Hochsensibler Auftrag

Trier · In Herford entsteht zurzeit einer der aktuell größten deutschen Synagogen-Neubauten. Die Fenster dafür hat das Trierer Unternehmen Glaskunst Kaschenbach gestaltet. Eine sensible Aufgabe, die Fingerspitzengefühl und Fachkompetenz zugleich erfordert.

 Glasermeisterin Jennifer Petry legt letzte Hand an, bevor die künstlerisch gestalteten Synagogen-Fenster zur Weiterbearbeitung abgeholt werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Glasermeisterin Jennifer Petry legt letzte Hand an, bevor die künstlerisch gestalteten Synagogen-Fenster zur Weiterbearbeitung abgeholt werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. "Wir wussten gleich: Das ist kein Auftrag wie jeder andere". Peter und Johannes Kaschenbach ist ein gewisser Stolz über die Order aus Nordrhein-Westfalen anzumerken. Zumal die künstlerische Gestaltung der Fenster in dem künftigen jüdischen Gotteshaus nicht als Ausschreibung vergeben wurde. Es war der gute Ruf des Trie rer Unternehmens in der Fachszene, aus dem der entscheidende Kontakt resultierte.

Sieben Jahrzehnte nach den Verwüstungen der Reichs-Pogromnacht entstehen immer mehr Synagogen in Deutschland neu. Mainz, München, Potsdam sind bundesweit als Großprojekte bekannt. Aber auch die jüdische Gemeinde Herford/Detmold hat 2008 damit begonnen, ihr 1938 von den Nazis zerstörtes Gemeindezentrum neu aufzubauen. Vorbild ist dabei der alte, neogotische Bau, der um 1900 entstand.

Dazu gehören auch rund 100 Quadratmeter Bleiverglasung, auf denen Symbole für Millionen menschlicher Tränen abgebildet werden sollten. Kaschenbach-Werkstattleiter Gerd Haupenthal und Architekt Paul Dahlmeier erarbeiteten eine Vielzahl von Entwürfen, die der Gemeinde vorgelegt wurden. Ein heikler Job, waren doch theologische Grundsatzfragen bei der Gestaltung zu berücksichtigen.

Und das war nicht das einzige ungewöhnliche Problem. Die Fenster sollten schusssicher und säurefest sein - auch das eine traurige Reminiszenz an die deutsche Geschichte. "Da gibt es immer noch Ängste", sagt Peter Kaschenbach mit Blick auf ein paar Unbelehrbare, für die Synagogen nach wie vor ein Hassobjekt darstellen.

Kunstfenster werden in Panzerglas eingegossen



In ganz Rheinland-Pfalz war freilich kein Fachbetrieb zu finden, der entsprechendes Panzerglas anbieten konnte. Nun wandern die in Trier bearbeiteten und gestalteten Glasflächen zunächst nach Baden-Württemberg, wo sie in Sicherheitsglas eingegossen werden. Von da aus geht es nach Herford, wo der Rohbau inzwischen steht und bis zur Einweihung im Frühjahr 2010 das komplette Gebäude fertig sein soll.

Rein zahlenmäßig sind die Synagogen-Fenster ein "kleiner Fisch" bei den Kaschenbachs. Rund 50 000 Euro bringt die Gestaltung ein. Aber fürs Renommee des 60-Mitarbeiter-Betriebes sind solche Aufträge wichtig. So wie jene "Zufallsgeschichte" (Johannes Kaschenbach) vor 20 Jahren in Österreich, als aus einem Einzel-Job ein Geschäftskontakt entstand, der bis heute funktioniert. Wie beim aktuellen Großauftrag für die Fenstergestaltung im Landeskrankenhaus Klagenfurt.

Bundesweit gibt es nur ein gutes Dutzend vergleichbarer Glaskunst-Anbieter - darunter mit der Firma Binsfeld ein weiterer aus Trier. Trotzdem ist der Markt umkämpft. Da kommt es ganz gelegen, wenn derzeit in Luxemburg eine regelrechte "Restaurierungs-Welle" bei Kirchen eingesetzt hat, die sich beispielsweise in einem sechsstelligen Auftragsvolumen für die Abtei Clairvaux niederschlägt. Das ist die "Kür" für die Glasgestalter, die an der Nahtstelle von Kunst und Handwerk arbeiten. Daneben gibt es das einträgliche Alltags-Geschäft mit weltweiten Groß-Lieferungen von Fenstern, zum Beispiel für die Türen-Produktion. Aber auch da gilt die Devise der Firmen-Chefs: Jedes Stück wird handgemacht.

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