Hilfsprojekte in Existenznöten

Trier · In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit waren Beschäftigungsgesellschaften ein bei der Politik beliebtes Instrument, um die Statistiken freundlicher zu gestalten. Nun sollen öffentlich geförderte Jobs massiv zurückgefahren werden - auch wenn für viele Betroffene eine reale Perspektive fehlt.

Wer wissen will, wo es in der Region Trier Altenheime gibt, welche Beratungsinstitutionen für Familien zur Verfügung stehen, wo man ein Frauenhaus, eine Schuldnerberatung oder eine spezielle Schule findet, der ist bei "Fennek" gut aufgehoben. Der kleine Verein erstellt im Auftrag der Stadt einen "Beratungs-Führer" mit mehr als 1000 Kontakten.

Gravierende Kürzungen beim Trierer Bürgerservice



Die entsprechenden, aufwendigen Arbeiten leisten 20 "Ein-Euro-Jobber", die sich dabei gleichzeitig für Büro- und Computerarbeit qualifizieren. Weil nächstes Jahr deutlich weniger Plätze genehmigt werden, fehlen fast 35 000 Euro Zuschüsse. Geschäftsführerin Astrid Sehmer wird eine Mitarbeiterstelle streichen und die anderen kürzen müssen. Und sie wird weniger Kapazitäten zur Verfügung haben, "um unsere ehemaligen Teilnehmer bei Bewerbungen zu unterstützen".

Kleinere Träger wie "Fennek" oder die Trierer "Netzwerkstatt" kommen durch die kurzfristigen Kürzungspläne in existenzielle Nöte. Aber auch die "Großen" geraten durch die Kürzungen bei der Beschäftigungsförderung mächtig ins Trudeln. So wie der Trierer Branchen-Riese Bürgerservice, kurz "Büs". Dessen Mitarbeiter sind in der ganzen Region unterwegs, räumen Eifel-Wälder auf, halten Grünflächen in Ordnung, verleihen Fahrräder, erledigen Arbeiten für das Rote Kreuz, Kinderkrippen und gemeinnützige Organisationen. Mit den Zuschüssen, etwa für die Ein-Euro-Jobs, finanziert der Büs Handwerksmeister, Sozialarbeiter, Berater, die sich darum bemühen, die Teilnehmer der Maßnahmen fitzumachen für den Arbeitsmarkt.

Aber 35 von ihnen werden wohl 2011 selbst auf Arbeitssuche gehen müssen, wenn die Zuschüsse allein im Bereich der Stadt Trier von 1,1 Millionen Euro in diesem Jahr auf 400 000 im kommenden schrumpfen.

Massive Kahlschläge befürchten auch die Caritas und der Palais e.V., vor allem im Bereich der Stadtteil- und Jugendarbeit. Sogar das Caritas-Musterprojekt "Job-inWest" in Trier-West ist gefährdet.

Dort ist es gelungen, mehr als ein Drittel der beteiligten jungen Arbeitslosen zwischen 17 und 30 Jahren wieder in reguläre Jobs zu vermitteln - eine beachtliche Quote.

Nun soll die monatliche Pauschale für den Träger um 27 Prozent gekürzt werden. "Das gefährdet insgesamt die Umsetzung des Projekts", heißt es bei dem katholischen Träger. Beim Palais e.V. steht ein Qualifizierungsprojekt für besonders benachteiligte Jugendliche auf der Kippe.

Instrument ist ausgereizt



Marita Wallrich von der zuständigen Arbeitsgemeinschaft der Arbeitsagentur und der Kommunen (Arge), die die Stellen und Gelder verteilt, kann den Frust verstehen, der sich breitmacht. "Wir wissen, dass es die Träger hart trifft", räumt sie ein. Es gebe "durchaus Projekte mit einer guten Aktivierungsquote".

Will heißen: Stellenweise hat das Fitmachen für den Arbeitsmarkt ganz gut funktioniert. Und trotzdem: "Das Instrument der Ein-Euro-Jobs ist ausgereizt", sagt Wallrich-Kollege Rainer Drautzburg. Die Träger müssten sich "umorientieren".

Man habe die geringen eigenen Spielräume genutzt, um den Übergang abzufedern, lässt die Arge durchblicken. Nach dem Willen der Politik sollen die Mittel ab 2012 angesichts der wachsenden Wirtschaft wohl weiter reduziert werden.

"Eine Fehlentwicklung" nennt das die Trierer Sozialdezernentin Angelika Birk. Gerade Langzeitarbeitlose, das sei vielfach belegt, profitierten nicht von der florierenden Konjunktur. Deshalb sei eine aktive Arbeitsmarktförderung "weiter absolut notwendig". Dass dabei Ein-Euro-Jobs nicht der Weisheit letzter Schluss sind, daran lässt auch Birk keinen Zweifel. Sie seien "meist kein Einstieg in den Arbeitsmarkt".

Was sie an der Bundesregierung allerdings scharf kritisiert, ist, "dass die frei werdenden Mittel nicht für sinnvolle Maßnahmen eingesetzt, sondern einfach weggekürzt werden". Opfer seien dabei die Beschäftigungsträger. Dass die langjährigen Kooperationspartner dadurch selbst in Existenzsorgen geraten, sei, so Birk, "wirklich bitter".

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