Kurt wandert nicht aus

Wer kennt das Land besser als Politiker - und Journalisten. So verwundert es nicht, wenn sich der Radiosender SWR 4 Rheinland-Pfalz als "das Ohr an der Region" versteht. In einem Bericht an den Landtag über "Fünf Jahre Südwestrundfunk - Fusion als Erfolg" kommen die Medien-Vertreter zu der Erkenntnis: "In Rheinland-Pfalz gibt es keine kleinen isolierten Bergdörfer mehr, in denen die Menschen lediglich untereinander kommunizieren können." Dem beeindruckten Volksvertreter wird sich der Verdacht aufdrängen, dass er ungeahnt Teil einer revolutionären Entwicklung gewesen ist. Die Lebenswirklichkeit in Rheinland-Pfalz hat sich demnach schlagartig geändert. Kurt aus der Pfalz (wer mag das wohl sein?) wandere nicht mehr nach Amerika aus, heißt es da. Und eine Milly aus der Eifel, früher wohl Arbeitsemigrantin im Rheinland, wird jetzt als Pendlerin in Richtung Mainz und international erfahrene Urlauberin enttarnt. Winzer Bernhard aus Rheinhessen sagt dagegen immer noch: "Mer strunze net, mer hun." Über solche Einblicke wird sich Ministerpräsident Kurt Beck sicher freuen. Er als Pfälzer muss jedenfalls nicht mehr auswandern. Was will man mehr? Freuen konnten sich diese Woche auch die Abgeordneten, als sie den Landtag erstmals seit Monaten Bauarbeiten rechtzeitig zur Plenarsitzung "entrüstet" in Augenschein nehmen konnten. Damit jedem klar ist, welches hohe Haus er betritt, prangt nun in großen schwarzen Lettern "Landtag Rheinland-Pfalz" am Gesims des altehrwürdigen Deutschhauses. Zu oft sollen Besucher gefragt haben, was sich hinter diesem historischen Gemäuer verberge, so die offizielle Begründung für den neuen Schriftzug. Freuen kann sich die Landtagsverwaltung. Die Sanierung von Dach, Fassade und Sandstein kommt billiger als geschätzt. Statt der veranschlagten 2,5 Millionen Euro zeichnet sich die Hälfte der Summe ab. Auch der auf drei Millionen Euro geschätzte Innenausbau mit neuem Ausschuss-Sitzungssaal, Konferenz- und Sicherheitstechnik kommt mit der halben Summe aus, weil die Unternehmen günstiger arbeiteten als erwartet. Auch sonst zeigt sich die Verwaltung sparsam: Ihre Weihnachtsfeier soll bei selbst gebackenem Kuchen und Würstchen über die Bühne gehen.

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