Landwirtschaft Mit der Eifel-Silphie zu mehr Biogas
Föhren/Lutzerath · Eifel-Silphie, so heißt ein von Land und EU gefördertes Innovationsprojekt für Landwirte und Biogasanlagen. Dahinter steckt aber auch eine Pflanze, die es in sich hat und sogar in Papierkartons steckt. Kann sie die Bauern und Landwirtschaft retten?
Sie ist hochgewachsen, hat gelbe Blüten und ähnelt einer Mischung aus Raps und Sonnenblumen. Mit ihrem Namen bleibt die „Durchwachsene Silphie“ zwar nicht so leicht in Erinnerung. Aber das, was in ihr steckt, hat Potenzial, die Landwirtschaft und Verpackungsindustrie zu revolutionieren.
Und mit dem Föhrener Biosgasanlagen-Hersteller Ökobit sowie dem Dienstleistungszentrum ländlicher Raum Eifel hat die Region Trier einen Tüftler und Ingenieur an der Hand, der darin eine große Zukunft für die Landwirtschaft und das Thema Nachhaltigkeit sieht, und einen Berater mit an Bord, der Fachkenntnis mitbringt und Anbau und Ernte begleitet. In dem Projekt „Eifel-Silphie“ soll das alles umgesetzt werden.
Was ist das Projekt Eifel-Silphie?
Zum Projekt gehören sechs Partner aus der Region: Die Brüder Edwin und Hermann Kesseler aus Lutzhausen, kurz hinter der Grenze des Vulkaneifelkreises im Kreis Cochem-Zell mit ihrer Biogasanlage; das bayerische Unternehmen Sylphietec, die Föhrener Betriebe Ökobit als Projektmanager und Ökoconsult, das Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens und das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Eifel.
Ziel des auf drei Jahre angesetzten Projekts ist es, mit der Durchwachsenen Silphie einen kommerziellen Anbau der Pflanze in Rheinland-Pfalz zu entwickeln und die erste Silphie-Raffinerie in Rheinland-Pfalz zu bauen als Blaupause für weitere Anlagen und als neue Perspektive für Landwirte und Biogasbetreiber.
Damit gehört die „Eifel-Silphie“ zu einer sogenannten Europäische Innovationspartnerschaft (EIP-Agri), in der die EU Innovationen in der Land- und Forstwirtschaft fördert. Dafür gibt das Land Rheinland-Pfalz 750.000 Euro. „Das Vorhaben Eifel-Silphie ist ein wegweisendes Projekt, das zukunftsweisende Lösungen für die Landwirtschaft, den Agrarbereich und den ländlichen Raum bietet“, lobt Wirtschaftsstaatssekretär Andy Becht. Außerdem sorge es für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz, sorge für mehr Lebensmittelqualität und biete eine Alternative zur Tierproduktion.
Was passiert in dem Pilotprojekt?
Die „Durchwachsene Silphie“, auch Becher- oder Kompassblume genannt, ist eine ausdauernde Pflanze, die wegen ihrer großen Biomasseproduktion als Energiepflanze angebaut werden kann. Damit ist für Christoph Spurk, Ökobit-Geschäftsführer der „Weg in eine nachhaltigere Zukunft für die Biogasproduktion möglich – und zwar durch eine Umstellung von ressourcenintensiven einjährigen Pflanzen zu einer pflegeleichten, tiefwurzelnden mehrjährigen Kulturpflanze mit enormen ökologischen und agrarökonomischen Vorteilen“.
Also zehn bis 20 Jahre Silphie statt jedes Jahr Mais? Für die Brüder Edwin und Hermann Kesseler ein eindeutiges „Ja.“ Seit fast 20 Jahren suchen sie nach Maisalternativen und sagen: „Mit der Silphie kann man Biogas in die Zukunft führen und neue Konzepte für eine nachhaltigere Landwirtschaft entwickeln.“
Denn die Silphie gilt vielen als „Wunderpflanze“, stellt sie doch auch eine Insektenweide für die Honigproduktion dar, sie ist pflegeleicht, weil sie über eine Lebensdauer von bis zu 20 Jahren lediglich abgeschnitten werden muss und sogar in Grundwasserschutzgebieten angebaut werden kann. Und: Wildschweine mögen das Kraut nicht – ein weiterer Vorteil für Landwirte.
Damit nicht genug: Die Pflanze kann auch komplett vergoren werden, aus ihr kann man separat mittels eines Raffinerieverfahrens Frischfasern für die Papierherstellung gewinnen. „Das erhöht die Wirtschaftlichkeit des Prozesses“, sagt Spurk. Sind die Fasern gelöst, wird der Pflanzenrest zur Biogasherstellung und Wärme- und Stromproduktion genutzt. Das übrige Gärprodukt kann zudem als Dünger eingesetzt werden – „eine ganz neue, kombinierte, Nutzung von Energiepflanzen in Rheinland-Pfalz“, sagt er.
Wann lohnt sich der Einstieg für Landwirte?
Laut Experten benötigt die Papierindustrie jährlich mehr als sechs Millionen Tonnen Frischfasern, Tendenz steigend. Noch stammt ein Großteil davon aus tropischen Hölzern. Hier soll die Eifel-Silphie ansetzen und entfallene Fördergelder für die Landwirtschaft als Geschäftsmodell kompensieren. „Es geht darum, den Biogasprozess in einen Industrieprozess, hier die Papier- und Verpackungsproduktion, einzubinden“, sagt Ökobit-Chef Spurk.
Nun sucht das Projekt 30 bis 40 Landwirte, die einen Teil ihrer Fläche, etwa 1000 Quadratmeter, so wie die Kesselers dem kommerziellen Anbau der Silphie zur Verfügung stellen. Dazu winkt den Bauern ein Abnahmevertrag über voraussichtlich mindestens zehn Jahre. Denn ein Unternehmen der Papierindusrie benötigt mindestens 100.000 Tonnen Silphie-Fasern, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Schon heute findet die Silphie ihren Einsatz, etwa für die Verpackung und Kartonage der kleinen Kresse-Kräuter-Päckchen, die man im Supermarkt kaufen kann. Parallel dazu arbeitet das Projekt an der Technik für Biogasanlagen zur Umstellung auf die Silphie, an Rührtechniken, an optimaler Faserlagerung und Pflanzenausbeute – also Fasertrennung und Substrat-Destillation – etwas, das bislang noch nirgendwo in Deutschland erprobt wurde. Spurk ist optimistisch: „Wir erhoffen uns davon ein neue Perspektive für Landwirte in der Region und eine Stärkung des ländlichen Raums.“