Frage lautet: Freiwillig oder verpflichtend?

Berlin · Nach der erfolgreichen Schweizer Volksabstimmung gegen die "Abzocke" bei Managergehältern gewinnt in Deutschland die Debatte um eine Begrenzung der Vorstandsvergütungen rasant an Fahrt. Neben den Oppositionsparteien sprachen sich führende Koalitionspolitiker für Verschärfungen aus. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission für "gute Unternehmensführung" befand allerdings, die deutschen Konzerne seien auf gutem Weg.

Berlin. In der Schweiz wurde vom Volk mit einer Zweidrittelmehrheit bestimmt, dass nicht mehr Aufsichtsräte (dort Verwaltungsräte) über Vorstandsvergütungen bestimmen, sondern die Eigentümer, also die Aktionärsversammlung. Begrüßungsgelder und Abgangsprämien soll es gar nicht mehr geben. Verstöße sollen bestraft werden.
In Deutschland gab es eine gesetzliche Reform zuletzt 2009 durch die Große Koalition. Damals wurde bestimmt, dass Zusatzleistungen, etwa Bonuszahlungen, immer den mehrjährigen Erfolg eines Unternehmens berücksichtigen müssen, also nicht nur kurzfristige Strohfeuer. Außerdem sollte der gesamte Aufsichtsrat entscheiden, nicht mehr nur ein kleines Untergremium.
Vorschläge zur Besteuerung


Die SPD kam gestern zurück auf ihre seinerzeit bei der CDU nicht durchsetzbare Forderung nach einer Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Managergehältern, Boni und Abfindungen. Eine genaue Höchstgrenze nannte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß nicht; damals hatte die SPD die Absetzbarkeit oberhalb von eine Million Euro halbieren wollen. Dadurch sollen hohe Vorstandsbezüge für die Unternehmen teurer werden. Verbindliche Obergrenzen für die Gehälter allerdings wollen die Sozialdemokraten nicht festlegen. Das lasse sich mit der Vertragsfreiheit kaum vereinbaren, befand Poß.
Die Linke sieht das anders. Mehr als das Zwanzigfache der untersten Lohngruppe solle kein Manager verdienen, forderte deren stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Das ergäbe Managergehälter deutlich unterhalb der Millionengrenze. 2012 bekamen die Vorstände der Dax-Konzerne im Schnitt 6,1 Millionen Euro, etwa das Zweihundertfache der Brutto-Gehaltssumme eines Einfacharbeiters. Wagenknecht: "Deutschland ist ein Paradies für völlig überdrehte Managergehälter, die das Leistungsprinzip untergraben."
Zwei andere Vorschläge kamen aus dem Regierungslager. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle forderte, auch in Deutschland die Aktionärsversammlungen entscheiden zu lassen. Das stärke die Eigentumsrechte. Die FDP sei bereit, eine entsprechende Gesetzesänderung mitzutragen. "Wir können noch vor der Bundestagswahl ein Zeichen setzen". Der CDU-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs verlangte, dass die ausgeschütteten Dividenden eines Unternehmens in der Summe in jedem Fall höher sein müssen als die Boni. Bei der Deutschen Bank sei das zum Beispiel anders.
Der Industrieverband BDI sieht hingegen keinen Bedarf für neue Gesetze. Es gebe bereits eine ausgeprägte Sensibilität in Deutschland, hieß es unter Verweis auf einen Kodex, den eine von der Regierung eingesetzte Kommission ausgearbeitet hatte. Dieser - allerdings freiwillige - Verhaltenskatalog namens "Corporate Governance" legt zum Beispiel fest, dass die Hauptversammlungen der Aktionäre über das Vergütungssystem informiert werden müssen und dass Abfindungen den Wert von zwei Jahresvergütungen nicht überschreiten sollen.
Außerdem soll es für jedes Vorstandsmitglied eine feststehende Gesamtvergütung geben.
Der Vorsitzende der Kommission, Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller, sagte, vieles von dem, was in der Schweiz diskutiert werde, sei in Deutschland schon Standard.
VW-Bonus reduziert


Trotzdem kam es in den vergangenen Jahren auch hierzulande immer wieder zu aufsehenerregenden Entscheidungen, ähnlich wie in der Schweiz, wo eine beabsichtigte Abfindung in Höhe von 58 Millionen Euro für Novartis-Chef Daniel Vasella die Stimmung hatte hochkochen lassen. So bekam VW-Chef Martin Winterkorn für 2011 wegen der guten Geschäftsentwicklung zusätzlich zu seinem normalen Gehalt von 6,5 Millionen Euro noch einen Bonus von elf Millionen Euro. Aufgrund heftiger Proteste deckelte der VW-Aufsichtsrat erst im Februar den Zusatz-Bonus Winterkorns für das Jahr 2012 dann auf maximal 6,75 Millionen Euro. Das gilt auch für 2013.

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