Lohnunterschiede immer größer: Einfache Arbeiter werden abgehängt

Bad Ems/Trier · Ohne Ausbildung droht Armut. In Deutschland klafft der Lohnunterschied zwischen qualifizierten und ungelernten Arbeitskräften immer mehr auseinander. Seit Jahren kämpft der DGB für einen Mindestlohn, eine Forderung, die nun sogar von regionalen CDU-Akteuren unterstützt wird.

Bad Ems/Trier. Die Experten der Hans-Böckler-Stiftung haben jüngst nach eigenen Worten eine "Bilanz eines Jahrzehnts" vorgelegt und die Lohn- und Gehaltsentwicklung von 2000 bis 2010 untersucht. Die Zahlen sind für Arbeiter und Angestellte ernüchternd. "Während Produktivität und Verbraucherpreise in der Summe um mehr als 28 Prozent zulegten, stiegen die nominalen Tariflöhne (also die gezahlten Löhne) um gut 24 Prozent", erklärt Reinhard Bispnick, Leiter des WSI-Tarifarchivs in der Hans-Böckler-Stiftung. Doch das ist nur ein Aspekt. Inzwischen werden nämlich nur noch 52 Prozent der Beschäftigten in Deutschland nach Tarif bezahlt. Und damit gehen auch die Lohnunterschiede vor allem zwischen Qualifizierten und Unqualifizierten immer weiter auseinander.
Geringqualifizierte erleiden seit 1990 Reallohnverluste (also was sie für ihren Lohn an Werten bekamen), die sich ab 2005 nochmals beschleunigt haben. Die Reallöhne der Uniabsolventen stiegen seit Mitte der 80er Jahre um 22 Prozent, die der Fachhochschulabsolventen oder der Meister immerhin um 17 beziehungsweise 18 Prozent. Personen mit einer abgeschlossenen Lehre müssen seit 2003 wie die Ungelernten Rückgänge hinnehmen, haben aber noch sieben Prozent mehr als Mitte der 80er Jahre.
"Deutschland gilt heute als eines der OECD-Länder mit dem höchsten Anstieg der Lohnungleichheit", stellt der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller, fest. Ein 40-jähriger Akademiker verdiene mittlerweile im Durchschnitt das 2,6-fache eines Geringqualifizierten gleichen Alters. Im Jahr 1984 war es erst das 2,1-fache.
Die Gewerkschaften schlagen Alarm. Christian Z. Schmitz, DGB-Chef Region Trier, warnt, dass bei vielen Menschen ihr Lohn nicht mehr zum Leben reicht. Nach den jüngsten Zahlen der Agentur für Arbeit bekommen knapp 1800 Menschen, die einer regelmäßigen Beschäftigung nachgehen, und gut 1922 gering Beschäftigte zusätzlich Hartz IV. Vor allem die Zeitarbeit boome, beklagt Schmitz: "Neue Stellen entstehen häufig in diesem Sektor." Er fordert die Einführung eines Mindestlohns in Deutschland.

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