Konflikt auf dem Rücken der Bahnkunden

Trier · Der Streik der Lokführer führe zu einer Spaltung der Bahnmitarbeiter. Das sagte der Vorsitzende der Eisenbahner- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner, beim Frühjahrsempfang des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Trier. Er kritisierte den Arbeitskampf, der in dieser Woche verschärft werden soll.

 Alexander Kirchner, Chef der Eisenbahngewerkschaft. TV-Foto: Max Henning Schumitz

Alexander Kirchner, Chef der Eisenbahngewerkschaft. TV-Foto: Max Henning Schumitz

Trier. Alexander Kirchner kam mit dem Wagen aus dem Westerwald zum Frühjahrsempfang des DGB nach Trier. "Die Region Trier ist mit der Bahn leider sehr schlecht angebunden. Wenn ich mit der Bahn hierher gefahren wäre, hätte ich bereits Samstagabend anreisen müssen", sagte der EVG-Vorsitzende. Er befürchtet, dass die Region Trier in Zukunft noch weiter zurückfallen werde, da der Bund und die Deutsche Bahn kaum bereit sind, Geld in eine Verbesserung der Bahnanbindung zu investieren. Kritik übte Kirchner auch an den Lokführer-Streiks. "Wenn, wie in der vergangenen Woche, 10 000 Lehrer streiken, merkt das kaum jemand, streiken 500 Lokführer, steht die Bahn still, und die Öffentlichkeit merkt es sofort", sagt der Gewerkschaftsvorsitzende vor 120 Gästen. Die Lokführergewerkschaft GDL stelle mit den von ihr ausgerufenen Streiks die Machtfrage und trage letztlich ihren Konflikt mit der Bahn und den Privatbahnen auf dem Rücken der Bahnkunden aus.

Bereits im Januar habe sich die EVG mit der DB AG auf einen Branchentarifvertrag geeinigt, der die wesentlichen Forderungen auch der GDL berücksichtige. "Aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen hat sich die GDL allerdings geweigert, dem Branchentarifvertrag zuzustimmen", erklärte Kirchner. Als berufsständische Vereinigung versuche die GDL, ausschließlich für die von ihr vertretene Berufsgruppe das Bestmögliche herauszuholen.

"Dieses Denken widerspricht dem Solidaritätsgedanken, den unsere Gewerkschaft vertritt", kritisierte Kirchner das Verhalten der Lokführergewerkschaft. Es könne nicht sein, dass jede Berufsgruppe mit einer eigenen Gewerkschaft ihre eigenen Interessen verfolgt.

Neben dem Konflikt der EVG mit der GDL wurde auf dem DGB-Frühjahrsempfang in der Europäischen Rechtsakademie über prekäre Arbeitsverhältnisse diskutiert. "In rund 40 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse in der Region Trier können die Arbeitnehmer ihren Lebensunterhalt nicht allein mit ihrem Arbeitseinkommen bestreiten", sagte Christian Schmitz, DGB-Geschäftsführer in Trier. Diese Problematik könne letztlich nur mit der Einführung eines branchenübergreifenden Mindestlohnes gelöst werden. Dramatischer noch sei die Situation für Frauen, ergänzte die rheinland-pfälzische Sozialministerin Malu Dreyer (SPD). "Wir nehmen die Altersarmut von Frauen bewusst in Kauf, wenn wir nicht dafür sorgen, dass die Verdienstmöglichkeiten für Frauen deutlich verbessert werden." Extra Der Arbeitskampf der Lokführer soll verschärft werden. Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft, Claus Weselsky, drohte schneller "getaktete" Streiks an: "Wir werden - falls nötig - im Güter- und Personenverkehr öfter hintereinander streiken. Und wir werden länger streiken als 2007. Das erhöht den Druck. Aber es wird keine unbefristeten Streiks geben." Weselsky hat der Arbeitgeberseite vor neuen Streiks Zeit bis Dienstag Mitternacht gegeben, um ein neues Angebot vorzulegen. Es geht ihm vor allem auch um einheitliche Tarife bei allen Bahnbetreibern. Die Deutsche Bahn kritisierte die GDL-Taktik als "überflüssige Muskelspiele" und forderte die Gewerkschaft zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Die Bundesregierung verlangt eine schnelle Lösung des Tarifkonflikts. Trotz allen Ärgers für Bahnreisende stoßen die Lokführerstreiks einer Umfrage zufolge bei der Mehrheit der Bevölkerung auf Sympathie. (dpa)

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