Maschinenbauer gegen höhere Löhne

Die Lage im Maschinenbau spiegelt wie kaum eine andere die Situation der deutschen Wirtschaft wider - auch in dieser Branche geht es nach der Krise bergauf. Trotzdem sprechen sich Experten gegen eine Erhöhung der Löhne aus.

Berlin. (has) Der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Manfred Wittenstein, warnt vor zu viel Optimismus. Höhere Löhne lehnt er ab. Zudem beklagt Wittenstein im Gespräch mit unserem Berlin-Korrespondenten Hagen Strauß die Abbrecherquote in den Ingenieurstudiengängen.

Herr Wittenstein, Ihre Branche boomt nach der Krise wieder. Die Gewerkschaften wollen nun höhere Löhne - ist das aus Ihrer Sicht verfrüht?

Wittenstein: Auf jeden Fall. Wie gesagt, wirklich robust ist die Konjunktur noch nicht, und von den Boomjahren 2008 und 2009 sind wir noch weit entfernt. Zudem sind in der Krise viele Unternehmen auch finanziell an den Rand des Möglichen gegangen, um ihre Belegschaft zu halten.

Wie robust ist der Aufschwung?

Wittenstein: Der Auftragseingang im deutschen Maschinen- und Anlagenbau ist im ersten Halbjahr 2010 um insgesamt 32 Prozent gewachsen. Bei diesen hohen Zuwachsraten muss zwar auch ein Basiseffekt berücksichtigt werden: Mai und Juni 2009 waren die schlechtesten Monate des vergangenen Jahres. Doch davon abgesehen ist der Bestelleingang dynamisch gewachsen. Richtig robust ist die Konjunktur allerdings noch nicht.

Sie ist nach wie vor anfällig gegen Rückschläge. Für die nächsten Monate rechnen wir mit weiteren Plusraten, die allerdings auch mal kleiner ausfallen könnten.

Welchen Anteil hat die Bundesregierung an der konjunkturellen Erholung?

Wittenstein: Die Konjunkturprogramme haben uns zweifellos an der einen oder anderen Stelle geholfen. So beispielsweise durch die Wiedereinführung der degressiven AfA. Insbesondere die Kurzarbeiterregelung hat es unseren Unternehmen erleichtert, ihre Stammbelegschaft zu halten und dadurch jetzt wieder voll durchstarten zu können.

Auf der anderen Seite ist eine Debatte über die Rente mit 67 entstanden. Was halten Sie von einer möglichen Abkehr?

Wittenstein: Nichts! Die Rente mit 67 war hinsichtlich der Alterung unserer Gesellschaft ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Aber nicht nur aus demografischen Gründen, sondern auch angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels brauchen wir unsere älteren Mitarbeiter. Der VDMA bemüht sich daher seit langem um spezielle Qualifizierungs- und Fortbildungsangebote für diese Zielgruppe.

Sie sprechen den zunehmenden Fachkräftemangel an. Wie groß ist der Bedarf in Ihrer Branche, und wie lässt er sich decken?

Wittenstein: Wir gehen von derzeit rund 4000 offenen Ingenieurstellen im Maschinenbau aus, bei steigender Tendenz. Es genügt nicht, nur am Thema Zuwanderung anzusetzen. Wir müssen das Bildungssystem weiterentwickeln. In den Ingenieurstudiengängen etwa haben wir Abbrecherquoten von bis zu 50 Prozent. Das ist dramatisch. Wir müssen zudem sehen, wie wir die Abwanderung von Fachkräften aus Deutschland stoppen. Deutschland ist längst von einem Einwanderungs- zu einem Auswanderungsland geworden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort