Für zwei Euro eine Firma gründen

TRIER. Für zwei Euro ein Unternehmen gründen: So wird seit gut zwei Jahren für die englische Gesellschaftsform der "Limited" geworben. Auch wenn deutschlandweit jede vierte Gesellschaft nach englischem Recht gegründet wird, ist dies noch lange nicht für jede Firma sinnvoll.

"Billig-GmbH" für zwei Euro: Wer ein Unternehmen gründet, würde wohl gerne ein solches Angebot annehmen. Und in der Tat. Deutschlandweit ist bereits jede vierte Gründung eine solche "private limited company" (Abkürzung Ltd.) nach englischem Recht. Grundlage dafür ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, wonach einem in der EU ansässigen Unternehmen die Eintragung ins deutsche Handelsregister nicht verwehrt bleiben darf - also auch keiner "Limited". Vor allem Existenzgründer aus dem Dienstleistungsbereich, Handwerker und Baufirmen nutzen das scheinbar preisgünstige und unbürokratische Angebot. In der Region Trier sind 28 "Ltds." registriert. "Wir haben in letzter Zeit vermehrt Anfragen bekommen", sagt Reinhard Neises, Referent für Firmen- und Wirtschaftsrecht bei der Industrie- und Handelskammer (IHK). Scheinbar sehen viele Gründer die Vorteile: Die Gründung nach englischem Recht geht schneller und kostet weniger als die einer deutschen GmbH. Der Gründer muss sich für einen Firmensitz in England, Schottland, Wales oder Nordirland entscheiden. Auch wenn der Unternehmer seine Geschäfte ausschließlich in Deutschland tätigt, muss er alle nach englischem Recht erforderlichen Unterlagen anfertigen. Die Gründungskosten einer "Limited" sind vergleichsweise gering: theoretisch ein britisches Pfund oder rund zwei Euro. Experten der Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz rechnen mit Einmalkosten von 260 Euro und Bearbeitungskosten von 900 Euro. Dafür ist kein Mindestkapital vorgeschrieben wie bei der GmbH mit 25 000 Euro. Aber es gibt Nachteile, die manch ein Gründer übersehen könnte: Die Vorteile einer "Ltd." bezüglich der Kosten gelten nur für Standardgründungen. Für Abweichungen sind Beratung und Übersetzungshilfe nötig. Hinzu kommt zusätzlicher Aufwand in Deutschland. Denn trotz einer "Limited" sind beglaubigte Abschriften, Kammermitgliedschaft und Meisterpflicht zu beachten. "So braucht ein Makler eine Gewerbe-Erlaubnis, eine Makler-Erlaubnis, eine IHK-Mitgliedschaft, und er muss Steuern zahlen", sagt Neises. Damit man die englische Gesellschaftsform übernehmen darf, muss in Großbritannien ein Sekretariat mit einem Verantwortlichen eingerichtet werden - auch wenn man nur in Deutschland arbeitet. Das Büro muss telefonisch erreichbar sein, ein Konto unterhalten und wesentliche Dokumente lagern. Oft übernehmen das Anwälte gegen Bezahlung. Jahresabschluss und Geschäftsbericht sind in Englisch vorzulegen. Wer das nicht tut, riskiert harte Strafen und eine Firmenlöschung. So reichen in Großbritannien rund 95 Prozent der Betriebe rechtzeitig ihre Bilanzen ein, in Deutschland nur 20 Prozent. Vor allem die Geschäftsführerhaftung ist bei der "Limited" strenger als im deutschen Recht. Die Ansicht der Steuerberaterkammer: "Es muss häufig mit doppeltem und dazu fremdsprachlichem Aufwand gerechnet werden." Folglich könne eine "Limited" sinnvoll sein, wenn die Gesellschaft überwiegend in Großbritannien oder international tätig ist. "In Japan oder den USA ist eine Limited bekannter als eine deutsche GmbH", sagt Reinhard Neises. Wer aber ganz in Deutschland tätig sei, müsse mit Nachteilen rechnen. Bei der "Limited" werde das fehlende Stammkapital durch striktere Regelungen ausgeglichen. "Es ist eben ein anderes System", sagt der IHK-Referent und verweist auch in Deutschland auf einen Politik-Trend zur "GmbH-Reform". So wird derzeit noch darüber debattiert, entweder das Stammkapital von 25 000 Euro zu reduzieren oder einen so genannten "Kaufmann mit beschränkter Haftung" einzuführen. "Vielen Unternehmern geht es bei einer GmbH oder Ldt. um ein reduziertes Risiko", sagt Neises. Dabei käme für viele kleinere Betriebe schon eine Gewerbe-Anmeldung günstiger und unkomplizierter. "Das Risiko, dass die Geschäfte nicht laufen, hat jeder Betrieb, egal mit welcher Gesellschaftsform." Einen Sprechtag für Gründer zum Gesellschafts- und Firmenrecht bietet die IHK am Dienstag, 13. Juni, 8 Uhr an. Infos unter Telefon 0651/9777-450.

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