Männer dominieren Chefsessel

Berlin · Frauen in Vorstandsetagen und Führungspositionen mehren den Erfolg von Unternehmen. Das ist das Ergebnis internationaler Untersuchungen. In den meisten deutschen Firmen sieht die Realität anders aus.

Allen Sonntagsreden und Selbstverpflichtungen zum Trotz - in den Führungsetagen deutscher Unternehmen sind die Männer nach wie vor fast ausschließlich unter sich.

"Das Gesamtbild ist bedrückend, um nicht zu sagen: erdrückend", sagte die Gleichstellungsexpertin Elke Holst gestern bei der Vorstellung einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die sich mit dem Frauenanteil in den Vorständen und Aufsichtsräten großer Firmen beschäftigt.

Ernüchternde Fakten: Demnach waren die Vorstandsposten der 200 umsatzstärksten Unternehmen im Vorjahr gerade einmal zu 3,2 Prozent mit Frauen besetzt.

Bezogen auf die Top-100-Firmen und die 30 Dax-Unternehmen lag die Quote sogar nur bei 2,2 Prozent. Ungefähr neun von zehn Betrieben haben überhaupt keine Frau im Vorstand.

Unter den 200 größten Konzernen sind lediglich zwei Frauen in der Position einer Vorstandsvorsitzenden.

Das betrifft zum einen den Medikamentenhersteller Sandoz und zum anderen die Möbelhauskette Ikea Deutschland. Etwas besser sieht es in den Aufsichtsräten aus, was aber an gesetzlich verankerten Mitbestimmungsregelungen liegt, die für diese Gremien einen von der Mitarbeiterzahl abhängigen Anteil an Arbeitnehmervertretern vorschreiben. Die Gewerkschaften schicken erfahrungsgemäß mehr Frauen dorthin als die Arbeitgeberseite. Dadurch haben immerhin zwei Drittel der Unternehmen weibliche Aufsichtsratsmitglieder.

Bei Firmen wie Porsche oder Eon sind die Männer dagegen auch in diesem Gremium komplett unter sich.

Nicht viel besser sieht es bei den Unternehmen mit Bundesbeteiligung aus. Die Frauenquote in den Vorstandsetagen liegt dort bei 6,6 Prozent.

So ist zum Beispiel bei der Deutschen Bahn kein einziger Vorstandsposten mit einer Frau besetzt.

Internationaler Vergleich: Dass Deutschland mit seinem minimalen Frauenanteil in den Chefsesseln trotzdem einen achtbaren neunten Platz unter den 27 EU-Staaten belegt, ist vornehmlich auf die überdurchschnittliche weibliche Präsenz in den Aufsichtsräten zurückzuführen.

Global betrachtet liegt der Frauenanteil in den Vorständen sogar noch hinter Schwellenländern wie China oder Brasilien.

Ursachen: Ein Grund für die männliche Dominanz in Spitzenpositionen liegt nach Ansicht von Holst in den alten Geschlechterklischees: "In den Köpfen der Entscheider steht oft noch der Gedanke, dass Frauen sich um die Versorgung der Kinder kümmern müssen und dann dem Betrieb nicht im gleichen Maße zur Verfügung stehen wie ein Mann." Wahr ist allerdings auch, dass Frauen häufig Berufe ergreifen, in denen die Aufstiegsmöglichkeiten von vornherein begrenzt sind. Hier empfiehlt Holst dem weiblichen Geschlecht ein Umdenken.

Auch müssten Frauen "erkennen lassen, dass sie in Führungspositionen wollen". Wenn sie dabei allerdings gegen die Wand liefen, sei das frustrierend.

Gegenrezepte: An guten Vorsätzen herrscht kein Mangel, um den Frauenanteil in den Chefetagen zu erhöhen. Schon 2001 hatten sich die Unternehmen auf freiwilliger Basis dazu verpflichtet.

Auch die Bundesregierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung einen einsprechenden "Stufenplan" versprochen. Geschehen ist aber bisher noch nichts. DIW-Expertin Elke Holst mahnt bei den Unternehmen deshalb verbindliche Zeitfahrpläne mit klaren Zielgrößen sowie mehr Transparenz bei der Postenbesetzung an. Denn schließlich lägen die Vorteile auf der Hand, behauptet Holst. Internationalen Untersuchungen zufolge gibt es zwischen der Frauenpräsenz in Führungsetagen und dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens einen direkten Zusammenhang. Vielleicht hat das auch die Telekom im Vorjahr bewogen, eine Frauenquote für die Leitungsebene einzuführen. Damit ist der Konzern Vorreiter unter den Dax-Unternehmen.

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