Experten fordern: ausbilden, ausbilden, ausbilden

St Vith · Ausbilden - grenzüberschreitend, qualitativ hochwertig, in vielfältigen Berufen und mit der Möglichkeit eines späteren Studiums: So lässt sich das Ergebnis der fünften Eifelkonferenz der Zukunftsinitiative Eifel in St. Vith zusammenfassen, die sich mit dem Fachkräftemangel befasst hatte.

 Günter Behr wirbt für die duale Ausbildung. TV-Foto: Christian Brunker

Günter Behr wirbt für die duale Ausbildung. TV-Foto: Christian Brunker

St. Vith. Ganz Deutschland spricht über den Fachkräftemangel, die Eifel auch. Immer mehr Firmen klagen darüber, dass sie ihre Stellen kaum noch adäquat besetzen können.
In der Region Trier liegt die Arbeitslosenquote aktuell bei 3,7 Prozent, in der deutschsprachigen Gemeinschaft beträgt sie 8,3 Prozent. "Fit für die Zukunft? Wie berufliche Bildung Fachkräfte in der Eifel sichern kann" - so lautete dann auch der vielversprechende Titel der diesjährigen Konferenz der Zukunftsinitiative Eifel (siehe Extra) im ostbelgischen St. Vith, zu der rund 200 Gäste aus der gesamten Eifel gekommen waren.
Gute Ausgangslage


Dabei ist die Lage in der Region noch nicht so dramatisch wie an anderen Orten in Deutschland, das machte Dirk Werner deutlich. Er ist stellvertretender Leiter des Wissensbereiches Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.
In ihren Studien zur Lage am Ausbildungsmarkt vergleichen die Wissenschaftler sämtliche Landkreise in Deutschland, die Eifelkreise stehen dabei durchweg im oberen Drittel. "Es gibt hier eine relativ gute Lage und kein Strukturproblem", sagte Werner.
Dennoch sieht er Potenziale, die man erschließen könne. Beispielsweise könne man die Berufswahlentscheidung Jugendlicher beeinflussen, deren Interesse sich nach wie vor auf zu wenige Berufe konzentrierten. Dem könne man aber mit einer verbesserten Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft, etwa mit Praktika und einer engeren Vernetzung, entgegenwirken.
Aus Sicht der Betriebe gelte es wiederum, längerfristig zu planen, das Image der Ausbildung zu verbessern und gleichzeitig auch deren Qualität zu steigern. Insgesamt sei die Eifel vom sich beschleunigenden demografischen Wandel vergleichsweise wenig betroffen. "Eine gute Berufsausbildung ist dabei die zentrale Basis für die Fachkräftesicherung", sagte Werner.
Wie man dieses Thema angehen kann, zeigte Jan-Peter Kiel, der Vorsitzende des Gewerbevereins Kempenicher Land (Landkreis Ahrweiler). Dort ist eine Ausbildungsoffensive gestartet, die verhindern soll, dass die Region ausblutet und die jungen Leute in die nahen Ballungsräume nach Koblenz oder Köln/Bonn abwandern. Kernstück ist eine bessere und regelmäßigere Information über die grundsätzlich vorhandenen Ausbildungsplätze. Denn vielfach wüssten die jungen Leute gar nicht, dass man bestimmte Berufe auch vor Ort erlernen kann.
Günter Behr, Geschäftsführer der Handwerkskammer Trier, warb für die duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule im Handwerk und gegen die allseits propagierte höhere Akademiker-Quote. "Es kann ja nicht das Ziel sein, die Quote der promovierten Taxifahrer zu erhöhen", sagte Behr. Wer hingegen eine Ausbildung im Handwerk absolviert habe, der habe "Chancen ohne Ende".
Derzeit arbeite man daran, auch den Hochschulzugang für Handwerksgesellen zu erleichtern. Damit eröffne man sich die Möglichkeit, verstärkt um qualifizierten Nachwuchs zu werben, die sonst direkt das Abitur anstreben. Die duale Ausbildung müsse künftig zumindest als "alternativer Königsweg" neben dem Abitur und dem Studium stehen.Meinung

Aktiv werben - auch mit Geld
Derzeit konzentriert man sich in der Eifel vor allem darauf, sich der Abwanderung junger Leute in die Ballungsräume entgegenzustemmen und die Ausbildung zu verbessern. Das ist gut, kann aber nicht alles sein, um die Probleme zu lösen. Vielmehr muss man auch aktiv werben, um Arbeitskräfte in die Eifel zu locken. Das Potenzial ist da, dafür muss man sich nur die Arbeitslosenquoten bei Jugendlichen in den europäischen Nachbarländern anschauen. Doch damit das funktioniert, muss neben einem umfassenden Integrationskonzept auch das Geld stimmen. Denn vor allem wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten ist Luxemburg als Arbeitsplatz so attraktiv. Normalerweise steigt in einer Marktwirtschaft der Preis - das Gehalt - wenn eine Ware - die Arbeitskraft - knapp ist. Es ist spannend zu sehen, wie lange es dauert bis diese Wahrheit in manchen Köpfen ankommt. c.brunker@volksfreund.de Die Zukunftsinitiative Eifel ist ein Zusammenschluss von neun Eifelkreisen, 63 Kommunen und acht regionalen Industrie- und Handelskammern, Landwirtschafts- und Handwerkskammern aus den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens. Das Ziel der Zukunftsinitiative Eifel ist es, die Region vor allem in wirtschaftlichen Dingen durch eine bessere Vernetzung und intensivere Zusammenarbeit nach vorne zu bringen. Insgesamt leben in dem Gebiet rund eine Million Menschen. ch

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort