"Landwirte müssen heute mehr Unternehmer sein"

Morbach · Bauern haben heute einen anspruchsvollen Job, der sich in den vergangenen Jahren sehr gewandelt hat. Der TV hat mit Jörg Ritgen aus Morbach über die Herausforderungen der modernen Landwirtschaft gesprochen.

 Jörg Ritgen mit einem seiner Ferkel. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Jörg Ritgen mit einem seiner Ferkel. TV-Foto: Herbert Thormeyer

. (doth) Zwischen Handy, Telefon, Computer und Unterlagen sitzt der 41-jährige Landwirtschaftsmeister Jörg Ritgen an seinem Schreibtisch. Der Ferkelerzeuger ist der Manager des Hofs: "Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist nur ein Glied in einer großen Produktionskette", sagt er. Das gilt für auch für Ritgens Familienbetrieb, der sich im Jahr 2000 von Kühen und Mastschweinen verabschiedet hat, um sich auf die Ferkelerzeugung zu spezialisieren - bis zu 6000 Ferkel pro Jahr. "Auf so einem Hof muss man Allroundtalent sein", sagt Ritgen. Verwaltung, Organisation und Betriebsabläufe müssen ständig optimiert werden.

"Landwirte müssen heute mehr Unternehmer sein als früher", sagt er. Man müsse mehr produzieren, sich spezialisieren oder sich neue Standbeine suchen, um am Markt zu bestehen. Das alles will gelernt sein.

Deshalb müssen Landwirte nach drei Jahren Lehrzeit nicht nur pflanzliche Produkte anbauen können und wissen, wie man Nutztiere versorgt und vermarktet, sondern auch fit sein im Umgang mit modernen Maschinen. Ferner lernen Jungbauern, den Nährstoffgehalt des Bodens zu ermitteln, Futterrationen zu berechnen und viel Organisationsarbeit zu leisten.

"Ohne moderne Technik können wir dem globalen Kostendruck nicht standhalten", begründet der Landwirtschaftsmeister das umfangreiche Wissen, das heute in seinem Job nötig sei. Neben dem Meistertitel können Jungbauern später den Titel des Fachagrarwirts erlangen, sich auf die Landwirtschaftstechnik spezialisieren und gar Agrarwirtschaft studieren.

Landwirtschaftliche Betriebe müssen moderne Technik einsetzen. So kann am Computer der Chlorophyllstand der Pflanzen mit bunt eingefärbten Feldern auf dem Bildschirm abgerufen werden, und Traktoren pflügen die Äcker satellitengesteuert auf den Zentimeter genau, ohne dass der Fahrer lenken muss.

"Die Ansprüche an den Landwirt sind gestiegen, es etablieren sich immer mehr Spezialisten", berichtet Ritgen. Das Angebot an Arbeitsplätzen werde steigen, denn besonders bei Familienbetrieben wie seinem müsse die Elterngeneration früher oder später durch neue Mitarbeiter ersetzt werden. Die Landwirtschaft wird sich weiter wandeln, glaubt Ritgen: An die Stelle von Familienbetrieben würden Personengesellschaften treten - landwirtschaftliche Arbeitgeber.Extra In den Ausbildungsberufen Landwirt und Winzer kommt nach Auskunft der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz nur noch ein Drittel der Auszubildenden aus Landwirtschaft und Weinbau. Die "Elternlehre" habe keine Bedeutung mehr. Es gibt viele freie Ausbildungsplätze. Zwischen 2004 und 2009 ist die Zahl der Ausbildungsverträge von Landwirten von 75 auf 92 gestiegen. Bei den Winzern stieg sie von 170 auf 219. (doth)

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