Arbeitsmarkt Weltfrauentag: Noch kein Grund zum Feiern

Trier · Heute ist Weltfrauentag. Ungleichheit zwischen Männern und Frauen im Beruf ist noch immer groß. Wie sieht die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Frauen in der Region aus?

Der Internationale Frauentag: Seit 1911 ist der Welttag ein wichtiger Ausgangspunkt für Aktionen rund um Frauenrechte, Emanzipation und Feminismus. In den letzten rund hundert Jahren konnte so hinsichtlich der Gleichstellung der beiden Geschlechter vieles erreicht werden. 1919 durften Frauen zum ersten Mal an einer Wahl teilnehmen. Erst 1949 wurde ein formaler, aber wichtiger Beschluss im Grundgesetz, Artikel 3, festgehalten: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. 1958 trat das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft, das der Frau eine Erwerbstätigkeit erlaubt, „soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist“. Ein Gesetz, das erst 1977 abgeschafft wurde und es der Frau erlaubt, ohne Erlaubnis des Gatten arbeiten zu gehen. Drei Jahre später wurde „Gleicher Lohn für alle“ eingeführt, ohne dass dieser bis heute faktisch erreicht ist.

Doch den Grundstein für das Berufsleben legt die Zeit direkt nach der Schule und die damit verbundene Frage: „Was mache ich mit meinem Leben?“ Viele junge Frauen in der Region entschieden sich für kaufmännische Berufe, doch vermehrt suchten sie immer noch nach „typischen Frauenberufen“, wie es im Bericht der Arbeitsagentur Trier zur Situation von Frauen am Arbeitsmarkt heißt.

Dabei gibt es viele Angebote, den Jugendlichen auch „Männerberufe“ schmackhaft zu machen. Sei es die Handwerkskammer (HWK), die in die Schulen geht und handwerkliche Berufe für alle attraktiver machen möchte oder die Agentur für Arbeit, die insbesondere junge Frauen über sogenannte Mint-Berufe aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik informiert.  „Junge Frauen tun gut daran, auch weniger bekannte Berufsfelder kennenzulernen und sich auch technischen Berufen mehr zu öffnen“, sagt Hanna Kunze, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit. Gerade in diesen Bereichen böten sich den Absolventinnen große Chancen, weil Arbeitgeber Frauen suchen, etwa in der IT-Branche.

Doch die klassischen Vorlieben zeigen sich deutlich in den Beschäftigtenzahlen: 77,2 Prozent der Arbeitnehmer im Gesundheits- und Sozialwesen in der Region sind Frauen. Im Bereich der Erziehung und des Unterrichts sind es 77,5 Prozent. „Allerdings sind das alles nicht unbedingt die bestbezahlten Jobs“, stellt James Marsh, Regionsgeschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für die Region Trier, fest. Hinzu kommt, dass ein sehr hoher Anteil der Teilzeitstellen von Frauen besetzt sei. Die Arbeitsagentur meldet 83,4 Prozent Arbeitnehmerinnen in diesem Bereich. „In der Praxis ist ein Wechsel von der Teilzeit in Vollzeit immer noch nicht gut umgesetzt, da gibt es viele Hürden und Unterschiede je nach Betrieb“, erklärt Marsh.

Doch, wie der Bericht auch belegt, suchen Frauen vermehrt nach Teilzeitstellen, obwohl das Arbeitsamt angibt, dass diese Stellen gar nicht so einfach zu finden wären. Die meisten Firmen suchen Vollzeitbeschäftigte. Im Februar 2019 meldet die Agentur für Arbeit, dass lediglich 13 Prozent der gemeldeten Stellenangebote in Teilzeit zu besetzen wären.

„Dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, liegt unter anderem daran, dass sie sich verstärkt um Nachwuchs und pflegebedürftige Familienangehörige kümmern“, meint Hanna Kunze. Homeoffice und flexible Arbeitszeiten könnten an dieser Stelle eine Alternative sein, doch wie eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftsinstituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, belasten diese Beschäftigungsmöglichkeiten eher, statt zu entlasten. Demnach führten diese selbstständig gestalteten Arbeitsmodelle insbesondere für Frauen zu einer Doppelbelastung, bestehend aus Kinderbetreuung und Beschäftigung. „Beide Geschlechter sammeln allerdings Überstunden, und Männer sind mehr auf ihre Karriere fixiert, anstatt die Möglichkeit zu nutzen, sich mehr auf den Nachwuchs zu konzentrieren“, sagt Yvonne Lott (Hans-Böckler-Stiftung). Auch James Marsh sieht in der Arbeit zu Hause Probleme: „Homeoffice ist noch völlig unreguliert. Es bietet gute Möglichkeiten, doch es muss eine – am liebsten europäische und damit einheitliche – Lösung und Regelung gefunden werden.“

Ein weiteres Problem geht mit der häufigen Teilzeitbeschäftigung der Frauen einher: die Altersvorsorge. Laut einer von der DekaBank in Auftrag gegebenen repräsentativen Studie erhalten Frauen durchschnittliche 427 Euro weniger an gesetzlicher Rente als Männer. Dabei gehen die Zahlen je nach Region unterschiedlich weit auseinander. Insbesondere wenn die Berufstätigkeit für einige Jahre unterbrochen oder nur in Teilzeit gearbeitet wird, wirkt sich das immens auf die Rentenansprüche aus. Entsprechend ist jede zweite Frau mit ihrer Altersabsicherung unzufrieden. „Frauen müssten sich aktiver um ihre Vorsorge kümmern, tun sich damit aber schwer“, meint Deka-Volkswirtin Gabriele Widmann.

Hierbei spielt auch die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern wieder mit in die zukünftige Altersvorsorge. Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen in Deutschland 21 Prozent weniger als Männer brutto – und die Region liegt hierbei weitestgehend in diesem Durchschnitt. Trier sticht mit 13,3 Prozent positiv hervor, während der Eifelkreis Bitburg-Prüm mit 22,2 Prozent und dem regional größten Unterschied knapp darüber liegt.

„Auch wenn die Berufswahl und die Entscheidung in Teilzeit zu arbeiten „rausgerechnet“ werden, bleibt eine Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern von durchschnittlich rund sechs Prozent“, erzählt Hanna Kunze. Dies erscheine vielen Personen als sehr wenig, jedoch wirken sich schon einige paar Euro weniger monatlich erheblich auf die Rente aus.

Der ‚Equal Pay Day‘ fällt dieses Jahr auf den 18. März. An diesem Tag wird darauf hingewiesen, dass Frauen in Deutschland laut Daten des Statistischen Bundesamtes 21 Prozent weniger als Männer brutto verdienen, also bis zu diesem Datum „umsonst“ arbeiten.
Am Samstag, 23. März, 11 bis 15 Uhr, lädt deshalb das Netzwerk „Equal Pay Day Trier“ rund um die Frauenbeauftragte der Stadt Trier, Angelika Winter, ein, bei einem Kaffee auf dem Kornmarkt über Lohn(un)gleichheit in Trier zu diskutieren und Lösungsansätze zu entwickeln.

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