Hilfe für Schulabbrecher

Berlin/Trier · Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) will mit dem Einsatz von 3200 Sozialarbeitern vorzeitige Hauptschulabbrüche eindämmen und lerngefährdete Jugendliche in eine Lehre vermitteln. In der Region Trier wird ihr Vorstoß skeptisch zur Kenntnis genommen.

Bei der Vorstellung des Berufsbildungsberichts 2010 hat Bundesministern Schavan ein trauriges Bild der Situation vorgestellt: Bis zu 80 000 junge Menschen pro Jahr verlassen ihre Schule ohne Hauptschulabschluss. Jeder fünfte Ausbildungsvertrag wird vorzeitig gelöst. Die Zahl der neuen Ausbildungsverträge ist laut Bericht im vergangenem Jahr um 8,2 Prozent zurückgegangen - und zwar auf 566 000. Auch in diesem Jahr wird infolge der Krise ein weiterer Rückgang um rund 20 000 Verträge erwartet. Ein Hilfsprogramm, vom Bundeskabinett genehmigt, soll Abhilfe schaffen. Rund 775 Millionen Euro stellt der Bund zur Verfügung, damit betroffene Schüler von der siebten Klasse an durch Bildungslotsen begleitet werden. Die Betreuer - darunter auch 1000 ehrenamtliche "Senior-Experten" - sollen die Jugendlichen beim Schulabschluss begleiten, Kontakte zu Unternehmen aufbauen und erste Praxiserfahrungen in Ausbildungsstätten der Kammern vermitteln. Gezielt will man sich auch um Jugendliche mit Migrationshintergrund kümmern.

Marcus Kleefisch, zuständiger Geschäftsführer bei der Industrie- und Handelskammer Trier, würde sich eher andere Lösungen wünschen. "Wir brauchen für jede Schule, auch für Gymnasien, einen Berufswahlbegleiter, um den Jugendlichen den Weg ins Berufsleben zu ebnen", sagt der Experte. Mit Blick auf die Region ist die Ausbildungsplatz-Situation deutlich anders als im Bundesdurchschnitt. Die Zahl der Ausbildungsabbrecher liege bei den rund 28 000 IHK-Mitgliedsbetrieben bei etwa sechs Prozent, im Bund bei 20 Prozent. Die Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverträge sei auch in der Region 2009 um fünf Prozent zurückgegangen. "Doch hier zeigt sich der demografische Wandel, die Chancen auf einen Ausbildungsplatz sind sehr gut", sagt Kleefisch. Ebenso wie die IHK sieht auch die Handwerkskammer Trier vor allem in der frühen Berufsorientierung den Schlüssel zum Erfolg.

Meinung

Richtiger Weg

Deutschland hat ein großes Problem: Es gibt zu wenig gut ausgebildeten Nachwuchs. Der demografische Wandel wird zur großen Herausforderung unserer Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund kann sich es Deutschland nicht leisten, dass von den wenigen Jugendlichen auch noch viele schlecht ausgebildet sind. Der Ansatz von Schavan ist deshalb gut. Besser wäre er, wenn er aber nicht nach dem Gießkannenprinzip über die Lande zieht. Die Region Trier braucht andere Angebote als Berlin-Kreuzberg. h.waschbuesch@volksfreund.de

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