Erfolgreicher Export in Asiens Küchen

Idar-Oberstein · Fissler gehört zu den deutschen Traditionsmarken im Bereich Kochgeschirr. Seit nunmehr 168 Jahren in Idar-Oberstein ansässig, hat das Unternehmen nicht nur nach und nach die asiatischen Küchen erobert. Mit einer neuen Pressenstraße ist der erste Teil einer 30-Millionen-Euro-Investition für den deutschen Standort abgeschlossen.

Idar-Oberstein. Den Namen Idar-Oberstein verbinden die meisten eher mit Edelsteinen und Schmuckherstellung. Doch einer der größten deutschen Mittelständler hat seit mehr als 165 Jahren seinen Sitz in der Stadt, hat sich vom Installationsgeschäft zum Weltmarktspieler gemausert - mit insgesamt gut 2,5 Millionen produzierten Töpfen, Pfannen, Brätern, Messern und weiterem Kochgeschirr im Jahr. War der erste Verkaufsschlager die allseits bekannte Gulaschkanone, ein Feldkochherd, der im Jahr 1892 erfunden wurde, so sind Fissler-Produkte heute filigrane Haushaltswaren und inzwischen in mehr als 70 Ländern zu haben.
Kochtopf statt Designertasche


Laut eigenen Angaben sind die Produkte vor allem in chinesischen und koreanischen Küchen zum Prestige-Objekt geworden. "Unsere Vertriebler machen die Erfahrung, dass ein Schnellkochtopf einer Designertasche vorgezogen wird", sagt Fissler-Geschäftsführer Markus Kepka stolz. Ein gutes Essen für die Familie sei ein Liebesbeweis der asiatischen Frauen für ihre Lieben. Getreu dem Motto: Je teurer der Kochtopf, desto größer die Liebe für Mann und Kinder. Hinzu kommt laut Kepka das gute Image deutscher Produkte und das hohe Qualitätsbewusstsein in Asien. "Da passen wir gut rein." Und so wächst das ganze Unternehmen Fissler dank des Verkaufsbooms in ganz Asien seit rund 20 Jahren jährlich um bis zu zehn Prozent. Der Umsatz liegt in der 168-jährigen Geschichte bei nun 206 Millionen Euro fürs Jahr 2012.
Anatomische Anpassungen


Mit einem Plus von 25 Prozent allein bei den asiatischen Landesgesellschaften hat sich der Absatzmarkt Asien in den vergangenen Jahren am stärksten entwickelt. Zum Vergleich: Der Anteil am Umsatz in China oder Korea entspricht mittlerweile dem im Heimatmarkt Deutschland mit 28 Prozent. "Für Fissler ist der asiatische Markt zu einem Zugpferd für Wachstum und Innovation geworden", sagt der Fissler-Chef.
Das geht gar so weit, dass Töpfe und Pfannen, Woks und Messer auch speziell für die asiatischen Kunden von Idar-Oberstein aus entwickelt werden: Da werden Griffgrößen der kleineren Anatomie der asiatischen Kunden angepasst, Schnellkochtöpfe mit mehr Druckstufen versehen, bunte Dekore angebracht, Topfgrößen für die vielen asiatischen Köstlichkeiten verkleinert. Etwa 30 Prozent der insgesamt 150 verschiedenen Fissler-Produkttypen in einem chinesischen Fachgeschäft sind Sonderanfertigungen fürs Reich der Mitte. "Wir optimieren auf Zuruf und aus der Erfahrung heraus", sagt der Geschäftsführer und verweist auf Produktentwicklungen, die je nach Komplexität anderthalb bis drei Jahre dauern können. Größe, Form, Oberfläche, Boden, Material, Griffe, Deckel - all dies will entschieden und auf Tauglichkeit geprüft werden, inklusive Kochtests.
So ist das Idar-Obersteiner Unternehmen mit seinen beiden deutschen Produktionsstandorten inzwischen an seine Grenzen gestoßen. Bis 2015 hat Fissler deshalb ein großes Investitionsprogramm in Höhe von 30 Millionen Euro für Produktion und Logistik aufgelegt.
Der erste Teil, eine neue Pressenstraße in Hoppstätten-Weiersbach (Kreis Birkenfeld) für rund sieben Millionen Euro, ist gerade abgeschlossen. "Damit verdoppeln wir unsere Kapazitäten im Bereich der Edelstahlprodukte auf bis zu 3,5 Millionen Geräte", freut sich Markus Kepka.
Auch die Umformtechnik wurde verfeinert, Maße können genauer eingehalten werden, die Oberfläche wird noch glatter. Und: Werden die Maschinen auf die Herstellung anderer Produkte umgerüstet, verringert sich diese Zeit von 45 auf nun 15 Minuten. Durch diese Schnelligkeit können auch kleinere Mengen und spezielle Kundenanforderungen umgesetzt werden. Und auch die Arbeitsgeschwindigkeit ist nun schneller - ein Bratentopf kann etwa in einer halben Sekunde umgeformt werden.
Wenn Fissler auch zufrieden mit dem Export ist, so bedeutet der schrumpfende deutsche Haushaltswarenmarkt zugleich eine Herausforderung. Nicht, dass man von seinem Anspruch "Made in Germany" abrücken will. "Das Investitionsprogramm zeigt gerade das bewusste Bekenntnis zum Standort und seinen kompetenten Mitarbeitern", wehrt Kepka ab. Allerdings sei das Fissler-Image hierzulande angestaubt. Seit Generationen würden Fissler-Töpfe auf Empfehlung gekauft. Dies biete zwar eine gute Basis und bestätige den Anspruch des Unternehmens als Qualitätsanbieter, "doch sind die Leute zu wenig sensibilisiert für uns".
Kochen als Lifestyle, ein Heranführen jüngerer Kunden ans Kochen, die Förderung der Kreativität beim Zubereiten von Essen, ein Show-Cooking kombiniert mit einer Modenschau: Mit all diesen Ideen will Fissler nun in jungen deutschen Haushalten punkten, um noch "frischer, innovativer - und sexier zu werden", wie der Geschäftsführer es formuliert.

Extra

Das Unternehmen Fissler wurde 1845 in Idar-Oberstein als Installationsgeschäft von Carl Philipp Fissler gegründet. Auch heute noch ist das Unternehmen in Familienhand. Aus dem lokalen Geschäft ist inzwischen ein internationaler Betrieb geworden, der in mehr als 70 Ländern sein Kochgeschirr verkauft. Eigene Produktionsstätten gibt es ausschließlich in Idar-Oberstein und in Hoppstätten-Weiersbach, Auftragsarbeiten in Form einer verlängerten Werkbank und mit Fissler-Produktionsleitung werden in Nordfrankreich und in der Türkei vergeben. Sieben Tochtergesellschaften gibt es weltweit, Vertriebspartner in mehr als 70 Ländern. Der Umsatz von Fissler lag 2012 bei 206 Millionen Euro. Der Auslandsanteil liegt derzeit bei 72 Prozent. Weltweit beschäftigt das Unternehmen 765 Mitarbeiter. Fissler hat sich einen Namen als Innovationsschmiede gemacht. Mehr als 200 Patente und Gebrauchsmuster wurden allein in den vergangenen 50 Jahren eingebracht. Mit dem Gütesiegel "Top 100" zählt Fissler zu den innovativsten Unternehmen im deutschen Mittelstand und wurde mehrfach mit Design- und Innovationspreisen ausgezeichnet. sas

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