Kommunen auf Barrikaden

MAINZ. Helle Empörung hat bei Städten, Gemeinden und Kreisen die geplante Rückforderung eines Milliardenzuschusses zu Hartz IV-Leistungen durch den Bund ausgelöst. Bei den Kommunen im Land stehen allein 2005 rund 100 Millionen Euro auf dem Spiel.

"Die ganze Hartz IV-Reform war ein Schuss in den Ofen und nun sollen wir auch noch die ohnehin unzureichenden Zuschüsse zurückzahlen", ereifert sich der Trierer Oberbürgermeister Helmut Schröer.Was kommunale Spitzenverbände, Rathauschefs und Landräte auf die Barrikaden treibt, ist der Beschluss des Bundeskabinetts, rund drei Milliarden Euro Zuschüsse an die Kommunen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung für Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) zurückzufordern und für 2006 zu streichen. Die Kommunen seien deutlich geringer belastet worden als erwartet, argumentiert Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement.

Von "unseriösen Rechnungen" und Wortbruch spricht der Städtetag. Der Landkreistag wirft dem Bund vor, er versuche sich an den Kommunen schadlos zu halten und Kosten abzuwälzen.

Für die rheinland-pfälzischen Gemeinden und Kreise geht es nach Angaben von Burkhard Müller vom Landkreistag allein in diesem Jahr um rund 100 Millionen Euro. Dabei ist das Land bei der Zuschussverteilung ohnehin schlechter gestellt, weil die Zahl der Sozialhilfeempfänger vergleichsweise niedrig ist. Doch der Kreis der Leistungsbezieher wurde durch Hartz IV erheblich größer.

Kritik der Städte und Kreise

Weil die Zahl der Hilfe-Bezieher in der Stadt Trier von Ende 2004 bis zum 31. Juli von 6120 um ein Fünftel auf 7500 stieg und die so genannten Bedarfsgemeinschaften sich um 30 Prozent auf 4060 erhöhten, gab es nach Schröers Angaben statt Einsparungen allein für das erste Halbjahr Mehrausgaben von 1,3 Millionen Euro. Müssten dann noch Bundeszuschüsse zurück gezahlt werden, kostet das die Stadt "mehrere hunderttausend Euro".

Fordert der Bund seine Beteiligung zurück, kostet das den Landkreis Bernkastel-Wittlich nach Angaben von Pressesprecher Alfons Kuhnen 2,05 Millionen Euro zusätzlich.

Auch im Landkreis Trier-Saarburg ist die Zahl der Bedarfsgemeinschaften nach Angaben von Landrat Richard Groß deutlich von 1720 auf 2330 gewachsen. Statt 235 000 Euro zu sparen müssen 200 000 Euro mehr ausgegeben werden. Durch Hartz IV wurden laut Groß beispielsweise Jugendliche und Geringverdiener zu Hilfe-Beziehern, die vorher keine Anträge gestellt haben. Von einer Entlastung könne keine Rede sein, so der Landrat.

Der Bund unterstellt allerdings auch, dass Kommunen teilweise Sozialhilfe-Empfänger auf seine Kosten zu Beziehern von ALG II umdeklarieren. Kommunal-Vertreter bestreiten das und verweisen stattdessen auf ein fehlerhaftes Gesetz, für das sie nun offenbar mithaften sollen.

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