Hoffen auf frischen Wind auf dem Findel

LUXEMBURG. Damit gerechnet hat jeder, trotzdem kam der Rücktritt von Luxair-Chef Heinzmann gestern überraschend. Die Ermittlungen gegen ihn in Zusammenhang mit dem Fokker-Absturz und die angespannte wirtschaftliche Lage der Fluggesellschaft führten dazu, dass er nicht mehr haltbar war.

Auf den Fluren der Luxair-Verwaltung auf dem alten Flughafen Findel wurde es schon länger gemunkelt: "Der Chef hält sich nicht mehr lange." Es sei nur eine Frage der Zeit. Trotzdem hat der unfreiwillige Rücktritt des 51-jährigen Belgiers Christoph Heinzmann gestern einige überrascht. Selbst in den Chefetagen wusste man davon nichts. Seit dem Absturz einer Fokker 50 im November 2002 stand Heinzmann, der die Gesellschaft seit 2001 führte, massiv in der Kritik. Nachdem der Abschlussbericht ein Jahr später schonungslos offen gelegt hat, dass für das Unglück, bei dem 22 Menschen starben, Pilotenfehler und Sicherheitsmängel verantwortlich waren, machte der Manager alleine die Flugkapitäne seiner Flotte dafür verantwortlich. Eigenmächtig entließ er neben dem Unglückspiloten gleich noch sechs weitere führende Sicherheitsleute. Und fiel damit auf die Nase. Die Gerichte entschieden: Die Entlassungen waren rechtswidrig. Die Spannung zwischen Heinzmann und den Piloten eskalierte vergangenes Jahr, als er einseitig den Tarifvertrag kündigte. Ein angedrohter Piloten-Streik im April konnte in letzter Minute noch von Ministerpräsident Jean-Claude Juncker abgewendet werden. Seit langem werfen Gewerkschaften Heinzmann einen patriarchalischen Führungsstil vor. "Der Dialog mit ihm war sehr einseitig", umschreibt Joé Spier vom Luxemburgischen Gewerkschaftsbund, das seit Jahren angespannte Verhältnis zum Luxair-Chef. Auch Transportminister Lucien Lux hoffte gestern, dass durch den Abgang Heinzmanns der Dialog zwischen Chefetage und Belegschaft wieder besser werde. Bis zur Veröffentlichung des Abschlussberichts über die Absturzursache genoss Heinzmann das Vertrauen des damaligen liberalen Transportministers Henri Grethen. Nachdem der Luxair-Chef jedoch jede Verantwortung für das Unglück von sich wies und nicht zu grundlegenden Änderungen in der Unternehmens- und Sicherheitsstruktur bereit war, zog Grethen seine schützende Hand zurück. Der freie Fall von Heinzmann begann. Als dann im Juni vergangenen Jahres noch ein Ermittlungsverfahren wegen des Absturzes gegen ihn eröffnet wurde, war klar, dass er sich nicht mehr lange halten würde. Zwar schaffte er es mit einer juristischen Finte (Befangenheitsantrag gegen den Richter), den Prozess in die Länge zu ziehen, doch genutzt hat es ihm nichts. Das Fass endgültig zum Überlaufen brachte dann wohl die kürzlich bekannt gewordenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die wohl größer sind, als bisher angenommen. Heinzmann wurde damit für die Aktionäre endgültig untragbar. Der Verwaltungsrat zog diese Woche die Notbremse. "Es war wohl alles zusammen, was zum Sturz von Heinzmann geführt hat", hieß es gestern auf den Chefetagen von Luxair. Zwar habe er verkündet: "Ich höre auf." Doch an einen freiwilligen Rückzug des ehrgeizigen Managers glaubt bei Luxair keiner. Man hofft nun, dass mit dem "Neuen", Adrien Ney, einem ausgewiesenen Finanzexperten, auch ein frischer Wind auf den Findel einkehrt. Während Heinzmann zuvor Chef der belgischen Regional-Fluglinie VLM war, ist der Luxemburger Ney absolut branchenfremd. Doch Kritiker sehen darin keinen Nachteil. "Schlimmer kann es nicht mehr kommen", meinte ein Luxair-Mitarbeiter gestern.

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