Köche, Kellner & Co. gesucht

Trier · Das Gastgewerbe bekommt Nachwuchsprobleme. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung zum Koch, im Hotelfach oder im Restaurantfach. In der Region Trier sind im vergangenen Jahr neun Prozent der freien Ausbildungsplätze nicht besetzt worden. Nun werben schon die Azubis selbst für ihre Berufe.

 Nico Iwan (vorne links) hat sich ganz bewusst für eine Ausbildung zum Koch entschieden – trotz der Arbeitszeiten und wegen der Möglichkeit, kreativ zu arbeiten. Im Hintergrund weitere Azubis des Nells Park Hotels Trier (von links): Stefanie Burch, Vanessa Tholl und Robin Seyler. TV-Foto: Sven Eisenkrämer

Nico Iwan (vorne links) hat sich ganz bewusst für eine Ausbildung zum Koch entschieden – trotz der Arbeitszeiten und wegen der Möglichkeit, kreativ zu arbeiten. Im Hintergrund weitere Azubis des Nells Park Hotels Trier (von links): Stefanie Burch, Vanessa Tholl und Robin Seyler. TV-Foto: Sven Eisenkrämer

Trier. Arbeiten, wenn andere feiern, essen gehen oder sich verwöhnen lassen. Schichtdienste auch in der Nacht. Eine harte Schule, ein anspruchsvolles Aufgabenspektrum. Immer freundlich sein, Gäste nicht nur zufriedenstellen, sondern überraschen. Perfekt arbeiten. Das sind jede Menge Fakten, die viele junge Leute von einem Beruf im Gastgewerbe abschrecken.
"Der Fachkräftemangel ist in der Region stark spürbar. Branchenübergreifend, aber besonders auch im Hotel- und Gaststättengewerbe", sagt Albrecht Ehses, Geschäftsführer des Bereichs International und Wein bei der Industrie- und Handelskammer in Trier. Ehses ist ins Nells Park Hotel in Trier eingeladen und sitzt an einer festlich dekorierten Tafel, um ihn herum weitere Tische, an denen vor allem Eltern sitzen. Eltern von Auszubildenden des Hotels. Es ist die Auftaktveranstaltung zu einer Azubi-Woche. Eine Woche, in der die angehenden Köche, Hotel- und Restaurantfachkräfte zeigen sollen, was sie können. Vom ersten Lehrjahr bis zum Ende des dritten sind alle dabei und kochen, filetieren, tranchieren, flambieren, servieren - vor den Augen der Eltern und der geladenen Gäste von IHK, Schulen, Tourist-Information und Arbeitsagentur.
Demo gegen Fachkräftemangel



Die Ausbilder - Nadine Martin, Horst Kilburg, Julianne Stephan und Ines Eulzer - haben natürlich ein Auge auf alles und geben hier und da auch noch Tipps. Diese Woche soll den Azubis nicht nur "eine Bühne bieten", wie Hotelier Thomas Pütter sagt, es soll auch eine Art Demonstration gegen den Fachkräftemangel sein.
In Trier und Umgebung gibt es in jedem Jahr mehr als 400 Ausbildungsplätze im Gastgewerbe, die der Arbeitsagentur gemeldet werden, zusätzlich zu den Stellen, die Hoteliers und Gastronomen ohne Ausschreibung über die Agentur besetzen können. Fast neun Prozent davon konnten im vergangenen Jahr nicht besetzt werden (siehe Extra). Die Unternehmen in der Branche brauchen nicht nur Aushilfen, die in den starken Sommermonaten einspringen. Motivierte Profis im Restaurantfach, Hotelfach oder in der Küche werden gesucht - und sie werden rar.
"Die Schülerzahlen sind in den letzten Jahren stark zurückgegangen", sagt Annette Saur, Studiendirektorin und Abteilungsleiterin Gast- und Nahrungsgewerbe an der Berufsbildenden Schule für Ernährung, Hauswirtschaft und Sozialpflege in Trier. Sie unterrichtet angehende Köche, Hotel- und Restaurantfachkräfte. "Vor allem die Zahl der Köche geht stark zurück", berichtet Saur.
Im Bewusstsein der Azubis sei dabei aber kaum ein Wandel festzustellen. "Wer sich wirklich für eine Ausbildung in dem Bereich entscheidet, zieht das dann auch durch." Es gebe wenige Abbrecher und nicht mehr als früher. Saur weiter: "Nur den Abiturienten, der sich früher aus Passion zum Kochen für diese Ausbildung entschieden hat, den gibt es eigentlich nicht mehr." Die Struktur in den Klassen habe sich aber geändert. "Wir bekommen immer mehr ältere Auszubildende, viele sind älter als 25." Das seien Menschen, die eine zweite Ausbildung machten, aus dem Ausland zurückkehrten oder ihr Studium abgebrochen hätten. "Diesen Wandel verzeichnen wir vor allem seit zwei Jahren."
Es geht nur, wenn es Spaß macht


Nico Iwan aus Trier ist einer der Auszubildenden, der sich bei der Azubi-Woche beweisen darf, und zeigt an diesem Abend, wie eine Forelle Müllerinnen Art filetiert wird. Der ein oder andere Fisch ist dabei eher störrisch - "der ist butterweich, da ist das Filetieren gar nicht so einfach", sagt der 18-Jährige, der im dritten Jahr Koch lernt. Er hat sich sehr bewusst für diese Ausbildung entschieden. "Gegessen wird immer, man wird also nicht so schnell arbeitslos", sagt er. Auch die Arbeitszeiten, die für ihn klar das größte Übel darstellen, nimmt er gerne in Kauf, denn "ich bin ein kreativer Mensch, und als Koch kann ich mich da sehr gut verwirklichen." Der Spaß und die Vielfalt stünden für ihn im Vordergrund.
Für seine Azubi-Kollegin Vanessa Tholl, 19 Jahre, Hotelfachfrau im zweiten Lehrjahr, ist es die Vielseitigkeit des Jobs, die ihr am meisten Spaß macht. "Und der Kontakt mit Leuten". Ohne Spaß könnte der Job nicht funktionieren. Sie sieht vor allem auch Chancen für die Zukunft. "In der Branche wird immer irgendwo jemand gesucht. Man kann auch ins Ausland, auf ein Schiff und so weiter." Diese Chancen sieht auch Vanessa Heinz, Restaurantfachfrau im ersten Lehrjahr.
"Das bedeutet auch eine gewisse Flexibilität, die es einem für später bringt", sagt die 15-Jährige Jette Favier, die erst in diesem Jahr ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau in Trier beginnt.
Sie alle haben sich für diesen Berufszweig entschieden und werben auch gerne für ihren Job. Albrecht Ehses von der IHK sieht als Ursache für diese Einstellung auch den Imagewandel der Berufe im Gastgewerbe. Sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei den Hoteliers und Gastronomen selbst. "Heute entwickelt sich bei vielen Unternehmen erst das Verständnis, wie wertvoll diese Kräfte auch für das eigene Haus sind." Früher sei oft das Motto gewesen, man bilde zwar in diesen Berufen aus, aber dann könnten die Gesellen auch sehen, wo sie bleiben. Das wandele sich. Immer mehr Betriebe hielten ihre Azubis nach der Ausbildung auch und sorgten vor allem für weitergehende Qualifizierungen. Vielleicht ein Faktor gegen den Fachkräftemangel. Ehses: "Aber es besteht immer noch an vielen Stellen Nachholbedarf."Extra

Nach Angaben der IHK Trier haben am 31. Dezember im IHK-Einzugsbereich 621 Menschen in einem Ausbildungsverhältnis im Hotel- und Gaststättengewerbe gearbeitet. Davon die meisten als Hotelfachmann/-frau (235) und als Koch/Köchin (222). Der Agentur für Arbeit in Trier sind im vergangenen Jahr (bis Oktober) 406 freie Ausbildungsstellen im Gastgewerbe gemeldet worden, 36 davon (also knapp neun Prozent) konnten nicht besetzt werden oder wurden zurückgezogen. 2011 wurden etwa 10 Prozent weniger Ausbildungsstellen in der Branche gemeldet als im Jahr zuvor. Nach Auskunft von Arbeitsagentur-Pressesprecher Thomas Mares arbeiteten im Juni 2011, dem stärksten Monat, 6800 Menschen in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen im Gastgewerbe im ehemaligen Regierungsbezirk Trier und 8400 geringfügig Beschäftigte. Im gesamten Jahr waren der Arbeitsagentur 999 freie Stellen (ohne Ausbildungsstellen) in den Bereichen der Gästebetreuung (Kellner, Gastwirte, Stewards, ...) und der Speisezubereitung (Köche, Pizzabäcker, …) gemeldet. Das waren ebenfalls zehn bis 15 Prozent weniger gemeldete Stellen als im Vorjahr. sve

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