Immer mehr Rentner müssen mit dem Finanzamt abrechnen (TV-Serie Teil 5)

Nervige Chefs und Kollegen gehörten früher mit dem Eintritt in den Ruhestand der Vergangenheit an, ebenso die alljährliche Abrechnung mit dem Finanzamt. Der letzte Punkt hat sich jedoch für Millionen Rentner in den vergangenen Jahren geändert. Grund dafür ist das neue Alterseinkünftegesetz aus dem Jahr 2004.

Heute in unserer Serie

Dieses sieht vor, dass der steuerpflichtige Anteil der gesetzlichen Rente von Rentnerjahrgang zu Rentnerjahrgang steigt. Wer 2005 bereits im Ruhestand war, muss 50 Prozent seiner Rente versteuern, für Neurentner des Jahres 2013 liegt der steuerpflichtige Anteil bei 66 Prozent.

In den kommenden Jahren steigt nicht nur der steuerpflichtige Anteil der gesetzlichen Rente. Auch Steuervergünstigungen für Pensionen und für andere Einkünfte wie beispielsweise Mieteinnahmen werden in den folgenden Jahren sukzessive abgeschmolzen. "Die Regelung führt dazu, dass immer mehr Ruheständler Steuern zahlen müssen", sagt Alwin Kort vom Steuerberaterverband Rheinland-Pfalz.

In den vergangenen Jahren hat der Staat ein engmaschiges Kontrollnetz gesponnen. Dem Finanzamt entgeht de facto nichts mehr. So melden die gesetzliche Rentenversicherung, Versorgungswerke und Versicherer der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA), welche Rentenzahlungen in welcher Höhe geflossen sind. Ruheständler tragen ihre Bezüge in die "Anlage R" ein.

Besteuerungsanteil

In die Zeilen 4-13 der "Anlage R" gehören Leibrenten, die mit dem so genannten Besteuerungsanteil verteuert werden. In diese Rubrik fallen Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus Rürup-Renten und berufsständischen Versorgungswerken. Bei diesen Zahlungen entscheidet das Jahr des Renteneintritts darüber, wie hoch der Besteuerungsanteil ausfällt. Neurentner des Jahres 2013 müssen 66 Prozent dieser Bezüge steuerlich veranschlagen. Rentnerjahrgänge ab 2040 versteuern ihre komplette Rente.

Ein Beispiel: Herr Müller geht im September 2013 in Rente. Er bezieht 1000 Euro gesetzliche Rente. Davon sind 66 Prozent, also 660 Euro, steuerpflichtig. Den steuerfreien Rentenbetrag schreiben die Behörden zeitlebens fest. Rentenerhöhungen wandern in den steuerpflichtigen Topf. "Die Rentenerhöhungen können daher letztendlich dazu führen, dass Rentner irgendwann doch Steuern zahlen müssen", sagt Josef Ludwig, Vizepräsident der Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz.

Für Selbstständige wie Ärzte, Steuerberater oder Apotheker, die Auszahlungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen erhalten, gibt es eine Öffnungsklausel (Zeilen 11-13). Bedingung: Sie müssen vor dem Jahr 2005 mindestens zehn Jahre Beiträge in die Versorgungseinrichtung oder die gesetzliche Rente eingezahlt haben, die über dem Jahreshöchstbetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung lagen. In diesem Fall können Steuerzahler beantragen, dass die Auszahlungen mit dem günstigeren Ertragsanteil versteuert werden. "Den Nachweis über Höhe und Dauer Ihrer Einzahlungen müssen Sie beim Versorgungsträger anfordern und mit der Steuererklärung einreichen", sagt Steuerberater Christian Rech von Rech Wagner & Co.

Ertragsanteil

In die Zeilen 14 bis 20 gehören Renten, die im Alter mit dem günstigen Ertragsanteil versteuert werden. Das sind Renten aus privaten Rentenversicherungen oder betrieblichen Pensionskassen oder Direktversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen und deren Beiträge pauschal versteuert wurden. Wer in diesem Fall bei seiner Direktversicherung eine Kapitalzahlung vereinbart, den Vertrag zwölf Jahre gehalten und mindestens fünf Jahre eingezahlt hat, kann das Geld steuerfrei einstreichen.

Entscheidend für die Höhe des Ertragsanteils ist das Alter, in dem der Steuerzahler die ersten Auszahlungen aus der Rente erhält. Dabei gilt die einfache Regel: Je älter bei der ersten Auszahlung, desto geringer der Ertragsanteil. Mit 60 oder 61 Jahren beträgt dieser 22, mit 66 Jahren 18 Prozent.

Eine Besonderheit gibt es für Renten, die nicht lebenslang, sondern lediglich über einen befristeten Zeitraum gezahlt werden wie beispielsweise Renten aus einer privaten Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Diese werden mit dem besonderen Ertragsanteil versteuert. Dessen Höhe richtet sich danach, wie lange die Rente gezahlt wird. "Je kürzer die Laufzeit der Rente ist, desto niedriger ist der Ertragsanteil", sagt Peter Kauth von Steuerrat24.de.

Betriebliche Altersversorgung

Auszahlungen aus Riester-Verträgen und der betrieblichen Altersversorgung - also aus Pensionsfonds, Pensionskassen und aus Direktversicherungen tragen Steuerzahler in die Zeilen 31 bis 49 ein. Beim Eintragen helfen die Leistungsmitteilungen der Anbieter. Denn in diesen ist in der Regel vermerkt, welche Beiträge Steuerzahler in welche Zeile eintragen müssen.

Versorgungsbezüge

Unter Versorgungsbezügen verstehen die Finanzämter Pensionen sowie sogenannte Betriebsrenten aufgrund einer Direktzusage oder aus einer Unterstützungskasse. Diese Auszahlungen tragen Steuerzahler in die "Anlage N" ein. Auf die Auszahlung gewähren die Beamten einen Versorgungsfreibetrag und einen Zuschlag zu diesem Versorgungsfreibetrag. Diese Vergünstigungen werden in den kommenden Jahren nach und nach reduziert. Wer 2013 erstmals eine Pension bezogen hat, erhält einen Versorgungsfreibetrag von 27,2 Prozent, maximal 2040 Euro. Hinzu kommen ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in Höhe von 612 Euro sowie ein Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 Euro. Summa summarum bleiben so Versorgungsbezüge bis zu 2754 Euro steuerfrei. Diesen Freibetrag schreiben die Beamten zeitlebens fest.Extra: Wer muss abrechnen?

Ruheständler müssen beim Finanzamt eine Steuererklärung einreichen, wenn ihr Gesamtbetrag der Einkünfte 8130 Euro (Alleinstehende) beziehungsweise 16.260 Euro (Verheiratete) übersteigt. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass sie Steuern zahlen müssen. Denn Rentner und Pensionäre haben die Möglichkeit, dem Finanzamt eine Reihe an Ausgaben in Rechnung zu stellen. Ein Obolus an das Finanzamt wird nur dann fällig, wenn nach Abzug der Aufwendungen das zu versteuernde Einkommen den Grundfreibetrag von 8130 Euro übersteigt.

Es gibt für Ruheständler jedoch noch einige Konstellationen, die sie zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichten. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn...

... das Finanzamt sie zur Abgabe einer Steuererklärung auffordert;

... sie neben ihrer Rente Arbeitslohn beziehen;

... sie beamtenrechtliche Pensionen oder Betriebsrenten vom ehemaligen Arbeitgeber aus einer Pensionszusage oder aus einer Unterstützungskasse beziehen;

... ein Ehepartner bereits im Ruhestand ist und der andere noch arbeitet;

... sie 2013 Einkünfte ohne Lohnsteuerabzug wie Kapital- oder Mieteinkünfte von mehr als 410 Euro erhalten haben;

... sie Lohnersatzleistungen wie Aufstockungsbeiträge nach dem Altersteilzeitgesetz oder Überbrückungsgeld erhalten haben. Einige Steuerzahler hatten vor der Gesetzesänderung 2005 von ihrem Finanzamt einen Brief erhalten, in dem ihnen bescheinigt wurde, dass sie künftig keine Steuererklärung mehr machen müssen.

Doch wenn aufgrund der neuen Regelung der Gesamtbetrag der Einkünfte 8130 Euro übersteigt, sind Steuerzahler zur Abrechnung verpflichtet - auch wenn ihnen das Finanzamt vor 2005 etwas anderes mitgeteilt hat (FG Rheinland-Pfalz vom 24.07.2013, 4 V 1322/13).
Extra: Pflegekosten verringern die Steuerlast

Auch wenn immer mehr Rentner eine Steuererklärung machen müssen: Das bedeutet nicht automatisch, dass sie auch Steuern zahlen müssen. Schließlich können sie das Finanzamt an einer Reihe von Kosten beteiligen und so ihr zu versteuerndes Einkommen reduzieren.

Mitunter fällt dann gar keine Steuer mehr an. Hier eine Auflistung:

Werbungskosten: Finanzbeamte berücksichtigen bei Ruheständlern automatisch einen Werbungskostenpauschbetrag von 102 Euro. Wer höhere Ausgaben in Bezug auf seine Renten und Pensionen hat, sollte diese einzeln auflisten.

Versicherungen: Ruheständler tragen ihre Ausgaben für die gesetzliche oder private Basiskrankenversicherung sowie weitere Versicherungen in die "Anlage Vorsorgeaufwand" ein. Die Finanzbeamten prüfen bis 2019, ob für Ruheständler die alte oder neue Regelung zur Absetzbarkeit von Versicherungen günstiger ist. Nach der alten Regelung können Ruheständler für das Jahr 2013 Versicherungsbeiträge bis zur Höhe von 4101 Euro (Alleinstehende) bzw. 8202 Euro (Verheiratete) steuerlich geltend machen. "Ruheständler sollten daher alle Versicherungsbeiträge in ihrer Steuererklärung auflisten", sagt Alwin Kort vom Steuerberaterverband Rheinland-Pfalz. Ausgaben für Sachversicherungen erkennen die Finanzämter jedoch nicht an (vgl. Teil 2).

Pflege: Steuerzahler können Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen verrechnen. Wird die Person im eigenen oder in deren Haushalt gepflegt, haben Pflegende einen Anspruch auf den Pflegepauschbetrag von 924 Euro. Bedingung ist jedoch, dass die Person in Pflegestufe III eingruppiert ist oder das Merkzeichen "H" im Behindertenausweis hat. "Wer eine pflegebedürftige Person betreut, kann den Pflege-Pauschbetrag steuerlich geltend machen, wenn er dafür keine Einnahmen erhält", sagt Peter Kauth von Steuerrat24.de. Der Pflegepauschbetrag gehört in die Kategorie der außergewöhnlichen Belastungen besonderer Art und reduziert die Steuerlast daher ab dem ersten Euro.

Alternativ können Sie die Kosten auch als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art verrechnen - sofern diese die Höhe des Pflegegelds übersteigen. Absetzbar sind nachgewiesene Ausgaben für die Pflege, nicht jedoch die eigene Pflegeleistung (BFH-Urteil vom 22.1.1992). Zudem müssen Steuerzahler beachten, dass sie zunächst die zumutbare Belastung aus eigener Tasche zahlen müssen, bevor sich der erste Cent steuermindernd auswirkt (s. Teil 2 der Serie).

Steuerzahler können die Pflegekosten jedoch auch als haushaltsnahe Dienstleistungen steuerlich geltend machen - und zwar unabhängig davon, in welche Pflegestufe die Person eingestuft ist. Die Finanzämter erkennen beispielsweise 20 Prozent der Ausgaben für mobile Pflegedienste bis 20.000 Euro an, also maximal 4000 Euro. Diese 4000 Euro ziehen die Finanzämter direkt von der Steuerschuld ab (mehr dazu in Teil 6). Extra: Nichtveranlagungsbescheinigung

Steuerzahler, die über geringe Einkünfte verfügen, können in einigen Fällen eine ichtveranlagungsbescheinigung beantragen. Das ist immer dann möglich, wenn Steuerzahler zum einen nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind. Und wenn die Einkünfte zum anderen die steuerlichen Freibeträge nicht überschreiten. Diese liegen etwa bei einem Alleinstehenden bei insgesamt 8967 Euro. Dabei berücksichtigen die Finanzämter den Grundfreibetrag (8130 Euro), den Sonderausgaben-Pauschbetrag (36 Euro) sowie den Sparerpauschbetrag (801 Euro).

Eine Nichtveranlagungs-Bescheinigung beantragen Steuerzahler bei ihrem Finanzamt beantragen. Die Bescheinigung legen sie bei ihren Kreditinstituten vor, die ihnen dann Zinsen, Dividenden und Kursgewinne ohne Abzug von Abgeltungsteuer auszahlen. Es lohnt sich jedoch nur, eine solche Bescheinigung zu beantragen, wenn Ihre Kapitalerträge den Sparerpauschbetrag von 801 Euro (Alleinstehende) bzw. 1602 Euro (Verheiratete) übersteigen.

Die NV-Bescheinigung gilt in der Regel drei Jahre. Treffen die Voraussetzungen für die NV-Bescheinigung nicht mehr zu, müssen Sie diese zurückgeben. Der Staat hat auch für diesen Fall Kontrollen eingebaut.
Seit 2013 melden Kreditinstitute dem Bundeszentralamt für Steuern auch Kapitalerträge, die aufgrund einer NV-Bescheinigung steuerfrei ausgezahlt wurden.

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