Kampfansage an teure Mieten

Berlin · In Deutschland schießen vielerorts die Mieten durch die Decke, wird Wohnraum zunehmend knapp. Bundesbauministerin Barbara Hendricks hat deshalb gestern ein "Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen" ins Leben gerufen.

Berlin. Gemeinsam mit Verbänden der Immobilienwirtschaft sowie Vertretern von Ländern und Kommunen sollen dazu nachhaltige Strategien entwickelt werden. Kritiker zweifeln allerdings am Erfolg der Veranstaltung.
2013 wurden in Deutschland immerhin 225 000 Wohnungen neu gebaut und insgesamt 270 000 Wohnungsgenehmigungen erteilt. So viele wie zuletzt vor zehn Jahren. Doch das reicht noch nicht. Die Zahl der Zuwanderer nimmt zu. Genauso wie die Zahl der Single-Haushalte. Außerdem werden die Ballungszentren immer attraktiver, was eine starke Binnenwanderung zur Folge hat. So verzeichneten die sieben größten Städte in Deutschland zwischen 2007 und 2011 einen Einwohnerzuwachs von 330 000 Personen. Das entsprach rund 180 000 Haushalten. Im gleichen Zeitraum wurden dort aber nur 90 000 Wohnungen gebaut. Die Folge sind stark steigende Mieten - in Berlin zum Beispiel um mehr als ein Drittel in den letzten fünf Jahren. In Hamburg und München legten die Mieten um 27 beziehungsweise 20 Prozent zu.
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt-, und Raumforschung beziffert den Bedarf in den kommenden vier Jahren auf mindestens eine Million neue Wohnungen. Pro Jahr müssten demnach wenigstens 250 000 Unterkünfte entstehen, wie Bauministerin Hendricks betonte. In der gestern unterzeichneten Vereinbarung, die von 17 großen Verbänden einschließlich Arbeitgebern und Gewerkschaften mitgetragen wird, heißt es dazu: "Die Bündnispartner streben gemeinsam die Deckung des Wohnungsbedarfs durch Neubau sowie Aus- und Umbau oder Modernisierung bestehender Gebäude an". Der "sozialen Wohraumförderung" komme dabei "eine besondere Bedeutung" zu.
Gerade daran hat es zuletzt besonders gehapert. Zwischen 2006 und 2012 sind nur noch knapp 144 000 sozial geförderte Wohnungen entstanden. Der Auslauf bestehender Mietpreisbindungen hat das Problem zusätzlich verschärft. 2012 gab es in Deutschland lediglich 1,5 Millionen Sozialwohnungen. Zehn Jahre zuvor waren es noch 2,6 Millionen gewesen. "Wir brauchen mehr Wohnraum, der bezahlbar ist", meinte Hendricks.
Doch spätestens an dieser Stelle ist auch die Politik des Bundes widersprüchlich. "Es kann nicht sein, dass das eine Ministerium ein Bündnis für bezahlbares Wohnen gründet und andere Teile der Bundesregierung meistbietend Grundstücke verkaufen, die womöglich als Grundlage für bezahlbares Wohnen hätten genutzt werden können", kritisierte der Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes, Ulrich Roperts, gegenüber unserer Zeitung.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), sie untersteht dem Bundesfinanzministerium, will allein in Berlin bis 2018 rund 1700 bundeseigene Wohnungen zu Geld machen. Dabei sei man zur "wirtschaftlichen Verwertung" der Immobilien verpflichtet, heißt es im Finanzressort. Den Zuschlag erhält demnach der Meistbietende, was in aller Regel auch zu steigenden Mieten führt. "Die Bundesregierung sollte das Höchstpreisverfahren endlich beenden und bei der Vergabe städtebauliche und wohnungspolitische Aspekte berücksichtigen", forderte deshalb auch der wohnungspolitische Sprecher der Grünen, Christian Kühn.
Extra

In der Region Trier zeigt der Immobilienmarkt ein gemischtes Bild. Während seit Jahren vor allem im Vulkaneifelkreis die Preise sinken und dort von einem "strukturellen Leerstand" die Rede ist, ziehen die Preise für Häuser und Wohnungen in den Mittelzentren wie Bitburg, Wittlich, Bernkastel-Kues und vor allem im Oberzentrum Trier an. Dort wird in Einzellagen die magische Grenze von 3000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche bei Häusern und 3800 Euro im sanierten Altbau bereits überschritten. Was gegen eine Immobilienblase in der Region spricht: Experten halten den Markt für noch nicht gesättigt - und dies trotz Preissteigerungen von teilweise zehn Prozent innerhalb eines Jahres. Das zeigt das Beispiel Trier: Hier gehen die Immobilien- und die Mietpreise seit Jahren nach oben. Dabei wächst das Angebot ständig. Seit 2002 sind durchschnittlich pro Jahr 360 neue Wohnungen in Trier entstanden, im vergangenen Jahr waren es sogar rund 500 neue Appartements und Wohnungen in Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhäusern. red

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