Erneuerung geht jeden an

TRIER. Wie wichtig sind neue Ideen für unser Land? Für den Innovationsexperten Heinz Schwind von der Trierer Industrie- und Handelskammer (IHK) sind sie für Wirtschaft und Gesellschaft entscheidend, das Land nach vorn zu bringen.

Herr Schwind, mit den Verhältnissen bisher haben wir doch recht gut gelebt. Warum Innovationen?Schwind: Wir brauchen Innovationen, um Unternehmen wettbewerbsfähig zu halten, um neue Produkte zu entwickeln und herzustellen und den Standort Deutschland einen Schritt nach vorne zu bringen. Wobei man den Begriff nicht ausschließlich an der Produktentwicklung festmachen muss. Dazu gehören auch gesellschaftliche Innovationen. Jeder Bürger muss versuchen, innovativ zu denken und in seinem Bereich Neuerungen durchzusetzen. Deutschland galt einmal als Erfindernation. Sind diese Zeiten vorbei? Schwind: In Deutschland werden nach wie vor sehr viele Patente und Schutzrechte angemeldet. Das Problem ist: Wir entwickeln, und andere verwerten. Da geht die Schere sehr stark auseinander. Wir müssen selber versuchen, gute Ideen, die wir entwickelt haben, auch konkret in Produkte zu überführen. Unternehmen klagen oft über ungünstige Rahmenbedingungen, wenn von Innovationen die Rede ist. Was muss besser werden? Schwind: In Rheinland-Pfalz sind die Rahmenbedingungen gar nicht so schlecht. Wir haben ein technologisches Umfeld, wir haben leistungsfähige Infrastrukturen im Hochschulbereich, und die Forschungsfinanzierung findet unter akzeptablen Bedingungen statt - vor allem für mittlere und kleine Unternehmen. Das heißt doch, dass es an den Unternehmen selber liegt, ob neue Ideen umgesetzt werden? Schwind: Zum Teil liegt es daran, dass Unternehmen mit dem Thema Innovation zurückhaltend umgehen, das hängt auch sicher mit der aktuellen Wirtschaftslage zusammen; Neuentwicklungen benötigen Kapital. Wo wir Probleme haben: Wir geben in Deutschland derzeit nur 2,5 Prozent des Bruttosozialproduktes für Forschung und Entwicklung aus, der Anteil in Japan liegt dagegen zwischen vier und sechs Prozent. Da wünsche ich mir, dass wir etwas höher kommen, angepeilt sind ja mal drei Prozent. Damit die Politik auch zeigt: Wir sind der Zukunft verpflichtet. Zugespitzt formuliert: Manchmal hat man den Eindruck, dass Geschäftsführer nach der Zahl geschlossener Filialen und entlassener Arbeitnehmer bezahlt werden. Ist die Orientierung des Managements verbesserungsbedürftig? Schwind: Ich denke, das eine hat mit dem anderen weniger zu tun. Es geht einfach darum, dass man auch in guten Zeiten für schlechte Zeiten vorsorgt und überlegt: Wie kann man durch neue Produkte und neue Geschäftsmodelle die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Sie haben darauf hingewiesen: Der Innovationsbegriff muss weit gefasst werden. Es geht eben auch um Organisationsinnovation. Welche Rolle spielen Gewerkschaften und Betriebsräte dabei? Schwind: Gewerkschaften und Betriebsräte können die Einführung neuer Managementsysteme unterstützen, indem sie die Mitarbeiter vorbereiten, damit die veränderten Prozesse im Unternehmen stabil genug gehalten werden können. Ich denke, da sitzen alle in einem Boot. Innovation ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Sie muss von oben kommen, aber auch von der Basis im Betrieb. Der viel beschworene Ruck muss also auch durch die Arbeitnehmerschaft gehen. Schwind: So ist es. Die Fragen stellte unser Redakteur Martin Möller.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort