"Getrennt marschieren, vereint kassieren"

BITBURG. Im Mai 2004 wird Michael Dietzsch seinen Vorstands-Posten bei der Bitburger Getränkeverwaltungs-Gesellschaft räumen und in den Aufsichtsrat wechseln. Sein schönstes Abschiedsgeschenk hat er sich jetzt schon gemacht. Für 469 Millionen Euro übernimmt Bitburger "Köpi" und Licher.

"Für mich ist das der glücklichste Tag bei Bitburger." Michael Dietzsch, Vorstands-Chef der Bitburger Getränkeverwaltungsgesellschaft hat schon viel in seinem beruflichen Leben erreicht. Er handelte für Bitburger den Werbevertrag mit Michael Schumacher und dem Deutschen Fußball-Bund aus und bündelte in der Getränkegruppe außer dem Aushängeschild Bitburger Pils starke Marken wie das Mineralwasser Gerolsteiner, das Schwarzbier Köstritzer und die ostdeutsche Pils-Legende Wernesgrüner. "Doch der Zukauf zweier Traditionsmarken wie König und Licher ist mit nichts zu vergleichen", sagt der Chef der größten privat geführten Getränkegruppe Deutschlands dem TV . Nicht mit Champagner, sondern mit einem Glas Holsten Pils haben die Verantwortlichen des dänischen Braukonzerns Carlsberg Breweries und der Bitburger Brauerei ihren Deal in Hamburg besiegelt. Schließlich schluckt der dänische Brauriese (2002: 78,6 Millionen Hektoliter) die Holsten AG (10,4 Millionen Hektoliter) mit ihren Marken Holsten, Feldschlösschen sowie Astra. Außerdem verkauft Carlsberg die beiden Brauereien König Pilsener und Licher für 469 Millionen Euro an das Bitburger Unternehmen. "Wir sind nicht glücklich, dass der Preis genannt wird", gibt Dietzsch zu, hat aber Verständnis, dass Carlsberg als Aktiengesellschaft und Global Player den Analysten reinen Wein über den bevorstehenden Handel einschenken muss. Größter Zukauf in der Unternehmens-Geschichte

Zwar gab es vor der Zustimmung der gut drei Dutzend Bitburger-Gesellschafter zunächst Diskussionen - immerhin ist es der größte Zukauf in der 187-jährigen Unternehmensgeschichte -, doch nach drei Wochen gab es das von Dietzsch ersehnte "Ok". Die Familien-Mitglieder seien davon überzeugt, dass der Kauf von König und Licher eine "einmalige Chance" sei, sagt er: "Das sichert nicht nur die jetzigen Betriebe unserer Gruppe ab, sondern wir zeigen auch offensiv, dass wir den deutschen Markt bearbeiten." Seit Monaten gibt es Spekulationen darüber, wann und mit wem aus der Bierbranche die Bitburger Gruppe anbandeln würde. Man habe viele Konstellationen geprüft, gesteht der Herr über Biere und Wässer, "aber es gab nicht so viele Marken, die zu uns gepasst haben", sagt Dietzsch. Bis im Sommer die neuen Besitzverhältnisse geklärt sind, steht der Verkauf der Holsten AG an die Dänen noch unter dem Vorbehalt, dass das Kartellamt zustimmt, "doch ich habe in dieser Hinsicht keine Sorge", sagt er selbstbewusst. Was in der Branche teils als Überraschungscoup gefeiert wird, war von Bitburger von langer Hand vorbereitet worden. Schon beim Verkauf der beiden polnischen Brauereien Bosman Browar Szcecin und Kasztelan Browar Sierpc im Sommer 2001 an Carlsberg hatte Holding-Geschäftsführer Matthäus Niewodniczanski die Geschichte eingefädelt. "Wir wollten uns auf den deutschen Markt konzentrieren, und Carlsberg hatte ebenfalls an Deutschland Interesse", erklärt Dietzsch. Als dann die Holsten AG "zum Verkauf stand", wurde das dänisch-deutsche Bündnis geschmiedet. "Matthäus Niewodniczanski und sein Team haben ganze Arbeit geleistet", gratuliert Dietzsch seinem Vorstands-Kollegen. Mit der Übernahme von Holsten wird Carlsberg in Norddeutschland zum starken Akteur. Demgegenüber steht mit der Bitburger Getränke-Gruppe in der Mitte Deutschlands eine starke Brau-Macht. "Der Verbund unserer Marken macht uns in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Thüringen und Hessen zum Marktführer." Mit 37 Millionen Einwohnern sei in dieser Kernregion der Bierabsatz so groß wie in England und höher als in Frankreich oder Spanien. Der Bitburger Gruppe gehe es aber nicht in erster Linie um Volumen, sondern um Qualität. "Unsere Einzel-Unternehmen agieren weitgehend selbstständig nach dem Motto: Getrennt marschieren, vereint kassieren", sagt Dietzsch. Mit dem Zukauf hat Bitburger nun auch ein Zeichen gesetzt, dass die Getränke-Gruppe weiter aktiv bleibt. Für sie verbessert sich mit weiteren Marken im Sortiment die Position gegenüber dem Lebensmittelhandel, aber auch gegenüber der ausländischen Konkurrenz. "Wir bleiben eigenständig auf dem Markt und kaufen auch künftig, wenn wir es für nötig halten", gibt Dietzsch die Strategie vor. Denn er ist sicher: "Die Konzentration am deutschen Biermarkt wird weitergehen, und natürlich haben die großen ausländischen Brauereien Interesse an Zukäufen." Somit bleiben die Eifeler Jäger in der Branche und nicht Beute.

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