Kein Land in Sicht

TRIER. Von heute an sind die Beschäftigten der Länder zu Warnstreiks aufgerufen, darunter auch rund 5000 in der Region Trier. Mit gezielten Aktionen wollen die Gewerkschafter die Arbeitgebervertreter an den Verhandlungstisch zwingen. Immerhin sind sich die Kollegen von Bund und Kommunen schon im Februar einig geworden.

Warum die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) im Juni 2004 Tarifverträge über Sonderzahlungen und über Arbeitszeit gekündigt hat, ist schwer nachzuvollziehen. Klar ist nur, sie warn bei den folgenden Diskussionen über eine Strukturreform des Öffentlichen Dienstes nicht dabei. Bund und Kommunen haben sich schließlich im Februar für ihre 2,3 Millionen Beschäftigten auf weit reichende Neuerungen im 40 Jahre alten Tarifrecht geeinigt: Leistungselemente, Kappung der Tarifgruppen, neue Niedriglohngruppen und flexiblere Arbeitszeiten sind nur einige Ergebnisse (der TV berichtete). Für die Beschäftigten der Länder - allein in Rheinland-Pfalz sind es 27 000 - erklärte die Gewerkschaft Verdi die Verhandlungen mit der TdL für gescheitert. Der Haken: Gehälter und Leistungen bleiben eingefroren auf zuletzt beschlossenem Niveau. Wer macht den ersten Schritt?

Nun schieben sich beide Parteien die Verantwortung zu, alsbald wieder Gespräche aufzunehmen. Während es auf TV-Anfrage aus der TdL in Bonn heißt, dass "die Länder gesprächsbereit sind" und man auf die Initiative von Verdi warte, rufen die Gewerkschafter von heute an gezielt zu Warnstreiks und anderen Aktionen unter anderem in Trier auf, weil die Länder kein Entgegenkommen signalisierten. Allein in der Region Trier gibt es mit den Hochschulen, Justizämtern und Landesbehörden rund 30 Dienststellen mit 5000 Beschäftigten. "In Trier etwa liegt das Gesundheitsamt, für das der Tarifabschluss des Bundes gilt, neben dem Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB), das keinen Abschluss hat", sagt Verdi-Sekretär Frank Hutmacher. Selbst in manchen Amtsstuben säßen nach unterschiedlichen Regeln honorierte Beschäftigte der öffentlichen Hand. Doch nicht nur auf Behörden und Ämter haben diese Entwicklungen Einfluss. Auch Wohlfahrtsverbände wie die Lebenshilfe, Landeskrankenhäuser, Studierendenwerke oder Pflegedienste, aber auch Unternehmen orientieren sich an den Landestarifabschlüssen - das sind bis zu drei mal so viele Beschäftigte wie es Landesbedienstete gibt. "Viele Einrichtungen bekommen öffentliche Mittel, an die sich bestimmte Bedingungen etwa an die Tarife richten", sagt Hutmacher. Detlef Schieben, Verdi-Chef für die Region Trier, stellt die Konsequenzen heraus: "Wir wollen die Tarifgemeinschaft der Länder erhalten, sonst kommt es zu einer Vielzahl von einzelnen Abschlüssen - für jedes Land einen und für jede Ebene welche", sagt er. Dies wäre auch in einem anderen Punkt wichtig für die Gewerkschaften. Sie mussten im Bund-Kommunen-Kompromiss eine "Meistbegünstigungsklausel" akzeptieren. Heißt: Schließt Verdi mit einem Bundesland oder der Tarifgemeinschaft eine für die Arbeitgeber günstigere Lösung ab, könnten Bund und Kommunen diese Regel nachträglich übernehmen. Was nicht im Interesse Verdis liegen dürfte. Aus der TdL verlautet: Man wolle als größter öffentlicher Arbeitgeber mit 1,5 Millionen Beschäftigten einen "eigenen Abschluss", weil der Reform-Kompromiss "zu teuer" sei und die Besonderheiten der Länder - etwa bei der Arbeitszeit - nicht berücksichtige. Die TdL will Öffnungsklauseln bis 42 Stunden pro Woche, Verdi will bei der 38,5-Stunden-Woche bleiben. Ein mühsames Unterfangen, aber das Ziel bleibt, den ausgehandelten Abschluss auf die Länder auszuweiten. In der Tat gestehen auch Hutmacher und Schieben, dass Bund und Kommunen für den Abschluss im Öffentlichen Dienst erstmal tiefer in die Tasche greifen müssen, sehen aber mittelfristig Einsparpotenzial. "Bis 2010 sind in Bund und Kommunen ein Viertel der Beschäftigten ausgeschieden. Und deren Besitzstände gelten nun nicht mehr", sagt Schieben. Eine turbulente Zeit, wobei der Bürger von den Tarifauseinandersetzungen kaum betroffen sein wird, versprechen die Gewerkschafter. Ob Landesuntersuchungsamt, LBB oder Hochschul-Abteilungen - "mit diesen Behörden kommt man kaum in Berührung", so Schieben und Hutmacher.

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