Handwerk Wenn Betriebe durch das Hilferaster fallen

Trier · Der Hilfekatalog des Bundes für die Wirtschaft ist groß. Doch die Unterstützung kommt nicht überall an. Im Handwerk ist deshalb die Lage von ganz „passabel“ bis „katastrophal“.

 Schon im Frühjahr mussten die Kosmetikstudios ihre Geschäfte schließen. Das ist in Rheinland-Pfalz auch beim jetzigen Teil-Lockdown meist der Fall, anders als im Saarland.

Schon im Frühjahr mussten die Kosmetikstudios ihre Geschäfte schließen. Das ist in Rheinland-Pfalz auch beim jetzigen Teil-Lockdown meist der Fall, anders als im Saarland.

Foto: picture alliance/dpa/Ronny Hartmann

Die einen kommen mit einem blauen Auge davon, die anderen haben volle Auftragsbücher und jede Menge zu tun, dritte wiederum müssen die Geschäfte ruhen lassen. „Das Bild in der Corona-Krise ist bei den Firmen nicht einheitlich“, berichtet Matthias Schwalbach, Geschäftsführer bei der Handwerkskammer Trier. „Die meisten Handwerksbetriebe dürfen unter Einhaltung der Hygienevorschriften weiterarbeiten. Das gilt auch für die Friseure, die im Frühjahr noch unter den Lockdown gefallen sind: Sie dürfen arbeiten.“

Doch in anderen Bereichen sieht es schlechter aus. Kosmetikstudios müssen schließen, können aber die November-Hilfe in Anspruch nehmen. Dabei gibt es für diese Branche Ausnahmen vom Verbot: Hygienische Hand- und Fußpflege bleibt erlaubt.

Bei den rund 700 gemeldeten Kosmetikbetrieben kommt die restriktive Haltung nicht gut an, wie die Kammer berichtet. „Warum dürfen Friseure öffnen und wir nicht? Und warum dürfen Kosmetikstudios im benachbarten Saarland weiterarbeiten und wir nicht? Solche Fragen stellen uns die Betroffenen“, erklärt HWK-Mitarbeiterin Elfriede Wagner.

Über eine eigens eingerichtete Hotline (0651/207-171) bekommen die rund 7000 Handwerksbetriebe in der Region Hilfe von den HWK-Experten angeboten, manchmal ist es aber auch nur moralische Unterstützung. Matthias Schwalbach erklärt: „Ein zur Zeit noch ungelöstes Problem betrifft Handwerker, die große Umsatzeinbußen hinnehmen müssen, ohne dass sie im Sinne der Richtlinien zu den Kategorien „Direkt Betroffene“, „Indirekt Betroffene“ oder „Über Dritte Betroffene“ zählen. So haben zum Beispiel Fotografen, Gebäudereiniger, Gold- und Silberschmiede oder Brauereien zum Teil erhebliche Umsatzeinbußen zu beklagen, meistens aber ohne Chance auf die November-Hilfe.“

Zum Beispiel ein Fotograf, der einen Teil seiner Aufträge aus Messen oder Veranstaltungen bezieht, gleichzeitig aber auch für Privatpersonen arbeitet. Damit fällt er häufig durch das Sicherungsnetz. „Er müsste nachweisen, dass er 80 Prozent Ausfall gegenüber November 2019 hat. Ist das nicht der Fall, kann er keine November-Hilfen beantragen“, so der Experte. Immerhin 250 Fotografen aus der Region fallen dadurch in der Regel durch das Förderungsraster. Ähnlich sei es bei Reinigungsfirmen: 60 Prozent Umsatz in Hotels, 40 Prozent in Privathaushalten, dann kann es keine November-Hilfe geben.

Elfriede Wagner: „Auch sonst ist es für einige Branchen sehr schwer, an Hilfen zu kommen.“ Ein letzter Rettungsanker ist dann häufig der sogenannte Schnellkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Auch hier berät die Handwerkskammer zu den Hilfsmaßnahmen kostenlos ihre Mitgliedsbetriebe an der angegebenen Hotline. Schwalbach: „Hier können sich auch Betriebe melden, die nach bisherigem Stand keine Unterstützung erhalten. Wir leiten diese konkreten Fälle der Politik zu. So sollen Ungerechtigkeiten und Lücken bei den staatlichen Hilfen beseitigt werden.“

Erfreut sind die Verantwortlichen bei der HWK, dass Bäcker, Konditoren und Fleischer, die zudem einen Imbiss oder ein Café betreiben, speziell für den Imbiss beziehungsweise das Café die November-Hilfe beantragen können (der TV berichtete). „Die Hilfen des Bundes werden von uns durchaus anerkannt und sind viel besser als in vielen anderen Ländern“, lobt der HWK-Geschäftsführer. Doch das helfe dem, der durch das Raster falle, leider nicht.

Schwere Zeiten für Fotografen: Keine Messen und Veranstaltungen, so gut wie keine Hochzeiten und Feiern.

Schwere Zeiten für Fotografen: Keine Messen und Veranstaltungen, so gut wie keine Hochzeiten und Feiern.

Foto: picture-alliance/ dpa-tmn/Jens_Schierenbeck

Und auch dort, wo der Einfluss der Pandemie nicht offensichtlich ist, trifft es Unternehmen. „Die Baubranche beklagt, dass häufiger Mitarbeiter in Quarantäne müssen und dann fehlen“, erklärt Wagner. Und was den Nachwuchs angeht, leidet das Handwerk auch im Corona-Jahr. Die Zahl der neuen Ausbildungsverträge ist zum Vorjahr um rund sechs Prozent gesunken. „Dabei suchen die Betriebe händeringend nach Nachwuchs. Und in vielen Berufen sind auch jetzt Pratika möglich, um sich ein Bild zu machen“, wirbt Matthias Schwalbach bei der Jugend. „Das Handwerk steht auch in Krisenzeiten für Stabilität und beste Zukunftsperspektiven.“

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