Hotelprofit durch Steuerermäßigung

Berlin · Trotz der seit Januar 2010 geltenden Steuerermäßigung auf Hotelübernachtungen haben die Zimmerpreise im Vorjahr um 1,2 Prozent zugelegt.

Berlin. Ein Zimmer ohne Frühstück kostete 2010 im Schnitt 96,30 Euro pro Nacht und damit gut einen Euro mehr als noch im Jahr 2009. Ohne die fiskalische Entlastung hätten die Gäste allerdings "dramatisch" tiefer in die Tasche greifen müssen, versicherte der Vorsitzende des Hotelverbandes Deutschland, Fritz Dreesen, gestern in Berlin.

Mehr Nachfrage, höhere Preise



Sie war eine der ersten politischen Maßnahmen von Schwarz-Gelb und ist bis heute stark umstritten: die Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels und Pensionen von 19 auf sieben Prozent. Was viele als überflüssiges Geschenk für das Beherbergungsgewerbe kritisieren, hält Dreesen für eine lupenreine Erfolgsgeschichte. Die Branche habe den Regierungsbeschluss nie als "Preissenkungsgesetz" verstanden, sondern als "wirkungsvolles Konjunkturprogramm".

Laut Hotelverband gaben die Unternehmen im Vorjahr rund 860 Millionen Euro für Neuanschaffungen, Renovierung und Modernisierung aus.

Darüber hinaus habe jeder dritte Betrieb seine Preise um durchschnittlich 6,5 Prozent gesenkt. Dass es unter dem Strich trotzdem zu einer leichten Verteuerung der Übernachtungspreise kam, führte Dreesen auf die angezogene Nachfrage im zweiten Halbjahr 2010 zurück. Tatsächlich ist die Branche so etwas wie ein Spiegelbild der deutschen Gesamtwirtschaft, in der es nach den dramatischen Einbrüchen durch die internationale Finanzkrise wieder rasant aufwärts ging. 2009 verzeichneten die Hotels und Pensionen noch ein Umsatzminus von einer Milliarde Euro. Im Jahr darauf war die Delle bereits wieder geglättet.

Die durchschnittliche Zimmerauslastung lag bei gut 63 Prozent. Das waren fast sechs Prozent mehr als 2009. Ab einer Auslastung von etwa 60 Prozent rechnen sich die Herbergen für ihre Besitzer.

Dabei bewegen sich die deutschen Übernachtungskosten leicht unter dem gesamteuropäischen Niveau. Dort liegt der Zimmerpreis bei etwa 99 Euro für eine Übernachtung. Damit sind die Preise im Vorjahr allerdings fast dreimal so stark gestiegen wie in Deutschland. Für diesen Standortvorteil führte Dreesen ebenfalls die Steuermäßigung ins Feld: "Das für den Gast wichtige Preis-Leistungs-Verhältnis konnte insbesondere durch den ausgelösten Investitionsschub verbessert werden. Und das schlägt sich auch in den Übernachtungszahlen nieder."

Die erneut aufgeflammte Debatte über Sinn und Unsinn des Steuernachlasses ist nach Ansicht des Hotelverbands Gift für die Branche. Im Zuge einer möglichen Reform der ermäßigten Sätze hatte die FDP-Spitze deutlich gemacht, dass sie nicht unbedingt an der Ersparnis für Hoteliers festhalten will. Auch ein Forschungsgutachten der Universität des Saarlandes im Auftrag des Bundesfinanzministeriums kam zu dem Schluss, dass eine Rechtfertigung für die Ermäßigung "nicht ansatzweise ersichtlich" sei. Ein vom Hotelverband beauftragter Gutachter der österreichischen Universität Linz kommt dagegen zu anderen Schlüssen: Demnach winken neben zusätzlichen Umsätzen und Steuereinnahmen auch positive Effekte bei der Beschäftigung.

PHäNOMEN MEHRWERTSTEUER



Der reduzierte Mehrwertsteuersatz wurde 1968 eingeführt. Es geht um subventionierte Produkte, die dem Gemeinwohl dienen - Lebensmittel, Bücher oder Zeitungen, aber auch Leistungen im öffentlichen Nahverkehr oder Kulturangebote. Seltsame Vergünstigungen gibt es reichlich: ermäßigter Satz für Hausschweine, normaler Satz für Wildschweine - und Flusspferde; sieben Prozent für Kartoffeln aller Art, 19 Prozent für Süßkartoffeln; ermäßigter Satz für Tomatenmark und -saft, Normalsatz für Tomatenketchup und -soße. Oder: Pilze und Trüffel, ohne Essig haltbar gemacht: ermäßigt; Pilze und Trüffel, mit Essig haltbar gemacht: normaler Satz. Ein auch von Gerichten behandeltes Beispiel: Betreiber eines Fast-Food-Restaurants müssen genau auseinanderhalten, ob Kunden die Currywurst dort essen oder sie verpacken lassen. Im ersten Fall sind 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig, im zweiten sieben Prozent. wie

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