Länger schuften, weil die Bevölkerung schrumpft

Bitburg · Die Deutschen werden immer weniger, dafür aber immer älter. Gleichzeitig sinkt die Zahl der arbeitsfähigen Menschen. Welche Folgen das für die Arbeitswelt hat, und wie wir die Probleme anpacken können, darüber haben Experten bei einem Treffen des Arbeitskreises SchuleWirtschaft im Kino der Bitburger Brauerei diskutiert.

Bitburg. Müssen wir künftig noch mehr arbeiten, weil wir in Deutschland immer weniger werden? Um diese Frage drehte sich die Diskussion zu "demografischem Wandel, Fachkräftemangel und Ausbildung" in den Räumen der Bitburger Braugruppe. Dazu eingeladen hatten die Trie rer Agentur für Arbeit und der Arbeitskreis SchuleWirtschaft Bitburg (siehe Extra).
Länger Arbeiten, das fordert zum Beispiel Hilmar Schneider, Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit in Bonn. Mit einem Vortrag zu den Folgen des demografischen Wandels stimmte er die etwa 100 Gäste auf die Podiumsdiskussion ein. Dabei legte er seinen Zuhöhern eine ganze Reihe "beunruhigende" Daten vor.
Laut Statistischem Bundesamt gibt es 2050 nur noch 73 Millionen statt bisher 82 Millionen Deutsche. Parallel sinkt die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren von 54 auf 42 Millionen. Zudem werden 37 Prozent aus dieser Gruppe über 50 Jahre alt sein. "Vor uns liegt das Jahrzehnt der Älteren", so beschrieb es Schneider.
Ein Problem, das "zur Katastrophe werden kann, wenn wir nicht handeln". Viele Lösungsansätze - etwa die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte - scheiterten schon am Widerstand der Bevölkerung. Die "wahrscheinlichste Lösung" ist laut Schneider: Wir müssen künftig mehr und länger arbeiten. Mehr Arbeitsstunden pro Kopf und Jahr und die Rente mit 67 - damit könne es gelingen, die Folgen des demografischen Wandels hinauszuschieben.
Schwer zu vermitteln


Eine These, die Theo Scholtes, Personalchef der Bitburger Braugruppe, "weitgehend" unterstrich. "Es fällt nur schwer, das den Mitarbeitern zu vermitteln", sagte er in der Diskussion, moderiert von TV-Redakteur Heribert Waschbüsch. Nicht in jedem Beruf könne bis 67 gearbeitet werden: "Im Dreischichtbetrieb hält das keiner durch." Deshalb seien "kreative Modelle" gefragt.
Das vorhandene Potenzial besser nutzen, "bevor wir in Panik von mehr Arbeiten sprechen" - dafür plädierte Ute Zehren, Leiterin der Grund- und Realschule plus Neuerburg. Frauen müssten für Vollzeitjobs mobilisiert werden. Der Schlüssel dazu sei eine "bessere Ganztagsbetreuung".
Wolfram Leibe, Chef der Trie rer Arbeitsagentur, warnte davor, dass der demografische Wandel vor allem den ländlichen Raum treffen werde. Der Eifelkreis Bitburg-Prüm leide bereits unter den vielen Grenzpendlern nach Luxemburg. Zudem gehe die Zahl der unter 20-Jährigen "schleichend" zurück. Dass gerade die Jugend von der nahenden Überalterung der Gesellschaft profitieren könne, darüber war man sich in der Runde einig: "Der Bedarf an gut qualifizierten Arbeitskräften steigt. Das ist eine riesige Chance", sagte Schneider. Der Schüler werde "zur kostbaren Ressource", bestätigte auch Zehren. Dies müsse die Gesellschaft aber auch anerkennen, durch "noch mehr individuelle Förderung für den Einzelnen".
Extra

Der Arbeitskreis SchuleWirtschaft ist ein freiwilliger Zusammenschluss der gleichnamigen Landesarbeitsgemeinschaft auf regionaler Ebene. Er wird ehrenamtlich von Pädagogen und Vertretern der Wirtschaft geleitet und betreut. Ihr Ziel ist es, jungen Menschen den Übergang von der Schule in die Berufswelt zu erleichtern. "Wir bauen Brücken zwischen Schulen und Unternehmen", so beschreibt es die Bitburger Arbeitskreisvorsitzende Ute Oetjengerdes. Zum Angebot des AK Bitburg gehören beispielsweise Lehrerfortbildungen, Betriebsbesichtigungen für Schüler oder Patenschaften zwischen einzelnen Schulen und Unternehmen. cweb

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