Firmen und Familienfreundlichkeit

Kinder und pflegebedürftige Angehörige bringen Berufstätige oft in die Zwickmühle. Sie müssen Job und Familie vereinbaren. Nicht nur für Mitarbeiter, auch für die Unternehmen rechnet sich Familienfreundlichkeit, sagt eine Arbeitsmarktexpertin im TV-Interview.

 Sofie Geisel.Foto: Privat

Sofie Geisel.Foto: Privat

Trier. (wie) Familienfreundlichkeit in Unternehmen ist mehr als nur Kinderbetreuung, sagt Sofie Geisel, Projektleiterin des Netzwerkbüros "Erfolgsfaktor Familie". Mit ihr sprach unser Redakteur Bernd Wientjes.

Wann ist ein Unternehmen familienfreundlich?

Geisel: Das Thema "Familie" muss auf dem Schirm des gesamten Unternehmens sein. Dem Chef muss klar sein, dass seine Mitarbeiter nicht nur ihren Job haben, sondern auch noch Familie. Wenn es aber nur einen dicken Maßnahmenkatalog gibt, Familienfreundlichkeit auf dem Papier steht, sich die Vorgesetzten aber einen Dreck drum scheren, ist das Unternehmen nicht familienfreundlich.

Rechnet sich Familienfreundlichkeit für Unternehmen?

Geisel: Ja, auf jeden Fall. Es kostet jede Menge Geld, Stellen mit qualifizierten Mitarbeitern, die wegen schlechter Vereinbarkeit von Familie und Beruf gekündigt haben, wiederzubesetzen. Wer gute Leute behalten oder haben will, muss auf Familienfreundlichkeit setzen.

Sind Väter oder Mütter schlechtere Mitarbeiter?

Geisel: Auf keinen Fall. Oft sind Eltern sogar die motivierteren Mitarbeiter. Sie können häufig besser mit Stress-Situationen am Arbeitsplatz umgehen, weil sie das von zu Hause einfach gewöhnt sind. Eltern haben Kompetenz, die Kinderlose oft nicht haben.

Spielt in Zeiten der Krise Familienfreundlichkeit in Unternehmen überhaupt noch eine Rolle?

Geisel: Mir ist klar, dass das Thema in krisengeschüttelten Unternehmen nicht ganz vorne auf der Skala der Wichtigkeit steht.

Vielen Betrieben ist aber klar, dass sie jetzt - und erst recht nach der Krise - die guten Leute brauchen. Und das gelingt oft nur durch eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Familienfreundlichkeit kann Unternehmen tatsächlich helfen, besser durch die Krise zu kommen.

Geht es bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur um die Betreuung von Kindern?

Geisel: Nein absolut nicht. Nicht jeder hat Kinder, aber alle haben Eltern. Das Thema "pflegebedürftige Angehörige" spielt eine zunehmende Rolle, das wird in den nächsten Jahren vielleicht sogar wichtiger als die Frage nach der Kinderbetreuung.

Man hat den Eindruck, dass Familienfreundlichkeit eher etwas für große Unternehmen ist, kleinere Betriebe tun sich doch schwer damit, oder?

Geisel: Es ist richtig, das Thema "Familienfreundlichkeit" ist vor allem bei den großen Unternehmen chic.

Doch viele kleine Betriebe sind familienfreundlich, ohne dass sie das an die große Glocke hängen; die machen mehr als sie selbst wissen. Sie gehen oft flexibel auf die familiären Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter ein. Es geht nicht immer nur um den betriebseigenen Kindergarten, oft ist Familienfreundlichkeit schon gegeben, wenn die ganze Familie zur Weihnachtsfeier eingeladen wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort