienstag ist Maik Wirtz wieder zurück in Trier und geht seinem Arbeitsalltag nach. Er ist im zweiten Jahr seiner Ausbildung zum Klavier- und Cembalobauer. Ein seltener Beruf: Sein Jahrgang zählt bundesweit 40 Auszubildende, die alle die Berufsschule in Ludwigsburg besuchen. In der Region Trier ist Maik Wirtz derzeit der einzige Azubi in diesem Beruf.
Klaviere reparieren, sie stimmen und ihren Klang verändern - also ihn zum Beispiel weicher oder brillanter machen - gehört unter anderem zu seinen Aufgaben. Als Voraussetzungen nennt Wirtz Fingerspitzengefühl, Geduld und ein gutes Gehör.
"Es ist wunderschön zu hören, wie alte Klaviere, die vor unserer Arbeit nicht mehr anspielbar waren, wieder klingen können. Das ist, als habe man neues Leben erschaffen", schwärmt er. Auch die Freude von Kunden mitzubekommen, wenn ihr Instrument so klingt, wie sie es sich gewünscht haben, sei toll. "Das macht glücklich und stolz."
Maik Wirtz ist rundum zufrieden mit seiner Berufswahl. "Ich habe es bislang keinen Tag bereut, mich nach dem Realschulabschluss für diese Ausbildung entschieden zu haben." Sein Ausbilder offenbar auch nicht: Er hat ihm schon jetzt zugesichert, dass er ihn als Geselle übernehmen wird.

In unserer TV-Serie "Unbekannte Ausbildungsberufe" stellen wir Berufe vor, die wenig bekannt, deren Perspektiven jedoch gut sind. Derzeit werden in der Region Trier rund 210 Berufe ausgebildet, allerdings entscheiden sich viele junge Leute lediglich für wenige klassische Berufe.Extra

Klavier- und Cembalobauer fertigen Einzelteile für Pianos, Flügel und Cembali und montieren diese zu Instrumenten. Sie reparieren, restaurieren und stimmen die Instrumente. Auch Kundenberatung gehört zum Berufsbild. Die handwerkliche Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre und wird in den Fachrichtungen Klavier- und Cembalobau angeboten. Gesetzlich ist keine bestimmte Schulbildung vorgeschrieben. Im Bezirk der Handwerkskammer Trier gibt es fünf Klavier- und Cembalobauer-Betriebe, Maik Wirtz ist derzeit der einzige Azubi in der Region Trier. Ausbildungsvergütung: 1. Lehrjahr 306,78 Euro 2. Lehrjahr 403,92 Euro 3. Lehrjahr 429,49 Euro 4. Lehrjahr 439,47 Euro arn

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