Eine Perspektive für 6000 Leute

Wittlich · Vom Ausbilder für Fachkräfte in der Industrie über Jugendqualifizierungen im Auftrag der Arbeitsagentur bis hin zum Weiterbilder in speziellen Metall- und Elektro-Berufen: Seit 40 Jahren ist das Überbetriebliche Ausbildungszentrum, kurz ÜAZ, in Wittlich ein fester Bestandteil im Ausbildungswesen der Region.

Wittlich. Wenn das ÜAZ am kommenden Freitag und Samstag zum Tag der offenen Tür einlädt, dann geht es nicht allein darum, das 40-jährige Bestehen zu feiern. Es geht auch darum, die oft im Verborgenen wirkende Einrichtung fürs Publikum zu öffnen und die Arbeit vorzustellen. Denn immerhin mehr als 6000 junge Menschen sind in den vergangenen vier Jahrzehnten von den Lehrkräften auf das Berufs- und Arbeitsleben vorbereitet worden - mit viel Sorgfalt und Mühe. "Das Überbetriebliche Ausbildungszentrum Wittlich ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Sozial-, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik des Landkreises Bernkastel-Wittlich", sagt Landrat Gregor Eibes.
Bündelung an einem Standort

 Mit neuen Werkstätten an einem Standort hat das ÜAZ seine Kräfte gebündelt. Fotos: ÜAZ

Mit neuen Werkstätten an einem Standort hat das ÜAZ seine Kräfte gebündelt. Fotos: ÜAZ



Denn das 1971 eröffnete ÜAZ entstand mittels eines Zweckverbands durch den Landkreis Bernkastel-Wittlich, die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier und die Handwerkskammer Trier. Anfangs sollte vor allem die Industrie mit Fachkräften versorgt werden, die aus der Landwirtschaft und dem Weinbau kamen und dort nicht mehr benötigt wurden. Immerhin fast 10 000 Menschen wanderten damals aus dem Kreis in größere Ballungszentren ab. Deshalb entstand ein Neubau für Metall- und Elektroberufe, zehn Jahre später kam die Holztechnik dazu. Nach und nach kamen weitere Aufgaben dazu, vor allem die Förderung und Integration benachteiligter Jugendlicher. 1987 öffnete für etwa 18 Jahre sogar ein Wohnheim mit 50 Plätzen seine Türen, das junge Leute innerhalb von zwei Jahren auf das Berufsleben vorbereitete und dabei half, in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Am gleichen Standort wurde auch der Fachbereich Hauswirtschaft angeboten. Weitere Werkstätten an einem dritten Standort entstanden, seit 2001 werden auch die IT-Berufe angeboten. Neue Ausbildungszweige entstanden - mit den Kooperationen von ÜAZ und IHK zur Ausbildung eines Industriemeisters Metall, von ÜAZ und Arge zur Beschäftigung und Qualifizierung und der Einrichtung eines dualen Studienganges. Entscheidend war 2010 die Zusammenlegung der drei Standorte und die Modernisierung des Maschinenparks. Investitionsvolumen: 2,2 Millionen Euro. Derzeit arbeiten 48 Beschäftigte in den Bereichen Metall, Elektro, Holz, Kunststoff, Farbe und 280 Schüler im Bereich Hauswirtschaft.
"Wir haben eine bewegte Geschichte", blickt Detlef Wiese, stellvertretender ÜAZ-Leiter, zurück. Er ist selbst seit 1990 als Ausbilder aktiv. Auch wenn der Kreis Bernkastel-Wittlich im Jahr rund 170 000 Euro dafür investiert, dass benachteiligte Jugendliche, Menschen mit Behinderungen, ältere Arbeitslose sowie arbeitslose Menschen mit Migrationshintergrund für den Arbeitsmarkt fit gemacht und später vermittelt werden können: Die Finanzierung der Angebote macht den ÜAZ-Verantwortlichen immer wieder zu schaffen.

"Mehr als 80 Prozent unserer Kosten sind Personalkosten, da kann man nicht viel sparen", sagt Wiese, der sich weiter für den Erhalt der Qualität in der Ausbildung starkmacht. Zudem hätten sich die Anforderungen an das Personal stark verändert. "Ging es in den Anfangsjahren vor allem um die Wissensvermittlung, ist die Arbeit jetzt überwiegend eine soziale. Bei manchen Teilnehmern können wir stolz auf ihren regelmäßigen Besuch bei uns sein", sagt der stellvertretende ÜAZ-Leiter. So würden junge Leute mit Lernbeeinträchtigung eine Vollausbildung machen können, allerdings mit einem angespeckten Theorieanteil, etwa als Metallbearbeiter oder Hauswirtschaftshelferin. Von der Arbeitsagentur und den Job-Centern vermittelte Jugendliche erhielten Arbeitsgelegenheiten in den Bereiche Farbe und Holz, die auch der Gemeinnützigkeit dienten. Detlef Wiese, Fachmann für Elektro und IT und ÜAZ-Fan, sieht die Arbeit der Einrichtung auch übergeordnet: "Unser erfolgreiches Arbeiten bedeutet auch einen erfolgreichen Beitrag für die Gesellschaft."
Das ÜAZ lädt am Freitag, 26., und Samstag, 27. August, zum Tag der offenen Tür in die Max-Planck-Straße 1 ein. Es gibt Vorführungen an den CNC-Fräsmaschinen, Mitmachangebote in den Werkstätten und Infos zur Berufswahl. Das ÜAZ ist jeweils von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Der Arbeitskreis (AK) Schule Wirtschaft in der Region Wittlich ist Teil einer Landesarbeitsgemeinschaft und bietet seit rund fünf Jahren mit der sogenannten Take-Off-Initiative jungen Leuten Orientierung bei der Berufswahl. Verschiedene Betriebe zwischen Eifel und Mosel öffnen während eines Zeitraums von 14 Tagen - in diesem Jahr vom 29. August bis 9. September - ihre Pforten, um Schülern der Klassen neun und zehn sowie diesmal auch erstmals der 13. Klasse an Gymnasien ihre Arbeit vorzustellen. "Ohne die Mitarbeit der Betriebe würde eine solche Aktion nicht funktionieren", sagt der AK-Vorsitzende Detlef Wiese. Dafür besuchten nur wirklich an dem Beruf interessierte Jugendliche die Betriebe. "Es ist für alle spannend zu sehen, wer kommt und wie die Vorlieben der jungen Leute sind, aber die Aktion funktioniert." In diesem Jahr können sich die Jugendlichen unter anderem folgende Stationen ansehen: Verpackungsmittelmechaniker bei MM Packaging in Traben-Trarbach, Fachinformatiker für Systemintegration bei Suki in Landscheid, den Abschluss des Bachelor of Arts bei der Vereinigten Volksbank Wittlich, Altenpflegerin beim Caritas Altenzentrum Bernkastel-Kues, den Beruf des Weinküfers bei der Moselland eG in Bernkastel-Kues oder etwa den des Psychologen bei der Agentur für Arbeit in Wittlich. Es beteiligen sich 28 Unternehmen, die rund 100 Berufe ausbilden. Jugendliche, die noch keinen Flyer haben, erhalten ihn beim Überbetrieblichen Ausbildungszentrum (ÜAZ) in Wittlich. Detlef Wiese, AK-Vorsitzender Schule Wirtschaft, sagt: "Wir wollen frühzeitig informieren und den Jugendlichen bei der richtigen Berufswahl helfen." sas

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