Kompromiss für Jobcenter gefunden: Rheinland-pfälzischer Vorschlag entscheidend

Im Ringen um eine Reform der Jobcenter liegt eine Lösung auf dem Tisch: In einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe verständigten sich Union, FDP und SPD auf eine Reform, die die Vermittlung und Betreuung von Langzeitarbeitslosen aus einer Hand weiter gewährleisten soll. Bei einem Spitzentreffen ist dies gestern Abend besiegelt worden.

 Malu Dreyer.TV-Foto: Friedemann Vetter

Malu Dreyer.TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. "Ich hätte laut jubeln können", beschreibt die rheinland-pfälzische Sozial- und Arbeitsministerin Malu Dreyer (SPD) ihre Gefühle nach dem Verhandlungsmarathon. Damit enden für sie stürmische Monate, denn Malu Dreyer wähnte sich bereits im Dezember 2008 am Ziel, als ein Kompromiss für die Jobcenter zwischen Bund und Ländern vorlag. Doch er wurde im letzten Moment gekippt. "Das war für mich eine furchtbare Situation. Diese Ohnmacht, dass eine gute Lösung dann doch nicht umgesetzt wird", gibt die Ministerin Einblick in ihre Gefühlswelt.

Grund für den politischen Verhandlungsdruck ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2007. Die Karlsruher Richter machten es der Politik zur Aufgabe, die Jobcenter für Langzeitarbeitslose neu zu organisieren. Die doppelte Zuständigkeit von Bund und kommunalen Trägern für die Vergabe von Leistungen in den Hartz-IV-Arbeitsgemeinschaften verstößt nämlich gegen das Grundgesetz.

Nun hat sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe darauf geeinigt, das Grundgesetz zu ändern und eine entsprechende Gesetzes-Neureglung umzusetzen. "Beides muss noch vor der Sommerpause auf den Weg gebracht werden," erklärt Dreyer. Die Frist, die die Richter der Politik gesetzt haben, endet am 1. Januar 2011. Ohne Grundgesetzänderung hätten die gemeinsame Hartz-IV-Verwaltung von Kommunen und Arbeitsagenturen dann geendet. "Die Mitarbeiter in den Jobcenter waren sehr unruhig, wie es denn weitergeht. Vor allem aber die Betreuung der Arbeitslosen kann so zum neuen Jahr normal fortgeführt werden. Anders wäre gerade das ein Skandal gewesen."

So hätten bei einer Trennung der Jobcenter die Behörden nicht mehr so einfach auf die Daten der Betroffenen zurückgreifen können. Der Datenschutz hätte einen Riegel vorgeschoben. Von einer Betreuung aus einer Hand hätte man in diesem Fall nicht mehr sprechen können, sagen Experten.

"Wir waren sicher der Motor für die jetzige Lösung", sagt Ministerin Dreyer, die mit dem von Rheinland-Pfalz eingebrachten Entwurf noch einmal neue Dynamik in die Diskussion gebracht hat. Die Verhandlungen in der gemeinsamen Arbeitsgruppe (zwei FDP-Vertreter, zwei CDU, zwei CSU und drei SPD) seien "hart, aber konstruktiv geführt worden", erklärt Dreyer. Dass Bundesministerin Ursula von der Leyen nicht an den Verhandlungen teilgenommen hat, "hat mich doch sehr gewundert. Das habe ich so noch nicht erlebt", sagt Dreyer.

Durch die Grundgesetzänderung können die knapp 350 Argen (Jobcenter, siehe Extra) in Deutschland ihre gemeinsame Betreuung von Hartz-IV-Empfängern fortsetzen. Auch das Modell der Optionsgemeinden, die Langzeitarbeitslose alleine betreuen, geht weiter. Deren Zahl kann von 69 auf 110 erhöht werden. Extra Vier Arbeitsgemeinschaften (Argen) und eine Optionsgemeinde gibt es in der Region Trier. In den Argen teilen sich die Landkreise Trier-Saarburg, Bernkastel-Wittlich, der Eifelkreis Bitburg-Prüm sowie die Stadt Trier die Betreuung der Hartz-IV-Empfänger jeweils mit den örtlichen Arbeitsagenturen. Im Vulkaneifelkreis Daun liegen alle Aufgaben bei der sogenannten kooptierten Kommune (Optionsgemeinde). Das heißt, der Landkreis ist alleine für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes II, den Zuschuss zum Wohngeld und die Integration zuständig. Bundesweit gibt es 69 Optionsgemeinden und 349 Argen. Insgesamt werden rund 5800 arbeitslose Hartz-IV-Empfänger von den vier Argen und der Optionsgemeinde Daun betreut. Die Zahl der Menschen in der Region, die auf die Unterstützung angewiesen sind, beträgt knapp 20 750. Darunter fallen auch Kinder und Familienangehörige. In Trier sind das 7250 Menschen, im Kreis Bernkastel Wittlich sind es 4200, im Eifelkreis Bitburg-Prüm 2508, im Vulkaneifelkreis Daun sind es rund 3100 und im Kreis Trier-Saarburg 3702 . (hw)

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