Herr Bischof sucht das Glück und wirbt für menschengerechtes Wirtschaften

Trier · Wenn sich der Bischof ankündigt, um vor Betriebsinhabern des Handwerks über "Unternehmerischen Erfolg" zu sprechen, füllen sich die Säle. Zum Jahresempfang der Kreishandwerkerschaft Trier-Saarburg kamen mehr als 150 Gäste aus Politik und Wirtschaft, um die rhetorische Reise von Dr. Stephan Ackermann auf der Suche nach dem "Menschengerechten Wirtschaften" zu verfolgen.

Trier. Herr Rossi ist ein freudloser Industriearbeiter, der unter den cholerischen Wutausbrüchen des Chefs leidet. Sein einziger Freund ist Gastone, der Hund des Chefs. Eine Fee schenkt ihm eine Trillerpfeife, mit der die beiden Raum und Zeit entfliehen können. Und endlich: Herr Rossi sucht das Glück. Auch Triers Bischof Dr. Stephan Ackermann macht sich wie die Zeichentrickfigur der 1970er Jahre auf die Suche nach dem persönlichen Glück, nach dem Wohlergehen, nach dem optimalen unternehmerischen Handeln - beim Jahresempfang der Kreishandwer-kerschaft Trier-Saarburg.
"Menschen müssen sich über ihre gemeinsamen Vorstellungen verständigen", sagt Ackermann vor 150 Handwerkern, Politikern und Wirtschaftstreibenden in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier.
Rücksicht auf andere



Das Gemeinwohl bestehe eben nicht nur aus dem individuellen Streben nach Glück, sondern auch aus der Rücksicht auf andere. Aktienwerte, Renditen und Gewinne: Wohlstand nur einseitig durch sie zu definieren, so der Bischof, mehre weder dauerhaft das Wohlergehen der Menschen noch schaffe es nachhaltigen gesellschaftlichen Wohlstand. "Das sehen wir dieser Tage wieder angesichts der Finanzkrise."
Und so erörtert das Kirchenoberhaupt im Bistum Trier zum Thema "Unternehmerischen Erfolg neu denken - Plädoyer für menschengerechtes Wirtschaften", wie sich die Beziehung zu Arbeit, Wirtschaft und Glück im Lauf der Geschichte verändert hat, spannt den Bogen von Aristoteles über Kant und Keynes und spricht von einer "Renaissance" der sozialen Beziehungen in Verbindung mit dem Arbeitsplatz.
Es gebe inzwischen sogar eine "Glücksforschung in den Wirtschaftswissenschaften", die die Faktoren für ein glückliches Leben ermittele. Während Herr Rossi auf seiner Suche nach dem Glück in Traumwelten flüchtet, weiß Ackermann, was sich in der Realität positiv auf Privat- und Berufsleben auswirkt.
Folgende Punkte schrieb er der Politik und Wirtschaft ins Aufgabenbuch: Identifikation, Mitbestimmung, politische Willensbildung und persönliche Beziehungen. Auch Ausbildung, Gesundheit, Rechtssicherheit und eine intakte Umwelt gehörten zu gesellschaftlichem Wohlstand.
"Wenn Sie ausschließlich darauf aus sind, möglichst viel Geld zu verdienen, schaden Sie nicht nur dem Gemeinwohl, Sie bremsen sich förmlich selbst aus, da Sie unter diesen Umständen nur schwerlich kreative Ideen, innovative Produkte oder Herstellungsmethoden entwickeln", sagt der Bischof.
Punkte, die das Handwerk längst verinnerlicht habe, ist Ackermann überzeugt.
Hier würden Natur-, Human- und Sozialkapital, nämlich Rohstoffe, Menschen und soziale Beziehungen, nicht nur als Kostenfaktoren gesehen, sondern auch als das, was sie seien: langfristige Werte und damit Glücksfaktoren. sas

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