Haare schneiden auf Französisch

Trier/Bourges · In Frankreich einen Job zu bekommen, ist für junge Menschen derzeit schwierig: Die Jugendarbeitslosenquote liegt bei 23,6 Prozent. Vier Französinnen haben nun die Chance, als Friseure in Trier zu arbeiten. Während eines Besuchs, initiiert von der Handwerkskammer Trier, haben sie ihre zukünftigen Chefs kennengelernt - und überzeugt.

Trier/Bourges. Superbe, formidable, très belle: Mit solch lobenden Worten schwärmt Clémentine Lauvergeon von ihrem einwöchigen Besuch in Trier. Vor kurzem war die junge Französin aus Bourges mit einer Freundin in Deutschland. Die beiden haben in einem Salon des Friseurmeisters Ralph Helfen mitgearbeitet und das Ausbildungszentrum der HWK besichtigt, außerdem organisierte Helfen einen Besuch im Theater Trier, wo sie den Maskenbildnern und Perückenmachern über die Schulter blickten. Eine zauberhafte Woche, sagt Clémentine. Für sie und ihre Freundin Perrine Hucher zudem eine erfolgreiche: Beide erhielten von Helfen das Angebot, nach ihrer Ausbildung in seinen Visions Hairdressing Salons in Trier, Schweich und Wittlich zu arbeiten.
"Hochmotiviert und talentiert"


Karl-Heinz Schwall, Ausbildungsberater der Handwerkskammer Trier (HWK), hatte den Besuch ermöglicht und war Anlaufstelle für die zwei. Vor zwei Jahren besuchte Schwall erstmals das Ausbildungszentrum für Friseure in Bourges, wo er auf "hochmotivierte und talentierte" Lehrlinge traf. Er initiierte ein Austauschprogramm für deutsche und französische Azubis - und wurde damit quasi zum Arbeitsvermittler. Denn auch Friseurmeister Edgar Krämer hat zwei Französinnen eingeladen, nach der Ausbildung in einem seiner Salons zu beginnen. Mit seiner Firma Friseurkonzepte betreut er Salons wie Perfect Color World und Hairkiller unter anderem in Trier, Schweich und Wittlich. Karl-Heinz Schwall geht davon aus, dass alle vier das Angebot annehmen. Die Arbeitsmarktsituation in Frankreich ist nicht nur für junge Friseure schwierig. 23,6 Prozent aller 15 bis 24-Jährigen waren Anfang des Jahres arbeitslos, so das Statistische Amt der EU.
Wenige Plätze in Frankreich


In Deutschland liegt die Quote bei 7,7 Prozent. Entsprechend sieht es auf dem Ausbildungsmarkt aus. In Frankreich seien die betrieblichen Plätze rar, so Schwall. "Wer keine Stelle findet, aber trotzdem seinen Traum verwirklichen will, Friseur zu werden, kann im Ausbildungszentrum seinen Beruf erlernen, muss dafür aber bezahlen." In der Region Trier dagegen gibt es derzeit auch bei den Friseuren mehr Angebote als Bewerber: Laut Agentur für Arbeit Trier kommen aktuell nur 44 Bewerber auf 87 Stellen. "Obwohl der Friseur in Deutschland nicht als Mangelberuf gilt, finden viele Betriebe trotz guter Angebote keine Azubis oder Arbeitnehmer", so Schwall.
Er hofft, dass das Bourges-Modell Schule macht und in anderen Berufen ähnliche Kooperationen zustande kommen. Dafür müssten aber auch die Betriebe selbst aktiv werden: "Ralph Helfen und Edgar Krämer haben die Initiative ergriffen und sich etwa um Unterbringung und Betreuung gekümmert und damit die Willkommenskultur gepflegt."
Schwall bemüht sich um die Unterstützung durch das Programm MobiPro-EU, das die Mobilität von ausbildungsinteressierten Jugendlichen und arbeitslosen jungen Fachkräften fördert. Leider seien bereits nach kurzer Zeit alle Fördermittel verteilt gewesen, weshalb derzeit keine neuen Anträge mehr genehmigt werden. Ein Baustein des Programms sind Deutschkurse. "Die Sprachbarriere ist der Hinderungsgrund", so Schwall.
Ralph Helfen weist aber auch auf das Potenzial unterschiedlicher Sprachen hin: "Dass die beiden französisch sprechen, ist gut für Luxemburger Kunden. Aber auch andere freuen sich vielleicht, beim Friseurtermin ihre Sprachkenntnisse aufbessern zu können." Eckhard Scissorhands (Künstlername) , der in den Salons von Helfen für die Betreuung der Französinnen zuständig ist, fügt hinzu: "Der Besuch hat zudem gezeigt, dass alle eine gemeinsame Sprache beherrschen: die des Handwerks."
Ralph Helfen würde sich freuen, wenn die Französinnen sein Angebot annähmen: "Es bringt frischen Wind in die Salons. Gerade in den südeuropäischen Ländern habe der Friseurbesuch noch eine ganz andere Bedeutung: Da kämen Kundinnen auch nur zum Fönen vorbei, eben, "um sich vom Fachmann schön machen zu lassen."
Edgar Krämer findet es sehr gut, dass es einen Austausch für die Auszubildenden gibt. "Einmal einen Blick über den Tellerrand zu werfen und andere Berufserfahrungen zu sammeln, tut gerade jungen Leuten gut." Auch er würde sich freuen, wenn die beiden jungen Frauen, die er während des Austauschs im vergangenen Jahr kennengelernt hat, sein Angebot annehmen.
Interessenten willkommen


"Die beiden hatten bereits damals ein sehr gutes Friseur-Niveau", lobt er. "Sie sind jederzeit herzlich willkommen."
Clémentine Lauvergeon hat quasi schon zugesagt: Sie komme sehr gern zum Arbeiten nach Deutschland. Im Juni kommt sie mit ihrer Freundin erneut nach Trier - zusammen mit einem weiteren interessierten Praktikanten.

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