Finanzamt achtet auf grenznahen Linienverkehr
Trier · Weit mehr als 30 000 Pendler aus der Region Trier arbeiten in Luxemburg. Das lukrative Lohnniveau lockt viele in das Nachbarland. Doch gleichzeitig birgt der Auslandsjob viele steuerliche Fragen und Fallstricke. Im Fall der Busfahrer hat nun das Finanzgericht für Klarheit gesorgt, doch nicht jeder Pendler wird sich darüber freuen.
Trier. Die Berufskraftfahrer sind unter den deutschen Grenzgängern eine große Gruppe. Rund 3000 Deutsche sind bei luxemburgischen Bus- oder Transportunternehmen angestellt. In der steuerlichen Betrachtung sind sie so wichtig, dass man ihnen innerhalb des Doppelbesteuerungsabkommens der beiden Staaten sogar eine Verständigungsvereinbarung gewidmet hat, um offene Fragen zu klären. Doch auch die Vereinbarung lässt Interpretationen offen, die nun das Finanzgericht Rheinland-Pfalz unter dem Vorsitz von Richterin Brigitte Craney-Kogel geklärt hat.
Der Fall: Zwei Busfahrer hatten beim Finanzgericht gegen ihre Steuerbescheide geklagt. Sie sind seit Jahren bei einem großen luxemburgischen Busunternehmen angestellt. Bei ihren Fahrten überqueren sie häufig auch die luxemburgische Grenze. Und hier nun beginnt für die Pendler ihr Problem. Die 2011 beschlossene Verständigungsvereinbarung klärt nämlich, wie die Lohnsteuer zwischen den beiden Staaten aufzuteilen ist, wenn Pendler sowohl in Luxemburg als auch in Deutschland (oder einem anderen Drittland) tätig sind. In der Verständigungsvereinbarung wird für Berufskraftfahrer, zu denen auch die Busfahrer gehören, das Besteuerungsrecht zwischen Luxemburg und Deutschland pauschal 50:50 aufgeteilt, wenn die Fahrer in beiden Ländern arbeiten.
Der Trierer Rechtsanwalt Stephan Wonnebauer vertrat nun zwei Busfahrer, die gegen diese Praxis klagen. Ein Busfahrer verklagte das Finanzamt Trier wegen seiner Steuerfestsetzung für das Jahr 2010, ein zweiter wegen seiner Festsetzung für 2012. Rechtsanwalt Wonnebauer argumentierte, dass es sich gerade für Busfahrer punktgenau festlegen lasse, wie lange sie in Deutschland unterwegs sind. Die beiden Fahrer bringen morgens und abends Pendler von Trier aus nach Luxemburg und zurück. Weil sie in der übrigen Arbeitszeit in Luxemburg fahren, liege ihre Arbeitszeit auf deutschem Boden bei etwa zehn Prozent. Dies sei anhand von Fahr- und Schichtplänen nachzuweisen. Eine Besteuerung 50:50 sei eine ungerechtfertigte Benachteiligung. Finanziell wirke sich das erheblich aus. Statt 2300 Euro müsse der Busfahrer nur 300 Euro ans deutsche Finanzamt zahlen.
Das Urteil: Das Gericht unter dem Vorsitz von Brigitte Craney-Kogel, Vizepräsidentin des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz, betrachtete die beiden Fälle getrennt. Im ersten Fall, für das Jahr 2010, gab das Gericht dem Kläger recht. Die Verständigungsvereinbarung sei damals noch nicht in geltendes Recht umgesetzt gewesen, deshalb dürfen Pendler eine zeitgenaue Besteuerung verlangen.
2012 sei aber die Vereinbarung in nationales Recht umgesetzt worden, so dass im Fall des zweiten Busfahrers anders zu urteilen sei: Die Versteuerung 50:50 sei rechtens. "Busfahrer fallen unter die Berufsgruppe der Berufskraftfahrer und damit ist die Lage eindeutig", erklärte die Richterin.
Dies sei vielleicht eine Ungerechtigkeit aber auf keinen Fall verfassungswidrig. In beiden Fällen wurde keine Revision zugelassen. Rechtsanwalt Wonnebauer wird in einem Fall Nichtzulassungsbeschwerde einlegen.
Die Stimmen: Wolfgang Schnarrbach, der die deutschen Grenzgänger in der luxemburgischen Gewerkschaft OGBL vertritt: "Für die Busfahrer ist diese Situation nicht befriedigend. Man hatte ihre spezielle Situation bei der Vereinbarung überhaupt nicht im Blick und nun werden sie den Berufskraftfahrern gleichgestellt."
Rechtsanwalt Wonnebauer: "Gerade im Fall der Linienbusfahrer kann punktgenau nachgewiesen werden, wie viel Zeit sie in Deutschland fahren. Die Verständigungsvereinbarung berücksichtigt dies aber nicht. Dabei gibt es im Steuerrecht die Pauschalisierung, um einen Sachstand zu vereinfachen. Das ist nicht nötig, weil die Zeiten auf die Minute genau vorliegen. Da ist eine Pauschalisierung paradox." Zudem sei die Vergleichsgruppe falsch. Man könne Linienbusfahrer nicht mit Berufskraftfahrern vergleichen. Die Voraussetzungen seien völlig anders.
Bernd Willems, Finanzamt Trier: "Wir begrüßen die schnelle gerichtliche Klärung. Das die Pauschalierung als Vereinfachungsregel Sinn macht sieht man schon daran, wie viel Zeit das Gericht für die Sachverhaltsaufklärung aufwenden musste."
Während in diesem Fall die Linienbusfahrer Nachteile ertragen müssen, wirkt die Pauschalisierung andererseits auch vorteilhaft. Die vielen Fernfahrer, die den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit außerhalb von Luxemburg fahren und vielleicht nur 30 Minuten auf Luxemburgs Straßen ist, profitiert von der 50:50-Regelung.Extra
Steuer für Firmenwagen: Auch in einem anderen Fall sind deutsche Grenzgänger betroffen, wenn auch diesmal nur indirekt: Bei der Umsatzsteuerpflicht für Firmenwagen sind zunächst die luxemburgischen Arbeitgeber in der Pflicht. Für viele Grenzgänger gehört der Firmenwagen zum Extra bei einem Job in Luxemburg. Wird der Wagen aber auch privat genutzt, muss der luxemburgische Arbeitgeber nun beim deutschen Finanzamt Steuern zahlen. Die neue Regelung besagt, dass nun nicht mehr der Sitz des Arbeitgebers entscheidend ist, sondern der Wohnsitz des Arbeitnehmers, das heißt, die Steuerpflicht des Arbeitgebers entsteht am Wohnort des Arbeitnehmers, bei deutschen Pendlern also in Deutschland. Das Finanzamt Trier erklärt, dass in den Fällen, in denen luxemburgische Unternehmen Firmenwagen an Grenzpendler mit deutschem Wohnsitz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zur privaten Mitbenutzung überlassen, dieser geldwerte Vorteil in Deutschland der Umsatzsteuer unterworfen wird. Doch nicht der Grenzgänger ist hier in der Pflicht: Zur steuerlichen Erfassung müssen sich die luxemburgischen Unternehmen beim Finanzamt Saarbrücken registrieren lassen und dort regelmäßig Umsatzsteuererklärungen angeben. Einen direkten Zugriff auf ausländische Unternehmen haben die deutschen Finanzämter nicht. In einem solchen Fall müsse man Luxemburg um Amtshilfe bitten. Die Pendler können nicht belangt werden. hw