Kork, Schrott und unversteuerter Wein

Trier · Seit 2010 haben die Selbstanzeigen von Steuerbetrügern die Jahrespressekonferenz des Finanzamtes Trier beherrscht. Doch in diesem Jahr liegt der Fokus auf anderen Bereichen. Winzer und Schrottbranche stehen am Pranger.

 Über den Korkeinkauf sind die Ermittler Winzern auf die Schliche gekommen.

Über den Korkeinkauf sind die Ermittler Winzern auf die Schliche gekommen.

Foto: ARRAY(0x148c8fd0)

Trier. Die Arbeit geht den Steuerfahndern in der Region Trier nicht aus. "Ich sehe da viel Arbeit auf uns zukommen", sagt Finanzamtschef Jürgen Kentenich bei der Vorstellung der Zahlen für 2015. Die jüngsten Ermittlungen in der Weinbranche sind für ihn nur die Spitze des Eisbergs. In 69 Fällen ermittelt die Behörde gegen Winzer wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. 19 Fälle sind abgeschlossen und haben Strafzahlungen in Höhe von 190 000 Euro und Steuernachzahlungen und Zinsen von 3,23 Millionen Euro ergeben.
Zeitgleich meldet die Oberfinanzdirektion Koblenz fürs Land 46 abgeschlossene Fälle und Mehreinnahmen von 4,2 Millionen Euro.
In der Branche sorgt die Geschichte für Aufregung. Nach TV-Informationen sind die Fahnder den Weinbaubetrieben über Zulieferbetriebe unter anderen aus anderen Bundesländern auf die Schliche gekommen. Dort haben wohl eine Reihe von regionalen Winzern ihre Korken oder sonstigen Flaschenverschlüsse, Flaschen oder Etiketten gekauft - ein Teil der Waren mit Rechnung, ein anderer Teil ohne Rechnung. Bei den anschließenden Untersuchungen in den Winzerbertrieben kam dann heraus, dass damit auch Wein "schwarz" verkauft wurde. "Die Zahl der Verdachtsfälle wird sich durch immer neue Ermittlungsergebnisse bei den Zulieferbetrieben noch weiter erhöhen", sagt Margarete Möllenkamp-Lintz, stellvertretende Vorsteherin des Finanzamtes Trier. Auch bei den Fahndungen in den Betrieben ergeben sich immer wieder neue Ansätze. "Es ist wie wenn man an einem Faden zieht, und dann kommt ein ganzes Knäuel", beschreibt der Finanzamtschef die Entwicklung.
"Man hat sich in der Branche jahrelang sehr sicher gefühlt", glaubt Kentenich. Inzwischen hätten sich vier Weinbaubetriebe selbst angezeigt.
Ein weiteres Schwerpunktthema des Finanzamtes bleibt der Schrotthandel. Über Strohmänner und Phantasienamen versuchen Hintermänner am Finanzamt vorbei ihren Schrott zu verkaufen. "Das ist eine richtige Parallelwelt, die dort aufgebaut worden ist", sagt Kentenich. Das Finanzamt erstellt deshalb nur für diese Branche eine eigene Datenbank auf.
Die Zahl der Selbstanzeigen (334) ist 2015 im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Damals wurde mit 937 Selbstanzeigen beim Finanzamt Trier einen Rekord erreicht. Seit Beginn der Selbstanzeigen-Welle im Jahr 2010 haben sich 1741 Steuerbetrüger dem Finanzamt offenbart. 53 Millionen Euro hat das Finanzamt dadurch mehr eingenommen. "Bis Ende Januar haben wir schon wieder 29 neue Selbstanzeigen. Auch hier ist ein Ende immer nocht nicht abzusehen", bewertet der Finanzamtschef die Lage. Der Einbruch von 2014 zu 2015 ist für das Finanzamt leicht zu erklären. Zu Beginn des vergangenen Jahres war eine deutliche Verschärfung und damit Verteuerung der strafbefreienden Selbstanzeige in Kraft getreten. Nach Ansicht von Kentenich und Möllenkamp-Lintz werden diese drei Schwerpunkte auch in diesem Jahr das Finanzamt stark beschäftigen. Und mit Blick auf Luxemburg gebe es vermehrt Anzeigen von vorgetäuschten Firmensitzverlegungen von Deutschland nach Luxemburg. Doch dort gebe es oft nur einen Briefkasten.Extra

Das Finanzamt Trier hat mit 1,65 Milliarden Euro ein Rekordsteueraufkommen erzielt. Den größten Anteil trägt die Umsatzsteuer mit über 902 Millionen Euro. Fast 300 Millionen Euro gehen auf das Konto belgischer Firmen, die in Deutschland Geschäfte machen. Die werden vom Finanzamt Trier bundesweit erhoben. Fast 397 Millionen wurden an Lohnsteuer in der Region gezahlt. 152 Millionen Euro gehen auf Einkommensteuer zurück, knappe 60 Millionen auf die Grunderwerbsteuer und 55 Millionen auf Körperschaftsteuer. 31 Millionen Euro zahlen die Bürger an Solidaritätszuschlag. Die Kirchensteuer zur Lohnsteuer macht 24 Millionen aus, die Kirchensteuer zur Einkommensteuer rund 11 Millionen und die Kapitalertragsteuer 21 Millionen Euro. hw

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