Jetzt bestreiken Lokführer die bunten Züge
Berlin · Stell Dir vor, es ist Lokführerstreik, und das Gros der Reisenden spürt es nicht. Die Gewerkschaft GDL hat speziell die großen Bahn-Konkurrenten ins Visier genommen - und will den längeren Atem haben.
Berlin. Im vertrackten Tarifkonflikt der Bahnbranche wird es immer bunter: Statt der Deutschen Bahn (DB) mit ihren einheitlich roten Regionalzügen bestreikten die Lokführer nun gezielt sechs große Konkurrenten des bundeseigenen Konzerns. Quer durch die Republik blieben am Montag blau-weiße Triebwagen mit roten Türen, weiße Züge mit grünem Bauch und graue Bahnen mit gelber Spitze stehen - zum Ärger der betroffenen Pendler. Hier wichtige Fragen und Antworten zum jüngsten Streik.
Welches Ausmaß hatte der Streik?
"Wir sind mit der Streikbeteiligung sehr zufrieden", sagte GDL-Chef Claus Weselsky, der nach dem nächtlichen Auftakt um 2.30 Uhr am Morgen auf den Leipziger Hauptbahnhof gekommen war. Bundesweit seien zunächst 150 Lokführer bei 26 regionalen Unternehmen in den Ausstand getreten. Dadurch seien in der Frühe drei Viertel der Züge bei den sechs Gesellschaften Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn sowie ihrer Tochtergesellschaften ausgefallen, lautete die Zwischenbilanz der GDL-Zentrale. Die Auswirkungen waren regional unterschiedlich. Streikschwerpunkte gab es im Osten, in Norddeutschland und im Südwesten. Teils charterten die Anbieter Busse, um Kunden ans Ziel zu bringen.
Was ist die Streiktaktik der GDL?
Die im Vergleich zur DB recht kleinen Unternehmen lahmzulegen ist für die Gewerkschafter nicht leicht. Denn die Anbieter bedienen oft wenige Regionalstrecken jenseits der großen Knotenbahnhöfe und haben auch kein verzweigtes Netz mit Anschlussverbindungen. Außerdem sind schon bei den vier bisherigen Streikwellen in den vergangenen Wochen häufig Führungskräfte eingesprungen - zumal die GDL den Streik zur Information der Fahrgäste wieder mit zwölf Stunden Vorlauf angesagt hatte. Die Gewerkschafter legten den Ausstand deswegen auf 24 Stunden bis Dienstagmorgen 2.30 Uhr an, da auch aushelfende Manager nicht durchgängig fahren dürfen.
Was will die GDL erreichen?
Ziel der Gewerkschaft ist ein Rahmentarifvertrag mit einheitlichen Standards für bundesweit rund 26 000 Lokführer im Regional-, Fern- und Güterverkehr - egal, bei welchem Betreiber sie arbeiten. Eine Kernforderung ist eine Angleichung der Einkommen auf dem Niveau der DB plus fünf Prozent Aufschlag. Doch mit den Konkurrenten, die bis zu 30 Prozent weniger zahlen, gibt es seit Wochen keine Gesprächsbasis. Anfang März lösten die großen sechs ihre Verhandlungsgemeinschaft auf. Die GDL muss vorerst versuchen, mit 25 Einzelfirmen Gespräche in Gang zu setzen - bisher vergeblich. "Wer hier glaubt, das Thema aussitzen zu können, hat nicht mit der Entschlossenheit der Lokführer gerechnet", donnerte Weselsky.
Wie ist der Stand im Konflikt mit der Deutschen Bahn?
Dass ihre Regionalzüge, ICE und Intercity diesmal verschont blieben, hat die Bahn ziemlich erleichtert. Auch indirekt habe es keine Störungen gegeben. Die Manager hatte es empört, dass Hunderttausende eigene Kunden die jüngsten Streiks zu spüren bekamen, obwohl der Konzern zentrale Forderungen der GDL schon weitgehend erfülle. Am 7. April hat Personalvorstand Ulrich Weber den nächsten Verhandlungstermin mit der GDL im Kalender. Bis dahin werde die DB nicht bestreikt, versicherte Weselsky.