Flughafen Hahn: Verkauf 2016

Lautzenhausen · Einen Flughafen verkauft man nicht alle Tage. Entsprechend hoch ist der Aufwand, den das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium betreiben muss, um den Airport an den Mann zu bringen.

Lautzenhausen. "Wir betreten Neuland", räumt Innenminister Roger Lewentz (SPD) im Gespräch mit der Rhein-Zeitung ein. Bis wann der Verkaufsprozess über die Bühne ist, da will er sich nicht festlegen. Nur so viel sagt er: "irgendwann 2016". Dann sollte der neue Käufer feststehen. Das dürfte wohl eher nach der Landtagswahl als vor dem Urnengang im Frühjahr sein. Am Nürburgring konnte man ablesen, wie unberechenbar die Zeitpläne bei derart komplexen Transaktionen sind. Ein Überblick über die aktuellen Pläne.
Der Gegenstand des Verkaufs: Der gesamte Flughafen wird verkauft. Keine Einzelbereiche. Nach Auskunft des Innenministeriums wurde das riesige Areal nach und nach auf den Kernbereich des eigentlichen Airports reduziert. Ein Investor oder Käufer kann nur in den gesamten Flughafen einsteigen.
Dabei sind die Landesregierungen in Rheinland-Pfalz und Hessen dafür offen, alle Gesellschafteranteile zu veräußern. Das ist nicht zwingend, aber möglich.
Der Verkaufsprozess allgemein: Der Flughafen gehört zu 82,5 Prozent dem Land Rheinland-Pfalz und zu 17,5 Prozent dem Land Hessen. Beide bieten ihre Anteile auf dem freien Markt an. In den Investorenprozess sind daher zwei Landesregierungen eingebunden. Zur Unterstützung wurde das internationale Beratungsunternehmen KPMG engagiert. Es steuerte und verhandelte gemeinsam mit den dortigen Insolvenzverwaltern auch den Verkauf des Nürburgrings.
Phase 1: Im Frühjahr dieses Jahres, möglicherweise April, wird der Flughafen in deutschen Medien und EU-Amtsblättern zum Kauf angeboten. Zusätzlich schreibt KPMG gezielt potenzielle Interessenten an. Bei einer Vorerkundung des Marktes hatten sich bereits gut zehn ernsthafte Kandidaten gemeldet. Die Interessenten werden aufgefordert, ein indikatives (unverbindliches) Angebot abzugeben. In den Investorenprozess wird die EU-Kommission eingebunden.
Phase 2: KPMG setzt den ersten Seriositätsfilter, sortiert und bewertet die Angebote. In die zweite Phase kommt erfahrungsgemäß nur noch eine kleine Gruppe an Bietern. Diese müssen eine aufwendige und teuere Due Dilligence (Risikoprüfung) machen. Sie müssen Vertraulichkeit zusagen und gelangen anschließend in einen virtuellen Datenraum. Dort haben sie Zugang zu allen relevanten Kenndaten des Flughafens, können Einblick in Geschäftszahlen und Vertragswerke nehmen. Diese Phase könnte sich - je nach Quantität und Klärungsbedarf - bis tief in den Herbst oder Winter 2015 ziehen. Ein genaues Zeittableau ist schwierig. Am Ende steht die Abgabe qualifizierter, belastbarer Angebote für den Flughafen, die ein ausgearbeitetes Unternehmenskonzept und Finanzierungsnachweise enthalten. Diese werden erneut durch die KPMG und die Gesellschafter bewertet. Dann wird mit den letzten Kandidaten der endgültige und tatsächliche Verkauf verhandelt.
Phase 3: Phase 2 und 3 (die Zuschlagsphase) gehen meist ineinander über. Zuletzt wird das dicke Buch namens Kaufvertrag akribisch ausgearbeitet. In der Regel gehören dazu lange Nächte, Sitzungen mit Anwaltteams, das übliche Gefeilsche.
Die Hilfen: Die EU hat dem Flughafen die Beihilfelast von den Schultern genommen. Ebenso wichtig ist, er kann nun von seinen Schulden - derzeit rund 133 Millionen Euro - befreit werden. Das ermöglicht den Verkauf des Airports überhaupt erst.
Die Hürden: Der Flughafen ist nach wie vor defizitär. Er fährt ein dickes zweistelliges Millionen-Minus ein. Das dürfte ein Käufer kaum tragen wollen. Das Land (und damit auch die Grünen) müsste möglicherweise zu einer Verlustabdeckung bereit sein. In dieser Hinsicht dürften demnächst einige Modelle entworfen werden. Hier schweigt das Mainzer Innenministerium sich allerdings aus. Grundsätzlich verlangt man von einem Käufer, dass er auf eigenen Beinen steht, zumal die Zinsbelastungen wegfallen, weil das Land die Schulden übernimmt.
Extra

Der Satz des hessischen Wirtschaftsministers Tarek Al-Wazir hat es in sich: "Eine Kooperation der Flughäfen Frankfurt/Main und Frankfurt Hahn böte auch aus meiner Sicht gute Möglichkeiten, die dicht besiedelte Rhein-Main-Region ein Stück ruhiger zu machen." Offenbar würde es der grüne stellvertretende Ministerpräsident gerne sehen, wenn Flugverkehr von Frankfurt in den Hunsrück verlagert würde. Das jedenfalls teilt er Hahn-Geschäftsführer Markus Bunk in einem Antwortschreiben vom 19. Januar mit. Der Brief liegt der Rhein-Zeitung vor. Al-Wazir steht unter Druck, den Fluglärm zu reduzieren. Er lobt ausdrücklich die (von den rheinland-pfälzischen Grünen lange bekämpfte) 24-Stunden-Betriebsgenehmigung im Hunsrück. db

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