Im Gemeinschaftsauto zur Hochschule

Trier · Einfach, flexibel und innovativ: "Flinkster Campus" heißt das neue deutschlandweite Pilotprojekt der Deutschen Bahn im Rahmen ihrer Carsharing-Offensive, das am Mittwoch gestartet ist. Entwickelt haben es zwei Studenten der Trierer Fachhochschule.

 Freuen sich auf den Startschuss zum neuen Projekt „Flinkster Campus“: David Lauer, Rolf Lübke, DB Fuhrpark-Geschäftsführer, Professor Tom Wirt vom FH-Fachbereich Gestaltung und Frederic Kokott (von links). TV-Foto: Christian Steinbrecht

Freuen sich auf den Startschuss zum neuen Projekt „Flinkster Campus“: David Lauer, Rolf Lübke, DB Fuhrpark-Geschäftsführer, Professor Tom Wirt vom FH-Fachbereich Gestaltung und Frederic Kokott (von links). TV-Foto: Christian Steinbrecht

Trier. Mal schnell von der Stadt an den Fachhochschul-Campus; von dort ins Schwimmbad und am nächsten Tag zur Exkursion an den FH-Standort Birkenfeld. Wer als Student mobil sein will, aber kein eigenes Auto hat, guckt schnell in die Röhre. Denn öffentliche Verkehrsmittel sind häufig nicht ausreichend und wenig flexibel, ein eigenes Auto oft zu teuer.
Mit ihrem deutschlandweit einmaligen Projekt zu mehr Mobilität unter Studierenden haben David Lauer und Frederic Kokott die Deutsche Bahn überzeugt: Ergänzend zum Carsharing-Programm "Flinkster" des Unternehmens haben die beiden Trierer Studenten des Studiengangs Intermedia Design, Fachbereich Gestaltung, der Fachhochschule Trier ein eigenes Campus-Produkt speziell für ihre Kommilitonen entwickelt und für die Bahn und ihre Tochter DB Rent umgesetzt.
Projekt wie ein Sechser im Lotto


"Das war wie ein Sechser im Lotto", freut sich Frederic Kokott. "Etwas mit anderen zu teilen, gehört zum Zeitgeist junger Leute. Und der Mobilitätsgedanke ist aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken." Daraus ein Projekt und ein Produkt getreu den eigenen Ideen machen zu können, sei "super" gewesen, sagt der 28-Jährige. Für seinen Kommilitonen und Cousin David Lauer war der Einblick in die Geschäftsprozesse der Deutschen Bahn besonders beeindruckend. "Das ist eine tolle Chance und große Herausforderung zugleich", sagt der 27-Jährige.
Denn von nun an können rund 6100 Studenten der FH Trier den neuen Carsharing-Service "Flinkster Campus" nutzen. Dazu benötigt es nur ein paar Klicks übers Internet und eine Applikation fürs Smartphone, Lauer und Kokott stellen als "Campuskapitäne" das Führerscheinsiegel aus - und los geht die Fahrt, vom FH-Campus Schneidershof, vom Standort am Irminenfreihof und vom Campus Birkenfeld aus. Dazu gibt es, dank einer Kooperation mit dem Autobauer Opel, insgesamt vier Fahrzeuge an den drei Standorten - von der Kleinklasse für den Diskobesuch über den Transporter für den Umzug bis zum neuen Elektroauto-Modell Ampera, Elektrotankstelle inklusive.
Alles läuft über das Handy


Die Reservierung und Buchung erfolgt übers Handy, Gebühren fallen nicht an, abgerechnet wird nach Stundentarif, der gleich bei der Buchung mit angezeigt wird. Und damit\'s noch billiger für alle wird, kann der "Flinkster Campus"-Nutzer per Handy und sozialen Netzwerken eine Mitfahrgelegenheit ausschreiben.
"Für die aktuelle Studierendengeneration ist das Smartphone wichtiger als ein Auto. Je jünger die Leute, desto ungeduldiger sind sie und desto schneller müssen Verfügbarkeit, Mobilität und Vernetzung funktionieren", sagt Professor Tom Hirt vom Fachbereich Gestaltung. Dem trage "Flinkster Campus" nun Rechnung.
Für FH-Vizepräsident Professor Axel Kihm folglich ein "gutes und zukunftsweisendes Projekt, wie Wissenschaft und Praxis im Dienst von Zeitgeist und ökologischen wie finanziellen Ressourcen zusammenspielen".
Das passt auch in die Geschäftspolitik der Deutschen Bahn, die ihr Carsharing-Programm ausweiten will (siehe Extra). "Die Leute sind nicht mehr auto-affin, aber mobiler. Mit diesem Projekt betreten wir Neuland, und wir sind sicher, dass es ein Erfolg wird", sagt DB Fuhrpark-Geschäftsführer Rolf Lübke. So geht er davon aus, dass noch in diesem Jahr drei weitere Hochschulen mit an das Projekt angebunden werden können.Extra

Beim Carsharing - dem Gemeinschaftsauto oder wörtlich Autoteilen - schließen Fahrer mit einem Anbieter einen Vertrag für die kurzfristige Nutzung von meist kleineren Wagen. Der Fahrer muss eine Kaution und eine monatliche Gebühr zahlen sowie einen Mietpreis für die Nutzung eines Autos. Die Fahrzeuge sind auf fest angemieteten Parkplätzen über eine Stadt verteilt. Die Standorte befinden sich häufig bei Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs wie Bahnhöfen oder Endstationen von Buslinien. Die vorab reservierten Fahrzeuge werden meist benutzt, um abgelegenere Ziele zu erreichen. Im Unterschied zur Autovermietung ist die Fahrzeugnutzung auch für kurze Zeit möglich. Das Autoteilen erfreut sich dem Bundesverband CarSharing zufolge wachsender Beliebtheit. Anfang dieses Jahres waren 220 000 Teilnehmer bundesweit registriert, 30 000 mehr als 2011. Weitere 42 000 Fahrer würden CarSharing-ähnliche Angebote von Autoherstellern und Vermietern nutzen. Nach Verbandsangaben gibt es in 309 Kommunen 2700 klassische CarSharing-Stationen. Dort stünden für Kunden 5600 Wagen bereit. sasExtra

Die Deutsche Bahn will ihr Carsharing-Angebot erweitern und strebt eine breite Allianz sowohl mit Autoherstellern als auch mit Autohändlern an. Das Magazin Wirtschaftswoche hatte berichtet, die Bahn verhandle mit BMW und Daimler sowie Händlern verschiedener Automarken wie Opel, Peugeot, Ford und Citroën über eine Ausdehnung ihres Carsharing-Angebotes und gegenseitige Öffnung der Carsharing-Systeme. Zurzeit erreicht die Bahn nach eigenen Angaben mit ihrem Angebot bundesweit 190 000 Kunden mit 2500 Fahrzeugen. Sie ist damit Marktführer. Dabei will die Bahn den Händlern über eine Lizenz ermöglichen, Autos aus deren Fuhrpark unter deren Namen über das Bahn-Carsharing-System anzubieten. Mit dieser Ausdehnung würde die Bahn eine Lücke in ihrem bisherigen Angebot schließen. Denn bisher fehlt ein flächendeckendes Stationsnetz innerhalb von Städten und auf dem Land. Laut Wirtschaftswoche will die Bahn bis 2014 die Zahl der Fahrzeuge verdoppeln. Allein in diesem Jahr sollen dem Bericht zufolge rund 500 Wagen hinzukommen. dpa/sas

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