In der Landwirtschaft wird das Geld neu verteilt

München/Trier · Auf die deutschen Bauern kommen von 2014 an Kürzungen der EU-Agrarzuschüsse zu. Ein Grund: Kanzlerin Merkel hat in Brüssel eine Begrenzung der deutschen Nettozahlungen durchgesetzt. Die 16 Länder einigen sich quasi in letzter Sekunde über die künftige Verteilung. Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin sieht die Bauern im Land gestärkt.

München/Trier. Die 16 Bundesländer haben sich nach hartem Tauziehen auf die künftige Verteilung der EU-Milliardenzuschüsse für die Landwirtschaft geeinigt. Mehr Geld soll es künftig vor allem für kleinere und mittlere Bauern geben. Federn lassen müssen im Laufe der kommenden Jahre vor allem die größeren Betriebe in Ostdeutschland. Dennoch stimmten auch die fünf ostdeutschen Länder bei der Sonderkonferenz in München dem Kompromiss zu, so dass es am Ende ein einstimmiges Votum gab. Insgesamt ging es um die Verteilung von 6,2 Milliarden Euro im Jahr.
Die Resonanz in der Region ist verhalten. Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Leo Blum, sagte dem Volksfreund: "Wir können mit dem Kompromiss leben."
Der Verteilungskampf fiel besonders zäh aus, weil die EU-Agrarzuschüsse für die deutschen Bauern insgesamt um etwa zehn Prozent gekürzt werden. Ein erster Einigungsversuch war im August gescheitert.
Ost hilft diesmal West


"Wir haben es geschafft, und wir sind geschafft. Aber das Ergebnis ist für alle Bundesländer von Vorteil", sagte der bayerische Agrarminister Helmut Brunner (CSU), der die Konferenz leitete. "Jetzt hilft der Osten mal dem Westen", meinte Till Backhaus, der Ressortchef aus Mecklenburg-Vorpommern und Sprecher der SPD-Länder.
Die ostdeutschen Bauern profitieren bislang überdurchschnittlich von den Zuschüssen aus Brüssel. Die Betriebe dort sind überdurchschnittlich groß und erhalten damit überdurchschnittlich viele Fördergelder. Außerdem bekommen die ostdeutschen Länder bislang zusätzliche Kompensation für den Nachholbedarf nach der Wende. Bis Ende des Jahrzehnts soll aber auf eine "bundeseinheitliche Basisprämie" für die Bauern umgestellt werden.
Die 6,2 Milliarden Euro verteilen sich auf zwei Säulen. Die erste Säule sind die Direktzahlungen an die Bauern - die Zuschüsse aus Brüssel machen für viele bis zu 40 Prozent des Gesamteinkommens aus. Die zweite Säule sind Förderprogramme für die ländliche Entwicklung, Öko-Landbau, Dorferneuerung und dergleichen mehr. Die-Grünen-Agrarminister konnten ebenfalls einen Erfolg feiern: Sie hatten gefordert, bis zu 15 Prozent der Zuschüsse von der ersten in die zweite Säule umzulenken, weil von den Direktzahlungen die Großbetriebe überdurchschnittlich profitieren.
Die ostdeutschen Länder sowie CDU und CSU hatten das ursprünglich abgelehnt, stimmten dann aber doch zu, 4,5 Prozent der Direktzahlungen in die zweite Säule umzuleiten. Das sind etwa 220 Millionen Euro. "Es gibt erstmals eine Stärkung des Mittelstands der ländlichen Betriebe", sagte die rheinland-pfälzische Agrarministerin Ulrike Höfken. "Das ist schmerzlich, aber wir halten das für vertretbar", sagte Hermann Aeikens (CDU), der Chef des Agrarressorts in Sachsen-Anhalt.
Die bessere Förderung der kleinen und mittleren Betriebe soll so aussehen, dass ein Bauer für die ersten 30 Hektar Fläche 50 Euro Prämie zusätzlich erhält, für die nächsten 16 Hektar noch einmal 30 Euro mehr. Das war ein Hauptanliegen Bayerns gewesen, das Brunner durchsetzen konnte. Die 30 Hektar entsprechen der Durchschnittsgröße eines bayerischen Bauernhofs, die 46 Hektar dem Bundesdurchschnitt.
Ein anderer CSU-Politiker - Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich - fand in einem Punkt aber kein Gehör auf der Agrarministerkonferenz. Alle 16 Länderministerien - ob von der Union geführt, der SPD oder den Grünen - sind sich einig, dass der Bund 200 Millionen Euro zusätzlich für die zweite Säule ausgeben soll. Friedrich leitet derzeit geschäftsführend auch das Bundeslandwirtschaftsministerium und hatte dem noch eine klare Absage erteilt. Doch das störte die Agrarminister nicht weiter. "Ich hoffe, er hat genügend Sachkenntnis mitbekommen, um zu erkennen, dass diese 200 Millionen sinnvoll sind", sagte CSU-Parteifreund Brunner.Regionale Stimmen


Bauernpräsident Leo Blum sieht den Verhandlungserfolg der Grünen Landwirtschaftsministerin Höfken recht differenziert. "Wir hätten als Bauernverband begrüßt, wenn kein Geld von der ersten in die zweite Säule verschoben würde. Dann könnten die Bauern selbst schauen, wie sie das Geld einsetzen." Da ursprünglich geplant war 15 Prozent aus der ersten Säule in die zweite zu verschieben, sei das Ergebnis mit 4,5 Prozent akzeptabel: "Damit können wir leben."
Bedenken hegt der Bauernpräsident, wofür die Länder die zusätzlichen Mittel nun ausgeben: "Das kann jedes Bundesland seine Spielwiese betreiben, etwa für Flurbereinigung oder andere Maßnahmen.." Auch bei der Einschätzung, dass vor allem kleinere und mittlere Betriebe von der Einigung profitieren, habe zwei Seiten. Vordergründig stärke dies die Landwirtschaft in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. "Betriebe unter 100 Hektar sind die Gewinner, doch wir haben auch gute, auf Zukunft ausgelegte Betriebe mit mehr als 110 Hektar - und die verlieren nun Geld." Und Blum hofft, dass bei sogenannten Greening eine "praktische Lösung" gefunden wird. EU-Pläne sehen hier beispielsweise vor, fünf Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in der Gemeinschaft stillzulegen. "Die Pläne sind noch nicht konkret, wir drängen aber darauf, dass diese Flächen auch weiterhin als ordnungsgemäße Landwirtschaft genutzt werden können." Extra

Auf die deutschen Bauern kommen von 2014 an Kürzungen zu. Die wichtigsten Punkte im Überblick: Hektarzuschlag: Alle Bauern in Deutschland sollen für die ersten 30 Hektar Fläche 50 Euro Prämie zusätzlich erhalten, für die nächsten 16 Hektar noch einmal 30 Euro mehr. Damit sollen besonders kleine Betriebe gefördert werden.
Umschichtung: Die 6,2 Milliarden Euro EU-Förderung verteilen sich auf zwei Säulen. Die erste Säule sind die Direktzahlungen an die Bauern. Die zweite Säule sind Förderprogramme für die ländliche Entwicklung, Öko-Landbau, Dorferneuerung und dergleichen mehr. Nun werden 4,5 Prozent der Direktzahlungen in die zweite Säule umgeleitet. Das sind etwa 220 Millionen Euro. Die Grünen-Agrarminister hatten 15 Prozent Umschichtung gefordert.
Junglandwirte: Junge Bauern sollen besonders gefördert werden und zusätzlich 50 Euro je Hektar erhalten. Allerdings nur für 90 Hektar pro Betrieb und maximal fünf Jahre. Als Junglandwirte gelten Bauern bis 40 Jahre. Aufstockung: Die Länder erwarten, dass der Bund einen Teil der EU-Kürzungen ausgleicht. Die nationale Förderung durch die "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" solle um jährlich 200 Millionen Euro erhöht werden.Mit Material von DPA.

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