Heißes Herbstgerangel bei der Bahn

Berlin · Kein Ende in Sicht: Die Tarifgespräche bei der Bahn sind am Donnerstag gescheitert. Gleiches gilt für die Lufthansa. Leidtragende bei dem Streik sind Reisende und Pendler.

Berlin. Das sprachliche Bild, dass zwei Züge aufeinander zurasen, stimmt im Tarifkonflikt bei der Bahn nicht. Es sind drei. Zwei konkurrierende Gewerkschaften und der Konzernvorstand. Ab Ende nächster Woche drohen Streiks, den Schienenverkehr lahmzulegen.
Bis Donnerstag läuft die Urabstimmung unter den rund 20 000 Mitgliedern der kleinen, aber bestens organisierten Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL). Eine klare Mehrheit für den Arbeitskampf wird erwartet. Wie und wo er geführt wird, wird danach entschieden. Die Lufthansa-Piloten bereiten sich ebenfalls auf einen Ausstand vor.
Lösung liegt in weiter Ferne


Die Tarifverhandlungen mit der GDL waren am späten Donnerstagnachmittag für gescheitert erklärt worden. "Es tut mir schon fast leid, hier hergekommen zu sein", kommentierte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber noch im Saal des Berliner Verhandlungshotels das Geschehen. Anderntags nannte er die Gewerkschaftspositionen "nicht mehr rational". GDL-Chef Claus Weselsky konterte nicht weniger hart. "Es war tatsächlich nutzlose Zeit. Leider:" Webers Hoffnung, er werde den Gesprächskontakt bis zum Ende der Auszählung nächsten Donnerstag nicht abreißen lassen, wird wenig nutzen.
Weder gibt es neue Angebote, noch Gesprächstermine. Dabei wurde über die materiellen Forderungen der dem Beamtenbund angehörenden GDL, fünf Prozent mehr Lohn und eine Arbeitszeitverkürzung für die Lokomotivführer, noch gar nicht geredet.
Konstruktiven Verhandlungen steht die "einzige Vorbedingung" der GDL im Wege, bei dieser Gelegenheit auch einen Tarifvertrag für das ganze Zugpersonal, inklusive der Zugbegleiter und Lokrangierführer, zu vereinbaren. Diese Beschäftigten sind bisher jedoch weit überwiegend bei der viel größeren DGB-Gewerkschaft EVG vertreten, mit der die Bahn parallel ebenfalls verhandelt.
Die GDL will sich auf EVG-Terrain ausdehnen, mit dem Argument, die Lokführer eingerechnet vertrete man schließlich die Mehrheit bei dem insgesamt 37 000 Personen umfassenden Zugpersonal der Bahn. Die EVG wiederum will im Gegenzug nun auch über Lokomotivführer reden. Die Bahn befürchtet, dass sie am Ende unterschiedliche Löhne und Arbeitszeiten für ein und denselben Job bekommt und verlangt, ebenfalls als einzige Vorbedingung, eine Verständigung zwischen den Gewerkschaften. Das lehnt die GDL freilich als "tarifpolitische Unterwerfung unter die EVG" ab.
Der Konflikt ist schrille Begleitmusik für die politische Debatte um die Tarifeinheit in den Betrieben. Zumal bei der Lufthansa die Verhandlungen mit der Pilotenvereinigung Cockpit, wie die GDL eine Spartengewerkschaft, am Donnerstag ebenfalls scheiterten. Die große Koalition will gesetzlich festlegen, dass künftig immer nur der Tarifvertrag der am stärksten in einem Betrieb vertretenen Gewerkschaft gelten soll.
Die Spartengewerkschaften empfinden ein solches Gesetz als einen schweren Eingriff in ihre grundgesetzlich garantierte Koalitions- und Streikfreiheit. Auch die Gewerkschaft Verdi hat sich dieser Position angeschlossen. Deshalb hat die Bundesregierung bisher mit der Umsetzung gezögert.Extra

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) fordert im aktuellen Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn (DB) unter anderem fünf Prozent mehr Lohn. Denn bei den Lokführern gibt es deutliche Gehaltsunterschiede je nachdem, ob sie bei der DB oder bei einer der privaten Bahngesellschaften arbeiten. Die GDL kämpft für eine einheitliche Bezahlung. Ein Lokführer bei der Deutschen Bahn verdient im Schnitt pro Monat rund 2700 Eurobrutto. Diese Summe liegt klar unter dem Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer in Deutschland. Er beträgt 3237 Euro. Nach Darstellung der GDL bekommen die Lokführer bei den Konkurrenten der DB teilweise 30 Prozent weniger Geld. dpa

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