Meisterbetriebe leben länger

TRIER. Das Handwerk steht unter Druck. Denn nach den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement soll bald derMeisterzwang für 62 Berufe fallen. Ein Vorhaben, das die Handwerkskammer (HWK) Trier kritisiert. Eine neue Studie des Trierer Instituts für Mittelstandforschung (Inmit) gibt der HWK nun Schützenhilfe. Ihr Ergebnis: Meisterbetriebe leben länger.

Geht es nach dem Willen von Bundeswirtschaftsminister Clement, ist der Meisterbrief ab Herbst für 62 der 94 Handwerksberufe nur mehr ein bunt beschriebenes Blatt Papier, das an den Wänden von Friseursalons und in Malerwerkstätten hängt. Denn als Voraussetzung zur Gründung eines Betriebes wäre er dann nicht mehr notwendig. Des Ministers Reformwille hat einen Grund: Er will dem Handwerk mit der Reform aus der Strukturkrise helfen und so bis zu einer Million neue Arbeitsplätze schaffen. Kein unlauterer Wunsch, haben im Handwerk doch im vergangenen Jahr 300 000 Gesellen ihren Job verloren. Allein in der Region Trier sind in den vergangenen vier Jahren 4000 Stellen im Handwerk verloren gegangen.Minister-Meinung kontra Handwerk

Doch mit seiner Meinung steht Clement auf Konfrontationskurs zum Handwerk. Denn das sieht im Meisterzwang nicht die Hürde für die Schaffung neuer Jobs, "sondern die Voraussetzung für stabile Unternehmen”, wie es Triers HWK-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks beschreibt. Rückendeckung gibt ihm nun eine Studie des Trierer Instituts für Mittelstandsforschung (Inmit), in Auftrag gegeben von der HWK Trier und des Instituts für Technik der Betriebsführung Karlsruhe. "Die Meisterausbildung leistet einen entscheidenden Beitrag zur Unternehmenskontinuität", resümiert Professor Axel G. Schmidt das Ergebnis der zweijährigen Forschung. Denn die Überlebensquote der Meisterbetriebe liege klar über dem handwerksähnlichen Gewerbe ohne Meister.Immerhin 86 Prozent allerMeisterbetriebe sind nach sechs Jahren noch am Markt, während jedes zweite Unternehmen ohne Meister dann bereits aufgegeben hat. Auch die niedrigere Insolvenzrate im Handwerk (0,68 Prozent) liegt weit unter der Rate der Gesamtwirtschaft mit 1,45 Prozent. Aber auch dem Argument Clements, der Meisterbrief halte qualifizierte Gesellen davon ab, ein eigenes Unternehmen zu gründen, tritt Inmit-Chef Schmidt entgegen: "Bei einer Befragung haben 84 Prozent der Gesellen geantwortet, dass sie sich auch dann nicht selbstständig machten, wenn der Meisterzwang wegfiele." Schmidt hatte rund 5000 Betriebe im Vollhandwerk und etwa 1000 handwerksähnliche Unternehmen wie Fenstersetzer oder Kosmetiker verglichen.Dass derzeit etwa 70 Prozent der Meisterschüler bereits kurz nach der Prüfung ein eigenes Unternehmen gründen, belegt für HWK-Hauptgeschäftsführer Kocks, dass von teurer Ausbildung (bis zu 6000 Euro Ausbildungskosten für den so genannten Großen Befähigungsnachweis) und Wettbewerbshindernis Meisterbrief keine Rede sein könne.Die HWK befürchtet vielmehr, dass mit der Reform der Handwerksordnung die Ausbildung der Lehrlinge in Gefahr geraten könnte. "Ohne Meisterausbildung fehlt dem Unternehmer das fachliche und betriebswirtschaftliche Rüstzeug", sagt Kocks. Noch sei die Ausbildungsquote im Handwerk drei Mal so hoch wie in anderen Bereichen. Doch mit dem Wegfall der Meisterpflicht werde die Motivation der Unternehmer zur Ausbildung gestört. "Außerdem fehlt den Jugendlichen die Gewissheit, solide ausgebildet zu werden."

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