Meine Wirtschaftswoche

Während das Verb sparen in großen Teilen Europas mittlerweile ein Reiz-, wenn nicht gar ein Unwort ist, sehen wir Deutschen es weiterhin als ein erstrebenswertes Ideal. Woher diese Wahrnehmung kommt, darüber kann man nur spekulieren.

Denn auch hierzulande war Sparen in der Geschichte nicht immer positiv belegt. Rein inhaltlich verstehen wir heute darunter: Geld für schlechte Zeiten zurücklegen, es auf die Bank bringen, damit es Zinsen abwirft, oder in Lebensversicherungen investieren. Diese Bedeutung hat das Wort aber erst seit der frühen Neuzeit. Ursprünglich hieß sparen so viel wie unangetastet lassen oder verschonen. Noch im Mittelalter war Sparen verpönt. Denn wer zu sparsam war, musste sich den Vorwurf gefallen lassen, dem Laster des Geizes verfallen zu sein. Damals galt das noch als eine der sieben Todsünden und konnte einen leicht in die Hölle bringen. Unter sparen verstanden die Menschen damals vor allem das Horten von Münzen und anderen wertvollen Gegenständen. Die breite Masse fand erst mit dem Aufkommen der Sparkassenbewegung zum Sparen. Als Basis diente im ausgehenden 19. Jahrhundert dazu vor allem eine Deflation. Selbst unverzinst stieg die Kaufkraft der Gold-Mark. Diese Stabilität machte das Sparen attraktiv. Umso größer war der Schock der Hyperinflation, die dem 1. Weltkrieg folgte. Von Deflation oder Hyperinflation sind wir heute weit entfernt. Sparer sind aber mit einem anderen Extrem konfrontiert - einem negativen Realzins. Anlagen bieten kaum noch einen Inflationsausgleich. Im schlimmsten Fall bedeutet das doch, Geld das ich heute habe, wird durch Sparen weniger wert. Der Markt signalisiert den Anlegern damit, dass weitere Sparbemühungen nicht sinnvoll sind, da er zusätzliches Kapital nicht mehr unbegrenzt aufnehmen kann. Etliche Wirtschaftswissenschaftler empfehlen deshalb einen Meinungswandel: Konsum schlägt Wertverlust, also gönnen Sie sich ruhig mal etwas!

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