Gülle macht Trinkwasser teurer

Berlin · Die Massentierhaltung produziert jede Menge Mist. Als Dünger landen die Hinterlassenschaften auf Feldern und Äckern. Experten warnen: Das könnte Verbraucher viel Geld kosten.

 Ein Traktor mit Gülleanhänger versprüht seine Ladung. Foto: dpa

Ein Traktor mit Gülleanhänger versprüht seine Ladung. Foto: dpa

Foto: Carsten Rehder (dpa)

Berlin (dpa) Trinkwasser könnte nach Darstellung von Experten wegen der hohen Nitratbelastung durch die Landwirtschaft deutlich teurer werden. Verbraucher müssten sich darauf einstellen, dass der Wasserpreis um bis zu 45 Prozent steigen werde, wenn nicht bald weniger Dünger auf die Felder gebracht werde, teilte das Umweltbundesamt (UBA) mit. Sollte die Belastung nicht bald sinken, müssten die Wasserversorger zu teueren Reinigungs- und Aufbereitungsmethoden greifen. Auf eine vierköpfige Familie kämen dann Mehrkosten von bis zu 134 Euro im Jahr zu, berechnete das UBA.
Übermäßiger Einsatz von Gülle und stickstoffhaltigem Dünger etwa im Obst- und Gemüseanbau gilt als Ursache für zu hohe Nitratwerte im Grundwasser. Das Problem ist lange bekannt. Bereits zu Jahresbeginn hatte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vor steigenden Wasserpreisen gewarnt. Die EU hatte im November 2016 Deutschland wegen der hohen Werte verklagt. Laut UBA wird in mehr als 27 Prozent der Grundwasserkörper derzeit der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter überstiegen. Gerade in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft sei das Grundwasser häufig durch zu viel Stickstoff belastet.
Nitrat ist eine chemische Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff. In Gewässern fördert sie Algenwachstum, was anderen Pflanzen schadet. Für Menschen ist der Stoff nicht gefährlich. Nitrat kann aber zu Nitrit werden, das wiederum den Sauerstofftransport im Blut blockiert. Außerdem steht Nitrit im Verdacht, indirekt krebserregend zu sein.
Die Politik hat nach jahrelangem Ringen reagiert und im Frühjahr strengere Düngeregeln beschlossen. Dazu gehören Obergrenzen für Stickstoffeinträge in Gebieten mit kritischen Wasserwerten und längere Zeiträume, in denen keine Düngemittel ausgebracht werden dürfen. Für die Stickstoff- und Phosphatdüngung in der Nähe von Gewässern sollen Abstände ausgeweitet werden, die frei bleiben müssen. In Gebieten mit kritischen Werten können die Länder Extra-Vorgaben machen. Wo es unbedenklich ist, sollen Auflagen auch gelockert werden können.
Umweltschützern und den Wasserversorgern geht das nicht weit genug.
BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand teilte mit, die Studie des Umweltbundesamts zeige, wie dringend wirksame Maßnahmen gegen die Überdüngung seien. "Was bislang von der Bundesregierung in puncto Düngerecht auf den Weg gebracht wurde, reicht nicht aus, um die drohende Kostenbelastung für die Verbraucher zu verhindern." Die zunehmende Verschmutzung des Grundwassers erfordere eine immer kostenintensivere Trinkwasseraufbereitung.
Um das zu verhindern, müssten das Düngegesetz und die Düngeverordnung weiter verschärft werden. Das fordern neben dem BDEW auch der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) und Umweltschützer. "Die Konsequenz aus diesen Warnungen sollte lauten: weniger Billigfleisch produzieren, die Düngegesetze deutlich verschärfen und wirksam kontrollieren", sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff.
Agrarminister Christian Schmidt (CSU) unternehme zu wenig, um das Grundwasser zu schützen, sagte die Umweltschützerin. "Deshalb sollen die Verbraucher künftig nach UBA-Berechnungen bis zu 767 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich bezahlen. Das ist ungerecht und stellt das Verursacherprinzip auf den Kopf."
BUND-Chef Hubert Weiger sagte: "Es ist inakzeptabel, dass die Wasserwerke und letztlich die Verbraucher Hunderte Millionen Kosten tragen müssen, weil die Gewässer in Deutschland mit Düngemitteln belastet sind."Extra: NITRATBELASTUNG IN DER REGION

 Das Nitrat aus der Landwirtschaft belastet das Trinkwasser. Foto: dpa

Das Nitrat aus der Landwirtschaft belastet das Trinkwasser. Foto: dpa

Foto: Roland Weihrauch (dpa)


(Mos) Das Grundwasser ist in weiten Teilen der Region in schlechtem Zustand: Betroffen sind Saar- und Moseltal, Saargau, Wittlicher Senke und der Eifelkreis Bitburg-Prüm. Eine Gefahr bedeutet dies auch fürs Trinkwasser. Zwar liegen die Nitrat-Konzentrationen am Wasserhahn durchweg unterm Grenzwert von 50 Milligramm/Liter, doch mischen die Versorger vereinzelt nitratarmes Wasser hinzu, um die Belastung zu senken.

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